„Endlich wird mal was für uns getan.“ Diesen Satz hat Sabine Löffert in letzter Zeit oft gehört und sie kann ihn gut verstehen. „Wann bekommen Sie als Pflegekraft sonst auch ein Coaching?“, sagt die 52-jährige promovierte Versorgungsforscherin vom Deutschen Krankenhaus-Institut (DKI). „Wir beobachten schon länger, dass die mittlere und untere Führungsebene in der Pflege in Deutschland von oben wenig Unterstützung erhält. Dabei stehen gerade sie, die Stationsleitungen und deren Stellvertreter, unter hoher Belastung und enormem Druck.“ Diese Unterstützung soll es jetzt geben.
Die Führungskräfte-Seminare wirken positiv
In einem bundesweit bisher einmaligen Projekt zur Führungskräftequalifikation bietet die Landesregierung von Rheinland-Pfalz flächendeckend Trainings an. Die Zielgruppe: Führungspersonen im Pflege- und Funktionsdienst von Krankenhäusern und psychiatrischen Einrichtungen. Das Motiv: „Ein wesentlicher Beitrag zur Fachkräftesicherung in der Pflege ist eine gute Mitarbeiterführung“, heißt es in Beschreibung des Bildungsprojekts, das vom Mainzer Gesundheitsministerium initiiert wurde und vom DKI Düsseldorf realisiert wird, dem wissenschaftlichen Institut der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).
Mitarbeiter sind motivierter, Burnout-Risiko reduziert sich
Vorausgegangen war eine inzwischen erfolgreich abgeschlossene Testphase an sechs rheinland-pfälzischen Krankenhäusern. Hier bestätigte sich, dass ein sogenannter transformationaler Führungsstil besonders hilfreich ist. „Wir haben bei den Teilnehmern nachweisen können, dass Mitarbeiter bei Transformationaler Führung an ihrem Arbeitsplatz zufriedener und im Team engagierter sind, dass sie sich leichter mit Ihrer Tätigkeit identifizieren können und dass sich Stress und Burnout-Gefahr reduzieren lassen.“
Was ist transformationale Führung?
„Transformationale Führung bedeutet, dass Sie als Führungskraft als Vorbild wirken, dadurch mehr Glaubwürdigkeit und Authentizität besitzen und so in einer ganz natürlichen Weise die entscheidende Rolle in der Station einnehmen“, sagt DKI-Expertin Löffert. „Die Mitarbeiter haben Vertrauen zu Ihnen, aber fühlen sich Ihnen gegenüber auch verpflichtet. Sie zeigen Wertschätzung für deren Arbeit und geben dieser Arbeit einen Sinn. Und Sie regen die Mitarbeiter zu selbstständigem Denken und eigenverantwortlichem Handeln an, kennen und schätzen deren Stärken und fördern ihre Weiterentwicklung.“
Eigenanteil für Arbeitgeber: 2.150 Euro pro Teilnehmer
Diesen Führungsstil will das in Fachkreisen als „fortschrittlich“ geltende Gesundheitsministerium von Rheinland-Pfalz nun in weiteren 25 Krankenhäusern des Bundeslands etablieren. Damit möglichst viele Führungskräfte an dem Bildungsprogramm teilnehmen können, schießt das Ministerium 200.000 Euro plus Mehrwertsteuer an Fördermitteln zu. Der Eigenanteil des Arbeitgebers reduziert sich damit auf 2.150 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Damit die Anfahrtswege möglichst kurz sind, finden die Gruppen-Workshops in fünf Regionen statt: Trier, Rheinhessen-Nahe, Westpfalz, Rheinpfalz und Mittelrhein-Westerwald. Ideal wäre, wenn sich pro Haus sechs Teilnehmer fänden. „Aber auch kleine Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen mit nur zwei bis drei Interessierten können teilnehmen“, sagt Sabine Löffert.
Das Qualifizierungsprogramm im Überblick
Dreitägiger Workshop
Grundlagen des transformationalen Führungsstils
Training und Best Practice
Sechs Einzelcoachings
arbeiten an individuellen Zielen
Reflexion und Optimierung des eigenen Führungsverhaltens
Einzelfallbesprechungen
Informationen und Anmeldung
Deutsches Krankenhausinstitut, Düsseldorf
Anmeldeschluss: 29. Juli 2019
Umgang mit heftigen Arbeitsbedingungen fällt leichter
Die Führungskräftetrainings, für die die Anmeldephase bereits läuft, werden kein Wundermittel sein können gegen die Personalknappheit in Pflegefachberufen – das wissen auch die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler und die Projektverantwortlichen beim DKI. „An den äußeren Arbeitsbedingungen in diesem System ist im Moment kaum etwas zu ändern“, sagt DKI-Projektleiterin Löffert. „Die Bedingungen sind schlecht in der Pflege, das weiß jeder. Und es fehlen Pflegekräfte, das weiß auch jeder, und keiner kann sie herzaubern. Also muss man versuchen, möglichst gut und konstruktiv mit der Situation umzugehen. Unsere Studienteilnehmer aus der ersten Projektphase sind mit ihren Arbeitsbedingungen nachweislich besser zurechtgekommen – dabei hatte sich der äußere Rahmen ja gar nicht verändert.“
Autor: Adalbert Zehnder