„Es gibt große Wissensdefizite bei der Betreuung von Parkinson-Patienten“, sagt Karima Boulakhrif. Die gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin aus Rheinland-Pfalz ist zertifizierte Parkinson Nurse und hält in dieser Funktion auch Fortbildungsvorträge für ihre Kollegen. Während es in anderen Ländern wie den USA oder England schon seit mehreren Jahrzehnten speziell ausgebildete Fachkräfte für Parkinson-Patienten gibt, ist die Weiterbildung in Deutschland erst seit 2006 möglich. Wir beantworten die häufigsten Fragen zu dieser noch recht jungen Weiterbildung.
1. Frage: Wo werden Parkinson-Nurses gebraucht?
Der Bedarf ist groß, denn Morbus Parkinson ist nach Alzheimer die zweihäufigste neurodegenerative Erkrankung. In Deutschland leiden etwa 400.000 Menschen daran, weltweit sind es über sechs Millionen. Anika Sorge und Silke Bramlage, die beide als Parkinson-Nurse am Krankenhaus Lindenbrunn arbeiten, erläutern: „Speziell im Parkinsonbereich denke wir, dass es einen hohen Bedarf an geschultem Personal im Umgang mit Parkinson-Patienten gibt. Jeder Patient ist individuell. Die Menschen werden immer älter und Parkinson ist eine Erkrankung, die überwiegend im höheren Alter auftritt. Da ist es vorhersehbar, dass die Zahlen steigen und somit auch der Bedarf von Fachkräften.“
Das kann auch Sabine Ahrendt unterschreiben. Sie hat die Weiterbildung zur Parkinson Nurse vor rund 15 Jahren absolviert und arbeitet jetzt an der Uniklinik Freiburg. Schon zuvor war sie auf einer neurologischen Station tätig, wo sie auch immer wieder Parkinson-Patienten begegnete „Ich hatte das Gefühl, bei der Fortbildung wirklich noch was lernen zu können. Denn Parkinson ist schon eine sehr komplexe Krankheit und Betroffene haben ganz besondere Bedürfnisse und Verhaltensweisen.“ So gilt es etwa besonders auf die Zeitpunkte der Medikamentengabe zu achten, zu berücksichtigen ist auch, dass Parkinson-Patienten oft sehr verlangsamt agieren und sich durch Mimik immer schlechter ausdrücken können.
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Einen besonders hohen Bedarf an Parkinson-Nurses sieht Sabine Ahrendt:
- an Unikliniken
- aber auch in Krankenhäusern ohne neurologische Fachabteilung
- in Pflegeheimen
Leider sind nicht überall Stellen für Parkinson-Fachkräfte vorgesehen. „Es ist natürlich frustrierend, wenn man die Ausbildung macht und dann hinterher das Gleiche arbeitet wie vorher“ , sagt Sabine Ahrendt. Sie wünscht sich, dass Arbeitgeber den Bedarf an spezialisierten Fachkräften mehr berücksichtigen.
2. Frage: Welche Aufgaben hat die Parkinson Nurse?
„Als Parkinson-Nurse ist das oberste Ziel, dem Patienten das Leben zu erleichtern“, so Karima Boulakhrif. „Meine Fachkenntnisse helfen mir bei nahezu allen Aktivitäten mit ihnen, wie Waschen, Anziehen, Nahrungsaufnahme und Bewegung.“
Parkinson Nurses betreuen vor allem Patienten, die mit tiefen Hirnstimulatoren oder Medikamentenpumpen ausgestattet sind, sie arbeiten in der Beratung und psychologischen Betreuung – auch von Angehörigen. Oft fungieren sie als Schnittstelle zwischen Patienten, Angehörigen, Therapeuten und Hilfsdiensten.
Anika Sorge sieht die Parkinson Nurse auch als wichtiges Bindeglied zwischen Patienten und Ärzten: „Diagnostische Aufgaben und Auswertungen von Testungen sowie klinische Studien gehören ebenfalls zum Alltag. Durch die verschiedenen Tätigkeiten und Möglichkeiten ist die Stellenbeschreibung bei jedem Arbeitgeber jedoch immer individuell.“
3. Frage: Welche Voraussetzungen gibt es für die Weiterbildung?
Wer sich zur Parkinson Nurse weiterbilden lässt hat in jedem Fall
- eine abgeschlossenen Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger oder Altenpfleger
- mindestens zwei Jahre Berufserfahrung, möglichst im neurologischen Bereich
- Englischkenntnisse sind wünschenswert, um Studien lesen zu können – zwingend sind sie allerdings aber nicht.
