Foto: Todd Dierner
Die meisten Pflegekräfte übernehmen mehrere Nachtdienste im Monat.

Altenpflege

Von Altersgrenze bis Zuschlag - 10 Fragen zum Nachtdienst

Wann beginnt die Nachtarbeit? Habe ich Anrecht auf einen Zuschlag? Und: Ist man gezwungen, Nachtschichten zu übernehmen? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Nachtdienst in der stationären Altenpflege

Dieser Artikel erschien erstmals im Januar 2020 und wurde am 2. Mai 2023 aktualisiert. 

In keinen anderen Beruf ist Nachtarbeit so sehr Teil des Jobs wie in der Pflege. Der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zu Folge arbeiten mehr als die Hälfte der Beschäftigten in der Altenpflege (57 Prozent) sowie in der  Krankenpflege (59 Prozent) regelmäßig in Zeiten vor 7 Uhr oder nach 19 Uhr. Vor allem Kliniken und hier zu 61 Prozent arbeiten die Pflegekräfte regelmäßig auch nachts. In der Altenpflege gilt das für 37 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zum Vergleich: Beschäftigte in anderen Berufen müssen deutlich seltener nachts, nämlich nur zu 18 Prozent, arbeiten.

1. Frage: Was gilt als Nachtarbeit?

Für den ambulanten Pflegebereich und private Pflegeheime gilt die Definition des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG § 2). Danach ist Nachtarbeit die Arbeitszeit, die zwischen 23 Uhr und 6 Uhr geleistet wird. Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst legt den Beginn der Nachtarbeit auf 21 Uhr, das Ende ebenfalls auf 6 Uhr (TVöD §7 Abs.5). Im Sinne des Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfasst, Nachtarbeit.

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2. Frage: Wer ist ein Nachtarbeiter?

Diejenigen sind Nachtarbeiter, die mindestens 48 Tage im Kalenderjahr nachts arbeiten oder aufgrund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leisten. Und: Nach § 6 des Arbeitszeitgesetzes darf auch bei Nachtarbeit die Arbeitszeit von acht Stunden nicht überschritten werden. Im Ausnahmefall sind bis zu zehn Stunden erlaubt, wenn „innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden".

3. Frage: Haben Nachtarbeiter ein Anrecht auf einen Nachtzuschlag?

Nicht unbedingt. Das Arbeitsrecht lässt dem Arbeitgeber die Wahl, ob er für die während der Nachtarbeit geleisteten Arbeitsstunden eine „angemessene Zahl bezahlter freier Tage“ oder einen „angemessenen Zuschlag“ auf den Bruttolohn gewährt. Bei einem Tarifvertrag gelten die dort festgelegten Regelungen.

4. Frage: Wie hoch sollte ein angemessener Zuschlag sein?

Ist dieser tariflich nicht geregelt, können Arbeitnehmer einen Zuschlag von mindestens 25 Prozent des Bruttostundenlohnes für nachts geleistete Arbeitsstunden verlangen. So sieht es das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Urteil von 2015 (BAG 9. Dezember, 10 AZR 423/14), in dem die Richter die gesetzliche Formulierung „angemessenen Zuschlag“ ausführen.

Handelt es sich bei der Nachtarbeit um eine besondere Belastung, steige der Anspruch auf 30 Prozent. Die Belastung durch Nachtarbeit ist Auslegungssache des Arbeitgebers. Beschäftigte im öffentlichen Dienst erhalten eine Zulage von 20 Prozent pro Stunde für Nachtarbeit (TVöD § 8).

5. Frage: Gibt es für Nachtarbeit zusätzliche Urlaubstage?

Ja. Für Beschäftigte in Pflege- und Betreuungseinrichtungen sowie in Krankenhäusern sieht zumindest der TVöD einen Anspruch auf Zusatzurlaub für vor.
Und zwar für die Altenpflege

  • 1 Urlaubstag für 150 Nachtarbeitsstunden
  • 2 Urlaubstage für 300 Nachtarbeitsstunden
  • 3 Urlaubstage für 450 Nachtarbeitsstunden
  • 4 Urlaubstage für 600 Nachtarbeitsstunden

6. Frage: Muss jeder Mitarbeiter Nachtschichten übernehmen?

Grundsätzlich ja. Verboten ist Nachtarbeit nur für Jugendliche, Schwangere und Stillende. Aber der Gesetzgeber hat Ausnahmen festgelegt, bei denen eine Versetzung auf einen geeigneten Tagesarbeitsplatz möglich sein kann.

