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Medikamente im Alter

Vorsicht vor diesen 80 Medikamenten-Wirkstoffen!

Viele Medikamente sind für alte Menschen absolut ungeeignet. Erfahren Sie, um welche genau es sich handelt.

Beispiel Amitriptylin, das gegen Depressionen eingesetzt wird: Bei älteren Menschen kann das Mittel nicht nur die Sturzgefahr erhöhen, sondern kognitive Defizite, Schwindel, Probleme beim Wasserlassen, einen trockenen Mund und Verstopfung verursachen. Symptome, die häufig aufs Alter geschoben werden. Amitriptylin ist einer von über 80 Wirkstoffen, die auf der Priscus-Liste stehen.

BMBF fördert Priscus-Liste

In der Priscus-Liste (priscus = lat. altehrwürdig) haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler all jene Medikamente aufgeführt, die für ältere Menschen ungeeignet sein können (Die 80 Wirkstoffe finden Sie weiter unten in diesem Artikel aufgeführt). Die Priscus-Liste gibt Ärzten, Pflegefachkräfte, Senioren und Angehörigen Hilfestellung, das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat sie gefördert.

Viele Medikamente erhöhen das Sturzrisiko

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„Generell reagieren ältere Menschen empfindlicher auf Medikamente, zum Beispiel weil mit zunehmendem Alter die Nierenfunktion abnimmt und Gewebe und Zellen allgemein anfälliger werden“, erläutert Prof. Dr. Petra Thürmann, Direktorin des Philipp-Klee-Instituts für Klinische Pharmakologie am Helios Universitätsklinikum Wuppertal, Universität Witten/Herdecke. Sie hat die Erstellung der Priscus-Liste federführend betreut.

Gefahr von Pseudo-Demenz

„Die Mittel auf der Priscus-Liste sind für alte Menschen besonders problematisch, weil sie die Sturzgefahr erhöhen oder das Denkvermögen beeinträchtigen können.“ Zu den Hauptverdächtigen gehören Psychopharmaka wie Amitriptylin oder auch Mittel gegen Schlaf- oder Blasenfunktionsstörungen – Medikamente, die Senioren zum Beispiel durchaus in eine Pseudo-Demenz treiben können.

Jeder fünfte Senior erhält einen Wirkstoff von der Liste

Etwa ein Fünftel der über 65-Jährigen bekommen einen Wirkstoff verschrieben, der auf der Priscus-Liste steht. „Wir wissen aber aus Studien, dass Senioren, die eines dieser Mittel einnehmen, mehr Nebenwirkungen zu erwarten haben und häufiger ins Krankenhaus eingewiesen werden“, berichtet Thürmann.

Auf diese Symptome sollten Sie achten

Pflegefachkräfte, aber auch pflegende Angehörige sollten den Patienten deshalb genau beobachten, ob im zeitlichen Zusammenhang mit der Gabe eines neuen Medikaments folgende Symptome aufgetreten sind:

 

  • Schwindel oder Benommenheit
  • Verwirrung
  • Sturz
  • trockener Mund
  • Übelkeit, Bauchschmerzen oder Verstopfung
  • Probleme beim Wasserlassen oder Inkontinenz
  • Schlafstörungen

 

Möglicherweise hat ein inzwischen gealterter Patient ein Medikament auch lange Zeit gut vertragen, doch mit zunehmendem Alter stellen sich diese Symptome ein, weil sein Organismus mit dem Mittel immer weniger zurechtkommt.

Priscus-Liste nennt auch Alternativen

Bei einem Verdacht auf Nebenwirkungen sollten Pflegende Kontakt mit dem Haus- oder Facharzt aufnehmen, der entweder das Medikament wechseln oder die Dosis reduzieren kann. „Eine Dosierung, die bei einem jüngeren Menschen kaum wirken würde, kann für einen 90-Jährigen durchaus reichen“, betont die Pharmakologin Thürmann. Die Priscus-Liste gibt Dosierungsempfehlungen, falls das Medikament unvermeidlich sein sollte, nennt aber auch Therapie-Alternativen. Wir haben die Wirkstoffe für Sie zusammengestellt.

 

Bitte beachten Sie: Die Liste benennt die Medikamente nach ihren Wirkstoffen, nicht nach den Handelsnamen.

Analgetika (Schmerzmittel) und Antiphlogistika (Entzündungshemmer)

a) NSAID (Non-Steroidal Anti-Inflammatory Drugs) beziehungsweise Nicht-Steroidale Antirheumatika (NSAR)

Indometacin

Acemetacin

Ketoprofen

Phenylbutazon

Piroxicam

Meloxicam

Etoricoxib

b) Opioid-Analgetika (Schmerzmittel, die an den Opioid-Rezeptoren wirken)

Pethidin

Antiarrhythmika (Mittel zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen)

Chinidin

Flecainid

Sotalol

Digoxin und Digoxin-Derivate

Antibiotika (Mittel zur Behandlung von Infektionskrankheiten)

Nitrofurantoin

Anticholinergika (Wirkstoffe, die die Wirkung von Acetylcholin im parasympathischen Nervensystem unterdrücken)

a) Antihistaminika (Mittel gegen Allergien)

Hydroxyzin

Clemastin

Dimetinden

Chlorphenamin

Triprolidin

b) Urologische Spasmolytika (Mittel zur Behandlung von Blasenfunktionsstörungen)

Oxybutynin (nicht redardiert)

Oxybutynin (redardiert)

Tolterodin (nicht retardiert)

Solifenacin

Antikoagulanzien, Thrombozytenaggregationshemmer (umgangssprachlich „Blutverdünner“ genannt)

Ticlopidin

Prasugrel

Antidepressiva (Mittel gegen Depressionen)

a) Klassische Antidepressiva

Amitriptylin

Doxepin

Imipramin

Clomipramin

Maprotilin

Trimipramin

b) Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI)

Fluoxetin

c) MAO-Hemmer

Tranylcypromin

Antiemetika (Mittel gegen Übelkeit)

Dimenhydrinat

Antihypertensiva (Mittel gegen Bluthochdruck) und kardiovaskuläre Arzneimittel (Herz-Kreislauf-Medikamente)

a) Alpha-Blocker

Doxazosin

Prazosin

Terazosin (als Antihypertensivum)

b) andere kardiovaskuläre Arzneimittel

Clonidin

Reserpin

Methyldopa

c) Kalzium-Kanal-Blocker

Nifedipin (nicht retardiert)

Neuroleptika (Mittel gegen psychotische Symptome)

Thioridazin

Fluphenazin

Levomepromazin

Perphenazin

Haloperidol

Olanzapin

Clozapin

Ergotamin und Ergotaminderivate (Mittel gegen Migräne und Kopfschmerzen)

Dihydroergocryptin

Dihydroergotoxin

Laxanzien (Abführmittel)

Dickflüssiges Paraffin

Muskelrelaxanzien (Mittel zur Entspannung der Muskulatur)

Baclofen

Tetrazepam

Sedativa, Hypnotika (Beruhigungs- und Schlafmittel)

a) Langwirksame Benzodiazepine

Chlordiazepoxid

Diazepam

Flurazepam

Dikaliumclorazepat

Bromazepam

Prazepam

Clobazam

Nitrazepam

Flunitrazepam

Medazepam

b) Kurz- und mittellang wirksame Benzodiazepine

Alprazolam

Temazepam

Triazolam

Lorazepam

Oxazepam

Lormetazepam

Brotizolam

c) Z-Substanzen

Zolpidem

Zopiclon

Zaleplon

d) Andere Beruhigungsmittel

Doxylamin

Diphenhydramin

Chloralhydrat

Antidementiva, Vasodilatoren, durchblutungsfördernde Mittel (Mittel zur Verbesserung der Hirnleistung)

Pentoxifyllin

Naftidrofuryl

Nicergolin

Piracetam

Antiepileptika (Mittel zur Behandlung epileptischer Erkrankungen)

Phenobarbital

Autorin: Anke Nolte

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