Sabine Ahrendt sieht als persönliche Voraussetzung den Willen, dauerhaft mit chronisch kranken Menschen zu arbeiten. „Dazu gehört natürlich ein gewisses Durchhaltevermögen. Es ist etwas Anderes, mit Patienten zu arbeiten, die wieder gesund werden, oder mit Parkinson-Erkrankten, bei denen man davon ausgehen kann, dass der Zustand auf lange Sicht immer schlechter wird“. Das müsse man schon wirklich wollen. „Andererseits ist es natürlich schön zu sehen, was man mit den und für die Patienten erreichen kann, wenn man sein spezielles Wissen einsetzt.“
4. Frage: Wie läuft die Weiterbildung zur Parkinson Nurse ab?
Die Deutsche Parkinson Vereinigung bietet die Weiterbildung in Zusammenarbeit mit mehreren Fachkliniken an. Sie besteht aus vier mal zwei Tagen theoretischer Schulung und einer insgesamt zweiwöchigen Hospitation, die sich über ein Jahr verteilt. Dabei erleben die Teilnehmer den Pflegealltag in verschiedenen, auf Parkinson spezialisierten Kliniken. Vor dem Abschluss muss man den Nachweis über die pflegerische Betreuung einer bestimmten Anzahl von Parkinson-Patienten erbringen.
Sabine Ahrendt wurde von ihrem Arbeitgeber, der Uniklnik Freiburg, finanziell bei der Weiterbildung unterstützt. Den Aufwand empfand sie als nicht zu belastend. „Das ist wirklich keine ausufernde Angelegenheit. Aber natürlich muss man etwas Freizeit dafür opfern, um zu Hause zu lernen oder Online-Seminare zu machen.“ Anika Sorge und Silke Bramlage erinnern sich: „Wir wurden für die Wochenenden und die Hospitation von unserem Arbeitgeber freigestellt. Die Weiterbildung ist in kleinen Blöcken über ein Jahr verteilt, das müsste man auch ohne Freistellung neben der Arbeit gut einplanen können.“ Als etwas größere zeitliche Herausforderung sehen sie die zweiwöchige Hospitation.
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5. Frage: Lohnt sich die Weiterbildung Parkinson Nurse finanziell?
Auf eine spürbar höhere Vergütung können Pflegefachkräfte mit der Weiterbildung Parkinson Nurse kaum hoffen, weil
- es sich nicht um eine staatlich anerkannte Fachweiterbildung, konzipiert von der deutschen Krankenhausgesellschaft, mit mindestens 720 Stunden handelt wie Intensivpflege oder Notfallpflege. Diese Weiterbildungen führen immer zu einem Sprung in der Gehaltsstufe. (Siehe dazu auch unseren Artikel Weiterbildung: Wie überzeuge ich meinen Arbeitgeber? unter Punkt 2)
- sie in der Entgeltordnung (TVöD) auch nicht als Sonderfunktion aufgeführt ist. Sie dauert schlicht nicht lang genug. Bei der Caritas gibt es die besondere Regelung, dass alle Weiterbildungen, die mindestens 220 Stunden in Theorie und Praxis umfassen, zu einem Sprung von P7 auf P8 führen. Aber auch diese Regelung würde hier nicht greifen, die Weiterbildung Parkinson Nurse liegt deutlich unterhalb von 220 Stunden.
Aus diesen Gründen bezeichnen manche – wie die Deutsche Parkinson Gesellschaft – die Parkinson Schulung auch als Fortbildung und nicht als Weiterbildung. Immerhin: Im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf erhalten Parkinson Nurses eine Zulage von 35 Euro pro Monat.
Selbstverständlich spricht nichts dagegen, mit dem Arbeitgeber zu verhandeln, wenn sich beispielsweise abzeichnet, dass man als Parkinson Nurse einen nicht unwesentlichen Teil seiner Arbeitszeit mit Schulungen oder Beratung verbringt.
Hier gibt es mehr Infos zur Parkinson-Nurse-Weiterbildung
Autorinnen: Melanie Thalheim/kig