Gleich zu Beginn wendet sich Jennifer Melcher in ihrem Buch Das Anti-Burnout-Buch für Pflegekräfte (Schlütersche) mit deutlichen Worten an ihre Leserinnen und Leser: „Bevor Sie sich diesem Buch widmen, möchte ich Sie vor den Gefahren des Inhaltes warnen: Der Inhalt meines Buches widerspricht in großen Teilen der gängigen Meinung über Entstehung, Ursachen, Behandlung und Prophylaxe eines Burnouts". Es beginnt damit, dass Melcher den Begriff für kontraproduktiv hält: Die Betroffenen erhalten die Diagnose Burnout und „fühlen sich manchmal wie vor den Kopf gestoßen", schreibt die examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, Referentin, Rednerin und Autorin.
Warum betrachtet Melcher den Begriff Burnout so skeptisch? Mediziner verwenden für das Burnout-Syndrom gern die Metapher eines abgebrannten Streichholzes, schreibt sie. Mit einer Therapie soll es wieder zum Brennen gebracht werden. Aber die beste Therapie kann dies nicht erreichen - ein abgebranntes Streichholz bleibt ein abgebranntes Streichholz. Deshalb spricht Melcher nicht gern von einem Burnout, sondern lieber von einem Knockout.
Bei einem Knockout lässt sich das Feuer nämlich neu entfachen, indem man wieder aufsteht und lernt, seine Batterie immer geladen zu halten. Melcher hat viele Tipps parat, wie das gelingen kann: etwa sich auf die Suche nach den persönlichen Energieräubern zu machen.
Sind es wirklich immer äußere Faktoren, die zu Burnout führen?
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Aber es ist nicht nur die klassische Burnout-Metapher, die sie ablehnt. Sie teilt auch nicht die übliche Erklärung für das Burnout-Syndrom. In der Regel heißt es: Burnout kann durch eine starke emotionale und körperliche Erschöpfung etwa aufgrund permanenter Überforderung oder auch dauerhafter Überlastung im Beruf entstehen. So weit so gut. Was die meisten Beschreibungen aber gemeinsam haben, ist die Behauptung, äußere Faktoren (äußerer Stress) seien maßgeblich für die Entstehung einer Burnout-Symptomatik verantwortlich. Die Autorin hingegen ist überzeugt: „Die Symptome entstehen nicht ausschließlich durch Stress von außen, sondern die Ursache liegt in einem Missverhältnis der eigenen Körperenergien.“
Die Erklärung mag etwas esoterisch klingen, ist aber eigentlich fast physikalischer Natur: Viele Menschen neigen dazu, einem Energieverlust (wie er nun einmal immer wieder vorkommt im Leben) nicht entgegenzuwirken. „Die Ursachen gehen also eher von der betroffenen Person selber aus.“ Und diese Ursachen können ganz unterschiedlicher Natur sein. Jennifer Melcher beschreibt sie ausführlich, plausibel, verständlich und durchaus humorvoll – allerdings nie mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit Argumenten, die zur Selbstreflektion animieren.
Was bringt es einem, von Kurs zu Kurs zu hetzen?
Auch betrachtet die Autorin die üblichen Burnout-Behandlungsstandards (etwa autogenes Training et cetera) mit Skepsis ebenso wie das Konzept der viel gepriesenen Work-Life-Balance. „Der Gedanke, dass die Freizeitgestaltung zum Aufladen des inneren Akkus dient, scheint zwar logisch, ist in der Realität jedoch häufig hinfällig. Die Freizeit wird mit Kursen, Trainings und Aktivitäten vollgestopft, bis von ihr nichts mehr übrig ist. Was bleibt, ist noch weniger Zeit für notwendige Aufgaben wie Einkäufe, so dass auch diese Tätigkeiten in Stress ausarten und zu Energieräubern werden“, schreibt Melcher.
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Die strikte Unterscheidung zwischen Arbeit und Freizeit führe zu einen Teufelskreislauf – es passiert das Gegenteil von dem, was sich Menschen mit Burnout wünschen: Ihnen wird immer mehr Energie entzogen, ihre Batterie leert sich immer weiter. Denn wenn die in der Theorie eigentlich der Gesundung dienenden Angebote wie Yoga-Stunden oder Achtsamkeits-Kurse dazu führen, dass der Alltag noch enger getaktet wird, machen sie alles nur noch schlimmer. Deswegen appelliert die Autorin an Ihre Leseinnen und Leser: Tun Sie sich keinen Zwang an und widmen Sie sich der „Muße & Co.", einfach in dem Sie sich erlauben, auch einmal „nichts zu tun, die Seele baumeln zu lassen und den unruhigen Geist zur Ruhe kommen lassen".
Autorin: Nina Sickinger/kig