Elke Steinbeck (60) aus Rottenegg in der Nähe von Linz (Österreich) ist examinierte Krankenschwester und hat bis zu ihrer Pensionierung im Januar 40 Jahre in der Pflege gearbeitet – davon die letzten 15 Jahre als Zeitarbeitskraft, hauptsächlich in Österreich, gelegentlich auch in Deutschland (Münster und München). In ihrem Leserbrief werden ganz nebenbei einige Unterschiede im Pflegealltag zwischen den beiden Ländern deutlich.
Angefangen habe ich mit der Zeitarbeit nach der Scheidung, als ich allein mit drei großen Kindern schnell eine eine Vollzeitstelle brauchte. Ich hatte eine Teilzeitstelle, doch die konnte ich nicht aufstocken – auch hatte ich keine Geduld, umständlich nach einer Stelle zu suchen, lange auf Vorstellungstermine und Schnuppertage zu warten. Die Zeitarbeit war in dieser Situation ideal für mich: Ich war als Selbstständige mit Werkverträgen tätig und konnte so viel arbeiten wie ich wollte, ohne mich an Regelarbeitszeiten halten zu müssen – und: Ich wurde für genau die Stunden bezahlt, die ich gearbeitet habe.
Auch Teilzeitkräfte sind nicht kontinuierlich auf der Arbeit
Manche sagen, Zeitarbeit habe etwas Unverbindliches, fast Unpersönliches. Aber muss nicht jahrelang in einem Bereich arbeiten, ich konnte auch in relativ kurzer Zeit Bindungen zu Patienten, Bewohnern, Klienten und Kollegen aufbauen und mich in Arbeitsabläufe integrieren. Vieles ergibt sich auch aus der Art des Einsatzes, es ist ein Unterschied, ob ich auf einer Palliativ-Station arbeitet oder in der Unfallchirurgie. Es ist ja auch nicht so, dass man immer nur zwei oder drei Tage bleibt, manche Einsätze erstrecken sich über viele Monate. In manchen Heimen – ich arbeitete überwiegend in der Altenpflege – war ich als Vollzeitkraft ohnehin am mehr Tagen die Woche in Kontakt mit Patienten als manche der vielen festangestellten Teilzeitkräfte, die oft nur zwei Tage in der Woche anwesend waren. Denn in Österreich sind besonders in Pflegeheimen oft auch 10- oder 12-Stundenschichten üblich.
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In Österreich werden Zeitarbeitskräfte nicht besser bezahlt
Wunschdienstpläne hatte ich übrigens nie, in Österreich nicht und in Deutschland nicht. Auch war ich als Zeitarbeiterin nie diejenige, die immer pünktlich Feierabend machte, während die festangestellten Kräfte alle länger bleiben mussten. Rosinenpickerei gab es nicht.
Und woher kommt nur die Vorstellung, alle Zeitarbeitskräfte in der Pflege würden mehr verdienen? In Österreich verdient man genauso viel wie die festangestellten Pflegekräfte – da gibt es keine Unterschiede. Allerdings hat sich in der letzten Zeit die Personalsituation der Personalmangel so zugespitzt, dass einige Zeitarbeitsfirmen jetzt deutlich mehr Gehalt anbieten als vor der Pandemie. Ich habe das erfahren, weil ich gelegentlich noch angerufen werde.
Ich verstehe die Vorbehalte nicht, denn man arbeitet immer nur dort, wo Personal fehlt, wo man nichts und niemanden kennt und man sich schnell einarbeiten muss. Oft ist einem die Einrichtung fremd, dazu wird man häufig misstrauisch beäugt, als ob man der größte Feind wäre. Dabei ist die Zeitarbeitskraft als erstes wieder weg, wenn sich die Lage entspannt.
Man sollte sich doch freuen, dass jemand mit anpackt!
Als ich früher selbst noch als Festangestellte Vollzeit arbeitete mit 69 Überstunden und Dienst an jedem Wochenende über zwei Monate – da hätte ich mir eine Leasing-Kollegin gewünscht, die für mich am Wochenende oder auch an anderen Tagen eingesprungen wäre. Die Zulagen haben die vielen Überstunden nicht wettgemacht, auf die hätte ich sehr gern verzichtet, um mehr Zeit für meine Familie zu haben.
Den fest angestellten Kolleginnen kann ich nur raten, ihre zeitarbeitenden Mitschwestern als Unterstützung zu betrachten und nicht als Feind, der nur Privilegien hat. Wer weiß, vielleicht findet man die eine oder andere am Ende richtig sympathisch?
Autorin: Elke Steinbeck
Bearbeitung: Kirsten Gaede
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