Es war ein fast absurder Moment in der Talkshow „Dunja Hayali“ mit Jens Spahn und Diskutanten aus der Pflegebranche im Juli 2020: Nach Diskussion über Pandemie, Schutzausrüstung und Gehälter rät der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn Pflegekräften, der Gewerkschaft beizutreten. Das sagt einiges über das Engagement der Pflegekräfte: Wenn schon ein CDU-Politiker Arbeitnehmer zur Verdi-Mitgliedschaft aufruft …
Warum verdienen Klinikärzte so gut? Die Gewerkschaft …
Tatsächlich sind nur wenige Pflegekräfte Mitglied in der Gewerkschaft. Wie viele ist von Verdi (Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft) nicht zu erfahren; vor zwei Jahren kursierte die Zahl von 3 Prozent. Der Organisationsgrad dürfte inzwischen höher liegen, nachdem Streiks an Unikliniken und kommunalen Krankenhäusern wie Vivantes zu sehr guten Ergebnissen geführt haben (Stichwort „Tarifvertrag Entlastung“).
Doch selbst wenn der Organisationsgrad inzwischen bei zehn Prozent liegen sollte: Er wäre immer noch extrem gering im Vergleich zu dem der Krankenhausärzte: 80 Prozent von ihnen sind Mitglied in der Spartengewerkschaft Marburger Bund (ein entscheidender Grund, weshalb die Arzt-Gehälter – zu Lasten der Pflegekräfte – seit knapp 20 Jahre extrem gestiegen sind).
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Vielleicht sind vielen Pflegekräften die Vorteile einer Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft gar nicht bewusst? Wir haben sie deshalb einmal aufgelistet.
1. Vorteil: Aussichten auf höheres Gehalt
Verdi ist Tarifvertragspartei. Das heißt, die Gewerkschaft sitzt mit am Tisch, wenn Tarifverträge verhandelt werden. Verbesserungen zum Beispiel in Form von Entgelterhöhungen und in Bezug auf den Personalschlüssel kann nur eine Gewerkschaft verhandeln und erstreiten. Verdi setzt sich unter anderem für einen flächendeckenden Tarifvertrag ein, der in allen Einrichtungen unabhängig von der Trägerschaft gelten soll. Die Entlastung der Arbeitnehmenden steht ebenso im Fokus: Im Sommer 2022 konnte ver.di nach einem 77-tägigen Streik den Tarifvertrag Entlastung abschließen, der ab diesem Jahr an den sechs Universitätskliniken in NRW startete. Es wurden unter anderem Mindestbesetzungen und Belastungsausgleiche vereinbart, ebenso Mindeststandards für die Praxisanleitung und die Zahl der Lehrkräfte in der Ausbildung. Bei Unterschreitung sollen Auszubildende einen Belastungsausgleich erhalten.
2. Vorteil: Arbeits- und Rechtsschutz
Verdi-Mitglieder haben Anspruch auf eine kostenfreie Beratung bei allen Fragen rund um das Beschäftigungsverhältnis. Kommt es zu einem Rechtsstreit mit dem Arbeitgeber, genießen Mitglieder von ver.di Rechtsschutz (nach einer Mitgliedschaft von drei Monaten). Die Arbeitsrechtsexperten von ver.di beraten auch zu Mutterschutz, Kündigungsschutz und zur Rückkehr in den Job nach der Elternzeit. Zudem kann man sich beim Ausfüllen von Rentenanträgen helfen lassen oder bei der Bewertung eines Arbeitszeugnisses juristischen Rat einholen.
3. Vorteil: Streikgeld
Wenn es bei Tarifverhandlungen keine Einigung gibt, kann die Gewerkschaft ihre Mitglieder zum Streik aufrufen. Dann erhalten nur Verdi-Mitglieder von ihrer Gewerkschaft ein „Streikgeld“, um finanzielle Einbußen auszugleichen.
4. Vorteil: Freizeitunfallleistung
Verdi unterstützt Mitglieder mit verschiedenen kostenfreien oder günstigen Services, zum Beispiel der Freizeitunfallleistung: bis zu 30 Tagen Krankenhaustagegeld (25 Euro pro Tag)
5. Vorteil: Lohnsteuerservice
Beratung bei der Steuererklärung
6. Vorteil: Mietrechtsberatung
telefonische Erstberatung beim Deutschen Mieterbund e.V.
7. Vorteil: Weiterbildung
Seminare und Veranstaltungen, für die oft auch Bildungsurlaub beantragt werden kann.
8. Vorteil: Beratungen und Vergünstigungen bei Kooperationsunternehmen
zum Beispiel beim Kauf eines E-Bikes, bei Lebensversicherungen oder privater Altersvorsorge, Baufinanzierung, Handytarifen und Urlaubsreisen
Alle Leistungen sind im Verdi-Mitgliedsbeitrag enthalten. Er beträgt pro Monat ein Prozent des monatlichen Bruttogehaltes. Wenn man Rente, eine Pension, Elterngeld oder Krankengeld bezieht, verringert sich der Gewerkschaftsbeitrag auf 0,5 Prozent der monatlichen Einkünfte. Wer kein Arbeitseinkommen hat, zahlt monatlich 2,50 Euro.
Mit den Mitgliedsbeiträgen werden alle gewerkschaftlichen Leistungen finanziert. Beim Finanzamt lässt sich der Mitgliedbeitrag unter „Werbungskosten“ absetzen.
Verdi in Stichpunkten
- rund zwei Millionen Mitglieder
- Mitgliederzuwachs von 70.000 zwischen Januar 2023 und April 2023
- Mitglieder können sich in thematischen Arbeitskreisen und Fachgruppen auf Bezirks- und Landesebene gewerkschaftlich engagieren
- höchste Gremium ist der Gewerkschaftsrat, der die Arbeit des geschäftsführenden Bundesvorstandes kontrolliert und die Ziele von Verdi bestimmt. Alle Mitglieder im Gewerkschaftsrat arbeiten ehrenamtlich.
- gegründet 2001 durch den Zusammenschluss von Deutscher Angestellten-GEwerkscahft (DAG) n: Deutsche Postgewerkschaft (DPG), Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV), IG Medien – Druck und Papier, Publizistik und Kunst (IG Medien) und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste (ÖTV).
- Hauptsitz: Berlin
Autorin: Ulrike Mattern/kig