Pflegekräfte verdienen schlecht – das ist, so schlicht formuliert, inzwischen fast überall und ständig zu lesen, in den Publikumsmedien und in den Mitteilungen von Pflegeverbänden. Das tun ein paar Zahlen zur Differenzierung gut (vielleicht auch um weiteren Imageschaden zu vermeiden). Solche Zahlen hat jetzt das Statistische Bundesamt für das zurückliegende Jahr 2020 veröffentlicht. Die Auswertung enthält für Pflegekräfte drei positive Nachrichten:
- Die Gehälter der Pflegekräfte sind zwischen 2010 und 2020 stärker als in der Gesamtwirtschaft gestiegen. Um 21,1 Prozent ist der Verdienst durchschnittlich im produzierenden Gewerbe und in den Dienstleistungsbetrieben gestiegen, die die Gesamtwirtschaft ausmachen (nur landwirtschaftliche Betriebe und Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern zählen für das Statistische Bundesamt nicht dazu). In der Krankenpflege dagegen haben sich die Gehälter um 32,9 Prozent erhöht, in der Altenpflege in Pflegeheimen sogar um 38,6 Prozent.
- Examinierte Krankenpflegekräfte verdienen mit einem durchschnittlichen Bruttogehalt von 3.578 Euro im Monat inzwischen fast 300 Euro mehr als Fachkräfte in der Gesamtwirtschaft. Bei den Altenpflegefachkräften ist die Differenz geringer, sie bekommen im Schnitt 3.363 Euro monatlich. (siehe Tabelle weiter unten)
- Wer im Krankenhaus eine Führungsposition bekleidet, hat besonders gute Verdienstaussichten: Das durchschnittliche Monatsgehalt beträgt 8.736 Euro, in der Gesamtwirtschaft sind es fast 1.500 Euro weniger, in der Altenpflege rund 3.000 Euro weniger.
Sind Pflegekräfte also die neuen Top-Verdiener? Das auf keinen Fall. Denn das vom Statistischen Bundesamt errechnete Bruttogehalt berücksichtigt die Zulagen für Schichtdienst und Sonn- und Feiertagsarbeit (nur die Sonderzulagen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld sind nicht mitgerechnet). Die Zulange variieren in der Regel zwischen 200 und 400 Euro. Der Vorsprung beim Gehalt besteht in vielen Fällen also nur, weil Pflegekräfte auch zu sehr ungewöhnlichen Zeiten wie Weihnachten und Sonnabendnacht arbeiten.
Zuschläge in Bundesamt-Zahlen schon enthalten
Jobportal pflegen-online.de empfiehlt:
Zwar gibt es auch in einigen anderen Branchen Schichtarbeit. Doch nirgends ist sie so verbreitet wie im Pflegeberuf. Knapp 60 Prozent der Pflegekräfte arbeitete 2019 im Schichtdienst. „Insgesamt traf das nur auf jede siebte erwerbstätige Person in Deutschland zu (14 Prozent). Noch häufiger als vom Schichtdienst waren Pflegekräfte von Wochenendarbeit betroffen: 74 Prozent der Kranken- und 79 Prozent der Altenpflegerinnen und -pfleger arbeiteten 2019 regelmäßig samstags und sonntags. Insgesamt traf das nur auf gut jede dritte erwerbstätige Person zu (36 Prozent)“, heißt es beim Statistischen Bundesamt (Destatis).
8.000 bis 9.000 Euro für Pflegedirektorinnen nicht Standard
Hinzu kommt: Die guten Verdienstaussichten in Führungspositionen im Krankenhaus beziehen sich nicht nur auf Pflegekräfte. Denn das Statistische Bundesamt hat den Durchschnitt der Gehälter aller Beschäftigtengruppen errechnet. Während Pflegekräfte den wohl den größten Teil der Fachkräfte in den Krankenhäusern ausmachen, so dass man die Gehaltsangaben fast ohne Einschränkungen auf sie beziehen kann, stellt sich das bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in leitender Stellung (Leistungsgruppe 1, siehe Tabelle unten) ganz anders dar: Zu diesen zählen auch – oder sogar mehrheitlich – die gut bezahlten Oberärztinnen, die Einkäufer, Controller, Personaler & Co.
Die Gehälter von Pflegedirektorinnen und -direktoren variieren stark und sind von der Größe des Hauses abhängig. Sie fangen bei 4.000 bis 5.000 Euro an, in absoluten Spitzenpositionen an Universitätskliniken (meistens in Verbindung mit einer Vorstandsposition) können sie aber auch schon mal über 12.500 Euro betragen.
[Lesen Sie zum Thema Gehälter auch unsere Artikel Altenpflege: Welche Träger richtig gutes Gehalt zahlen und Gehalt im Krankenhaus: Wer zahlt am besten?]
Auch zu berücksichtigen: Kurzarbeit in der Gesamtwirtschaft
Nicht zuletzt erklärt sich der statistische Gehaltsvorsprung der Pflegekräfte durch die Kurzarbeit in vielen Branchen der Gesamtwirtschaft. So sind die Gehälter dort sogar oft gesunken: 2020 haben die Fachkräfte durchschnittlich 41 Euro weniger im Monat verdient als 2019. Für Pflegekräfte war Kurzarbeit im Pandemiejahr 2020 bekanntermaßen kein Thema.
Autorin: Kirsten Gaede