Etwa, wenn

  • arbeitsmedizinisch erwiesen ist, dass die Nachtarbeit die Gesundheit des Arbeitnehmers gefährdet
  • im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter 12 Jahren lebt, das nicht von einer anderen Person betreut werden kann
  • wenn der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann

Allerdings nur dann, wenn keine betrieblichen Gründe dagegensprechen. Ist das der Fall, kann der Betriebsrat hinzugezogen werden.

7. Frage: Wie lässt sich eine gesundheitliche Gefährdung durch Nachtarbeit feststellen?

Nachtarbeiter haben das Anrecht auf eine arbeitsmedizinische Untersuchung. Diese kann vor Beginn der Beschäftigung und danach alle drei Jahre stattfinden. Die Kosten trägt der Arbeitgeber.

8. Frage: Wie sehen die Ruhezeiten zwischen den Schichten aus?

Um ausreichende Erholung sicherzustellen, haben Beschäftigte nach § 5 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes den grundsätzlichen Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden zwischen zwei Arbeitseinsätzen. In den Pflegeberufen gelten jedoch häufig gesetzliche, tarifvertragliche oder betriebliche Ausnahmeregelungen, die eine Verkürzung der Mindestruhezeit ermöglichen (§ 5 Abs. 2 ArbZG). Nach Angaben der BAuA ist die Hälfte des Pflegepersonals im Krankenhäusern davon betroffen mindestens einmal im Monat Ruhezeiten von weniger als elf Stunden zu haben. Bei Pflegekräften in der Altenpflege sind es nur 26 Prozent.

9. Frage: Gibt es eine Altersgrenze für Nachtdienste?

Nein, das Arbeitszeitgesetz bestimmt keine Altersgrenze für Schichtarbeit oder Nachtdienste. Wer allerdings über 50 Jahre alt ist, darf die oben beschriebene arbeitsmedizinische Untersuchung jedes Jahr in Anspruch nehmen.

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10. Frage: Ist der Personalschlüssel für Nachtwachen gesetzlich geregelt?

Die Personalausstattung in Pflegeheimen ist Ländersache. Es gibt keine einheitliche Regelung. Wie eine Umfrage von pflegen-online im April 2023 zeigt, sind die Vorgaben sehr unterschiedlich. Schleswig-Holstein (1:20), Baden-Württemberg (1:45), Bayern (1:40 beziehungsweise 30) und Bremen (1:40) machen klare Vorgaben, in den meisten anderen Bundesländern gelten nur allgemeine Richtlinien zur Versorgungssicherheit in stationären Pflegeeinrichtungen. 

Gelten in Krankenhäusern andere Regeln?

Seit Januar 2019 gilt das Pflegepersonalstärkungsgesetz, das für Nachtdienste in Krankenhäusern eine Personaluntergrenze vorsieht. Aktuell für die Krankenhausbereiche Intensivmedizin, Geriatrie, Kardiologie und Unfallmedizin. Seit Januar 2020 sind noch Herzchirurgie, Neurologie, neurologische Schlaganfalleinheit sowie die neurologische Frührehabilitation hinzugekommen.

Demnach betreut eine Pflegekraft in der Nachtschicht …

… 3 Patienten in der Intensivmedizin

… 20 Patienten in der Geriatrie, Unfallchirurgie, Kardiologie und Neurologie

… 15 Patienten in der Herzchirurgie

… 5 Patienten in der neurologischen Schlaganfalleinheit

… 12 Patienten in der neurologischen Frührehabilitation

Autoren: Hans-Georg Sausse/Evelyn Griep

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