Dass sie sich auf die Dienstpläne verlassen können, ist für vielen Zeitarbeitern in der Pflege wichtig.
Foto: Daniel Bergs
Dass sie sich auf  den Dienstplan verlassen können, ist vielen Zeitarbeitern in der Pflege wichtig.

Arbeitgeberattraktivität

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Die Hälfte aller Leiharbeiter in der Pflege würden bei einem Verbot der Zeitarbeit ihre Tätigkeit aufgeben. Zu diesem Schluss kommen zwei Zeitarbeitsverbände durch eine Umfrage. Wie ernst ist die Warnung zu nehmen? 

Über 4.000 Pflegekräfte in der Zeitarbeit hat das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag des Bundesarbeitgeberverbandes der Personaldienstleister (BAP) und des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) zu ihrer Arbeitssituation befragt (am Ende ausgewertet: Antworten von 3.300 Pflegekräften). Anlass ist die aktuelle Diskussion über ein mögliches Verbot, oder zumindest eine Einschränkung der Zeitarbeit. Die Ergebnisse werfen – vielleicht nicht ganz unerwartet mit Blick auf die Auftraggeber – ein positives Licht auf Zeitarbeitsfirmen und lassen die Krankenhaus- und Pflegeheimträger in einem eher schlechten Licht dastehen.

Verbot der Zeitarbeit? Zeitarbeitsverbände warnen vor Pflexit  

Das zentrale, politisch relevanteste Ergebnis für die beiden großen Zeitarbeitsverbände lautet: Gut 55 Prozent der befragten Zeitarbeiter würden bei einem Verbot der Zeitarbeit in einen anderen Tätigkeitsbereich wechseln oder ihre Arbeit gar ganz aufgeben. Nur „lediglich 18 Prozent der Befragten zeigten sich bereit zu einem solchen Schritt (wieder in ein herkömmliches Anstellungsverhältnis in der Pflege zurückzukehren, Anm. d. Red.)“, heißt es in der Pressemitteilung der iGZ-Bundesgeschäftsstelle. Daraus ziehen die beiden Verbände den in der Überschrift ihrer Mitteilung formulierten Schluss: Einschränkungen in der Zeitarbeit könnten zum weitreichenden „Pflexit" führen. Sie warnen vor einem „Verlust von gut 21.000 der 32.000 Zeitarbeitskräfte im Gesundheits- und Pflegesegment“.

Online-Umfragen mit Vorsicht genießen

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Wie ernst die Warnungen zu nehmen sind, lässt sich schwer sagen, denn Online-Befragungen haben immer einen Bias – das heißt, die Teilnahme ist viel stärker von der eigenen Motivation abhängig als etwa eine Befragung am Telefon oder auf der Straße (jemand nimmt zum Beispiel an der Online-Befragung teil, weil er von seinem früheren Arbeitgeber, einem Krankenhausträger, enttäuscht ist). Auch ist bei einigen Fragen immer schwer zu sagen, wie sie verstanden werden – was heißt etwa „in einem anderen Tätigkeitsbereich arbeiten“? Bedeutet das für die Teilnehmer: „komplett aus der Pflege aussteigen“ oder vielleicht „von der stationären Altenpflege in die ambulante Altenpflege wechseln“?

Trotz dieser Vorbehalte enthält die Umfrage andere durchaus bedenkenswerte Ergebnisse:

  • Knapp sieben von zehn Zeitarbeitskräften entschieden sich für die Anstellung bei einem Zeitarbeitsunternehmen, weil sie sich dort leistungsgerecht entlohnt fühlten.
  • Dass sie sich auf die Dienstpläne verlassen können ist für fast jede dritten Befragten (29,3 Prozent) ein Grund für die Tätigkeit bei einer Zeitarbeitsfirma. Hier geht es also allein um die Verlässlichkeit, nicht darum, dass alles so kommt, wie gewünscht. Der Einfluss auf den Dienstplan ist für 67 Prozent ein entscheidender Faktor.
  • 52 Prozent bevorzugen die Zeitarbeit, weil sich hier mehr wertgeschätzt fühlen.
  • Einstiegsprämie, Dienstwagen und geringere Dokumentationsarbeit spielten bei der Entscheidung für die Zeitarbeit nur eine sehr geringe Rolle (1 bis 10 Prozent). (Bei den letzten drei Punkten zur Frage der Motivation sind Mehrfachnennungen möglich gewesen).
  • Wertschätzung, Vergütung und Einfluss auf den Dienstplan sind Pflegekräften unter 30 wichtiger als Pflegekräften über 50 – bei der Vergütung sind es circa 18 Prozentpunkte, bei den beiden anderen Aspekten immerhin noch 8 Prozentpunkte.
  • Die aktive Abwerbung durch ein Zeitarbeitsunternehmen spielt hingegen keine nennenswerte Rolle – nur 3 Prozent der Befragten sind auf diesem Wege zur Zeitarbeit gekommen.

Autorin: Kirsten Gaede

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