Am 16. März fällt der Hammer: Dann müssen alle Pflegekräfte und andere Mitarbeiter in Krankenhäusern, Heimen und anderen Gesundheitseinrichtungen geimpft sein. Wer bis dahin nicht geimpft ist, muss dann mit unbezahlter Freistellung, vielleicht auch mit Kündigung rechnen. Denn die Arbeitgeber müssen „das zuständige Gesundheitsamt informieren, wenn die Nachweise nicht fristgerecht vorgelegt werden oder Zweifel an der Echtheit oder Richtigkeit der vorgelegten Nachweise bestehen. Das Gesundheitsamt kann die Beschäftigung in – oder den Zutritt zu – den Einrichtungen, in den die Nachweispflicht gilt, untersagen“, wie das Bundesgesundheitsministerium ausführt.
Das heißt für Pflegeheime, Pflegedienste und Krankenhäuser: Bis Ende Februar müssen alle von der Impflicht Betroffenen mindestens zweimal geimpft sein. Wir fragten bei zehn Pflegeeinrichtungen, Betreibern und Kliniken nach Lage, Stand und Perspektiven der laufenden Impfkampagnen: Wie viele Pflegekräfte schon geimpft sind, was getan wird, um Impfzweifelnde zu überzeugen, und mit wie vielen Verweigerern gerechnet und geplant wird.
Nach DKI-Stichprobe sind 95 Prozent aller Pflegekräfte geimpft
Einige Zahlen zur Impfquote in Kliniken und Heimen gibt es bereits: Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (Monitoring vom 13. Januar) waren bis Ende November 81 Prozent der Beschäftigten von Alten- und Pflegeeinrichtungen geimpft.
Wie unsere Umfrage ergibt, hat sich seit November die Impfquote positiv entwickelt, inzwischen sind vermutlich über 90 Prozent der Pflegekräfte zweimal geimpft, die meisten auch schon geboostert. Das deckt sich mit der aktuellen Stichprobe des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI): Nach dieser sind sogar 95 Prozent der Pflegekräfte in den Kliniken geimpft. Allerdings handelt es sich um eine online-Umfrage ohne Anrufe und Nachhaken. Bei Befragungen dieser Art ist immer damit zu rechnen, dass vor allem jene teilnehmen, die gute Nachrichten zu verkünden haben. 246 Krankenhäuser haben sich an der Umfrage beteiligt.
Niedrige Quote in Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Bayern
Impfquoten-Spitzenreiter ist das Klinikum Ludwigshafen, das schon früh, sehr viel unternommen hat, um seine Mitarbeiter zur Impfung zu bewegen (und dafür auch viel Kritik einstecken musste – etwa von Verdi und der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz) . Hier sind „im ärztlichen Bereich 100 Prozent vollständig geimpft beziehungsweise geboostert“ und die allgemeine Impfquote aller Beschäftigten liegt bei „rund 95 Prozent“. „Knapp 95 Prozent“ meldet auch der kommunale Klinikverbund Gesundheit Nord in Bremen und das Universitätsklinikum Leipzig. Der private Krankenhaus-Konzern Asklepios antwortet: „In manchen Einrichtungen bis zu 97 Prozent, zum Teil aber in einigen Bundesländern mit allgemein niedriger Impfquote teilweise auch darunter.“
Auch bei der Caritas sind die Impfquoten sehr unterschiedlich. „In den Krankenhäusern liegt die Impfquote überall bei nahezu 100 Prozent, in den Einrichtungen der Altenhilfe in vielen Regionen über 80 Prozent (mit Spitzen, etwa 98 Prozent in Münster und Umgebung), in anderen nur bei 70 Prozent oder sogar darunter. Das betrifft Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Teile Bayerns“, so die Auskunft der Pressestelle.
„Deutlich über 70 Prozent“ heißt es bei Helios
Etwas niedrigere Zahlen melden die Johanniter: „Im Durchschnitt sind es bei unseren mehr als 90 Häusern 87 Prozent.“ Die Helios-Kliniken dagegen sind – Stand Mitte Januar – noch weit entfernt von der Durchimpfung. Man gehe derzeit „von deutlich über 70 Prozent“ aus, heißt es auf Anfrage. Ein Grund könnte sein, dass die privaten Klinikkonzerne historisch bedingt viele Einrichtungen in den östlichen, eher impfskeptischen Bundesländern haben: Sie kauften dort nach der Wende viele Standorte aus den einstigen DDR-Staatsbetrieben auf.
