Foto: Kristiana Pinne (Unsplash)

Krankenpflege

Von wegen „nur“ Grundpflege ...

Die Unterscheidung zwischen Grundpflege und Behandlungspflege ist unsinnig und gefährdet die Patientensicherheit, meint Pflegewissenschaftlerin Sandra Bensch

Grundpflege kann doch jeder, dafür braucht man keine dreijährige Ausbildung. Das ist die gängige Meinung. Doch einem Patienten Essen reichen, ihn mobilisieren oder zur Toilette begleiten – alles dies sind komplexe pflegerische Aufgaben, die viel Fach- und Sozialkompetenz verlangen. Unreflektiert ausgeführt können sie etwa

bei einem Schlaganfall-Patienten zu Aspirationspneumonie, schwerem Sturz oder Druckgeschwüren führen. Dies ist der Grund, weshalb die Pflegewissenschaftlerin Sandra Bensch (Katholische Hochschule Mainz) die Rede von Grundpflege und Behandlungspflege für irreführend hält.

Grundpflege-Behandlungspflege - ein bürokratische Unterscheidung

„Die Unterscheidung stammt eigentlich aus dem Sozialgesetzbuch V und XI. Doch jetzt verwenden auch Pflegefachpersonen und Lernende sie immer häufiger. Das ist eine gefährliche Tendenz, weil sie Pflegeaufgaben in Schweregrade unterteilt, die mit der Wirklichkeit wenig zu tun haben, und damit die Sicherheit der Pflegebedürftigen in Deutschland gefährdet“, so die Professorin (Foto unten).

Jobportal pflegen-online.de empfiehlt:

Komplex? Instabil? Die Pflegesituation ist entscheidend

Was eine Pflegefachperson von einer Pflegehilfskraft im Wesentlichen unterscheidet, ist nicht die Tatsache, dass die dreijährig Ausgebildete Behandlungspflege übernehmen darf und die andere „nur Grundpflege“. „Nein, es ist die Pflegeexpertise, die die Pflegefachperson auszeichnet! Sie ist diejenige, die eine Pflegesituation beurteilen kann, sie trägt Verantwortung für den Prozess“, sagt Sandra Bensch. „Ihr sollte etwa auffallen, wenn ein Patient seltsam schluckt. Sie klärt dann, ob es sich um eine Dysphagie handelt: Sie schaltet die Logopädin ein, gegebenenfalls die Ärztin, ist die ganze Zeit über wachsam und kommuniziert ihre Beobachtung an ihre Kollegen. Sie ordert passende Nahrungsmittel und ordert die Abholung der Supplemente.“

Essenanreichen kann eine hochkomplexe Aufgabe sein

Eine so agierende Pflegefachperson mag bei einer stabilen, wenig komplexen Pflegesituation durchaus zu dem Schluss kommen, dass eine Pflegehelferin das Essenanreichen übernehmen kann – aber gewiss nicht bei einem

Patienten mit einer instabilen, hochkomplexen Pflegesituation.

Wenn die Pflegehelferin einen Fehler macht ...

Das Beispiel macht noch einmal deutlich, wie groß die Verantwortung der Pflegefachperson bei der Delegation an Pflegehelfer und -assistenten ist. Denn es gibt nicht für alle Aufgaben ein eindeutiges Dürfen/Nicht-Dürfen. Für das Stellen von Medikamenten gilt eindeutig: Die Pflegehelferin darf es nicht. Übernimmt sie es doch und es passiert ihr ein Fehler, wird die Pflegefachperson verantwortlich gemacht. Aber auch bei Tätigkeiten wie Körperpflege und Mobilisation kann eine Pflegefachperson für die Fehler einer Pflegehelferin verantwortlich gemacht werden: dann nämlich, wenn sie sich nicht genügend versichert hat, dass die Hilfskraft eine bestimmte Tätigkeit X bei Person Y in einer konkreten Situation Z tatsächlich sicher durchführen kann.

Autorin: Kirsten Gaede

Pflegehelfer für Behandlungspflege qualifizieren?

... und später eventuell noch zur Fachkraft? Unglaublich? Der Arbeitsgeberverband Pflege arbeitet bereits daran. pflegen-online sprach mit Geschäftsführerin Halletz.
Artikel lesen

Wir haben noch mehr für Sie!

Antworten und Impulse für die Pflegeprofession gibt es auch direkt ins Postfach: praxisnah, übersichtlich und auf den Punkt.
Melden Sie sich jetzt für den pflegebrief an - schnell und kostenlos!
Wir geben Ihre Daten nicht an Dritte weiter. Die Übermittlung erfolgt verschlüsselt. Zu statistischen Zwecken führen wir ein anonymisiertes Link-Tracking durch.
Auszubildende freuen sich, wenn sie in komplexere Tätigkeiten einbezogen werden, auch wenn sie diese noch nicht allein ausführen dürfen.   

Generalistik

Warum Pflege-Auszubildende seit 2020 anders ticken  

Mit der Generalistik ist die herkömmliche Pflege-Ausbildung in vielerlei Hinsicht auf den Kopf gestellt – 9 Aspekte machen das sehr deutlich   

    • Pflege als Beruf, Pflege und Praxis, Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege, Ambulante Pflege

TK-Gesundheitsreport 2019

Warum nehmen so viele Pflegekräfte Antidepressiva?

Echter Respekt statt Skandalisierung, sagt Organisationsberaterin Karla Kämmer. Lesen auch zehn weitere Kommentare von Psychiatern, Pflegemanagern, Pflegewissenschaftlern, Coaches und Gesundheitswirtschafts-Experten

    • Konfliktmanagement, Kommunikation, Personalbemessung

Corona-Krise

Arbeiten in Quarantäne - wie funktioniert das eigentlich?

Quarantäne-Dienste sind ideal, um Bewohner vor Corona zu schützen - doch für Pflegekräfte extrem anstrengend. Zu den wenigen Heimen, die sich trauten, zählt das Haus St. Benedikt in Recke

    • Corona, Pflegeeinrichtung, Arbeitsorganisation, Bewohner, Altenpflege
Wie ein Relikt aus einer anderen Zeit, heißt es beim bpa über die Nachweispflicht.    

Corona-Pandemie

Nachweis 3. Impfung: Die meisten Länder sehen es locker

Heime und Kliniken müssen ab Oktober kontrollieren, ob ihre Mitarbeiter geboostert sind. Eine Recherche von pflegen-online zeigt: Viele Länder wollen - so wie Bayern und Baden-Württemberg - auf die Nachweispflicht verzichten

    • Corona, Pflege und Politik