Der private Heimbetreiber Korian, mit 247 Pflegeheimen und 26.598 Pflegeplätzen größter privater Betreiber in Deutschland, liegt bei „circa 85 Prozent, mit regionalen Unterschieden, wobei wir in den letzten Wochen eine zunehmende Bereitschaft zur Impfung bei den noch ungeimpften Mitarbeiter:innen erkennen.“
Schon 2 bis 3 Prozent Impfverweigerer wirken sich aus
Die meisten Betreiber sind jedoch guten Mutes, Impfquoten zu erreichen, die ihre Einrichtungen nicht belasten. Wo die Schmerzgrenzen liegen könnten, behalten sie für sich. Konkreter wird die Evangelische Heimstiftung. Hier rechnet man mit einem „harten Kern von zwei bis drei Prozent“ Impfverweigern, was schon zu Auswirkungen auf den laufenden Pflegebetrieb führen könnte.
Um noch an der Impfung zweifelnde Pflegekräfte zu gewinnen, greifen die Betreiber vor allem auf die Macht der Worte zurück. Mit persönlichen Gesprächen zur Impflicht, den Impfstoffen und zu den Konsequenzen der Verweigerung, mit größeren Informationsveranstaltungen mit Fachmedizinern und mit unkomplizierten und kurzfristigen Impfangebote sollen die letzten Impfskeptiker überzeugt werden.
Caritas in Berlin lockt mit Geld für die Teamkasse
Auch mit Geld will man Impfunwillige umstimmen: Der Caritasverband für das Erzbistum Berlin etwa zahlt in die Team-Kassen ein, wenn die Impfquoten gesteigert werden.
Inwieweit die Alternative Totimpfstoff – der erste wurde gerade zugelassen und soll Ende Februar ausgeliefert werden – von zweifelnden Pflegekräften angenommen und damit die Impfquote erhöht wird, halten viele Betreiber für „möglich, aber spekulativ“. Pflegeheim-Betreiber Korian hat da konkretere Rückmeldungen seiner Pflegekräfte und schreibt, „dass bei einigen ungeimpften Mitarbeiter:innen eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf die bisher verabreichten Impfstoffe herrscht. Sie warten auf die Zulassung eines Totimpfstoffes“. Ganz anders die Einschätzung im Klinikum Ludwigshafen: „Wer kategorischer Impfverweigerer ist, wird dies auch weiterhin bleiben.“
Ob es ab Mitte März in der Pflege durch Impfverweigerer zu Engpässen kommen wird? Auf diese Frage reagieren die Unternehmen zurückhalten – es sei nicht auszuschließend, so lautet fast unisono die wenig überraschende Antwort.
[Für Pflegekräfte verändert sich die Corona-Lage oft wöchentlich – bleiben Sie auf dem Laufenden, abonnieren Sie jetzt unseren Newsletter!]
DRK und Heimstiftung: allgemeine Impfpflicht wäre besser
So oder so: Die Betreiber stehen massiv unter Druck, die kurzfristig beschlossene einrichtungsbezogene Impflicht umzusetzen. Und mit der Politik hadern denn auch einige Unternehmen. So beklagt DRK-Pressesprecher Dieter Schütz die „vielen Unklarheiten hinsichtlich der Umsetzung des Gesetzes“. Bernhard Schneider, Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung, beschreibt die Lage als „schwierige Situation, die wir nicht hätten, wenn die Coronapolitik in Bund und Land die allgemeine Impfpflicht und die Auffrischungsimpfung letztes Jahr nicht verschlafen hätte. Jetzt muss es die Pflege wieder ausbaden: mit einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht und einer bevorstehenden, fünften dramatischen Infektionswelle, die alte und pflegebedürftige Menschen wieder besonders treffen wird.“
Autor: Hans-Georg Sausse
Im Artikel unten erfahren Sie, was das Klinikum im Juni 2021 unternommen hat, um die Impfquote zu steigern: