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Rückenschmerzen & Co.

Spezielle Yoga-Übungen für Pflegekräfte

Wir haben mit Holger Cramer (Evang. Kliniken Essen-Mitte), Jessica Fink (Berufsverband der Yogalehrenden) und Yogalehrerin Susanne Hardt gesprochen - mit Videos

Mit Yoga ins Gleichgewicht kommen und Arbeitsbelastungen ausgleichen – das kann gerade für Pflegekräfte eine gute Idee sein. Doch manche schrecken zurück: Wie den passenden Kurs finden angesichts der unzähligen Angebote und Stile? Holger Cramer, Forschungsleiter der Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin an den Evangelischen Kliniken Essen-Mitte (KEM) gibt Entwarnung: „Der Yogastil ist, so zeigen umfassende Analysen aller vorhandenen Studien, eher nebensächlich. Auch ist die Verletzungsgefahr eher nicht vom Yogastil abhängig.“

Geht es eher um Ihren Rücken? Oder um Ihre Stimmung?

Stattdessen sei es wichtig, je nach eigener Verfassung die entsprechenden Komponenten des Yoga zu nutzen, etwa:

  • Yogahaltungen bei Muskel-Skelett-Erkrankungen
  • Atemtechniken bei Bluthochdruck
  • Meditation bei Depressivität
  • Vorsicht vor Power Yoga oder Hot-Yoga

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Komponenten wie diese böten prinzipiell aber die meisten Yogaarten, so Cramer, der zugleich zugleich Forschungsleiter für Naturheilkunde und Integrative Medizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen ist. „Sehr fordernde Yogastile wie Power Yoga oder gar Hot Yoga, bei dem in einem 40 Grad heißen Raum geübt wird, sind dagegen nur fitten gesunden Personen zu empfehlen. Und gerade bei Vorerkrankungen sollte ein vorhergehendes Gespräch mit dem Yogalehrenden gesucht werden, damit mögliche Einschränkungen berücksichtigt werden können. Und dann hilft nur: ausprobieren, was einem liegt.“

Warum nicht mehrere Kurse testweise besuchen?

Auch Jessica Fink, Sprecherin des Berufsverbands der Yogalehrenden in Deutschland e. V. (BDY) rät, gegebenenfalls mehrere Kurse testweise zu besuchen und zu prüfen, ob sie den eigenen Wünschen und Erwartungen entsprechen: „Viele Yogalehrer bieten hierfür Probe- oder Schnupperstunden an.“ Nach dem Ende des Shutdowns können Yogakurse – unter Beachtung der von den Ländern und Gemeinden erlassenen Corona-Schutzmaßnahmen – inzwischen auch wieder stattfinden.

Manchmal wirkt Yoga schon nach einmaligem Üben!

„Yoga wird in Kursen meist einmal pro Woche praktiziert, zumindest in Studien zeigt ein häufigeres Angebot keine zusätzlichen Wirkungen. Vermutlich ist das für viele Menschen auch einfach zu viel“, sagt Cramer. „Davon unberührt ist es sinnvoll, zusätzlich zu den Yogastunden auch zu Hause zu üben und eine Routine aufzubauen – durchaus mehrmals die Woche bis täglich. Nur durch diese Verstetigung der Übung lassen sich anhaltende Wirkungen erzielen. Erste Erfolge zeigen sich dann oft bereits nach zwei bis drei Monaten; akute Schmerzen oder akute Stimmungstiefs können durchaus auch schon nach einmaligem Üben besser werden.“

Schichtdienst und Yoga – das klappt

„Yoga kann flexibel zu jeder Zeit und überall geübt werden. Im Idealfall hat man eine Matte und bequeme Kleidung, aber im Grunde braucht man nur sich selbst“, so Fink. „Wer die gesunde Ausführung der Übungen erst einmal bei einem gut ausgebildeten Yogalehrers gelernt hat, kann danach Yoga auch allein üben und es so auch in einen fordernden Alltag mit Schichtdienst integrieren.“

Eine Übung, die für Pflegekräfte ganz besonders geeignet ist

Susanne Hardt, Yogalehrerin aus Berlin, bietet sogar ein besonderes Trainingsprogramm für ambulante und stationäre Pflegekräfte an. Ihr Tipp für Pflegekräfte, die erst einmal ein Gefühl für Yoga bekommen möchten: die acht Bewegungen der Wirbelsäule. Diese Bewegungssequenz aus dem Hatha-Yoga eignet sich gut auch für Unerfahrene, da mit ihr die Wirbelsäule sanft in alle Richtungen mobilisiert und zugleich das bewusste Atmen geübt wird.

Sie möchten wissen, wie man die acht Bewegungsrichtungen der Wirbelsäule ausführt? Schauen Sie sich das Video von Gabriele Parrisius an, Yogalehrerin und Übungsleiterin für Reha-Sport: [embed]https://www.youtube.com/watch?v=FLZ-KdPvuIM[/embed]

Typisch für viele Pflegekräfte: Spannung im Schulter-Nacken-Bereich

Oft sehe sie in ihren Kursen bei Pflegekräften viel Spannung im Schulter-Nacken-Bereich und Rückenprobleme, so Hardt. „Mit gezielten Übungen mobilisieren wir dann die Wirbelsäule und kräftigen die Rücken- und Rumpfmuskulatur. Die Hinwendung zum Atem, und damit zum gegenwärtigen Augenblick, sowie Entspannungseinheiten lösen darüber hinaus mentale Blockaden – und so können auch Schulter- und Nackenmuskulatur loslassen. Ein weiterer Aspekt ist aber auch, dass es sehr heilsam sein kann, wenn sich Pflegekräfte, die ja immer für andere da sind, auch einmal Zeit nur für sich selbst nehmen.“

Lassen Sie sich nicht von Hochglanzfotos verunsichern!

Als grundlegende Regel empfiehlt Hardt insbesondere Ungeübten zudem: Keep it simple! „Ehrgeiz schadet im Yoga nur, vor allem, wenn man die Hochglanzfotos mit schlanken, sehr gelenkigen Frauen im Hinterkopf hat. Damit hat Yoga meines Erachtens überhaupt nichts zu tun. Es geht vielmehr ums Ankommen bei sich selbst und darum, das Gedankenkarussell zum Schweigen zu bringen, oder darum, dass zumindest etwas mehr Ruhe in uns einkehrt.“

Noch unentschlossen? Ein weiteres Video und ein Buchtipp

Hier können Sie sich eine komplette Yogastunde anschauen für alle Level mit Marleen Schröter, Yogalehrerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Evang. Kliniken Essen-Mitte:

Yoga-Programm für die Wechseljahre

Ein eigenes Training, das keine Vorkenntnisse voraussetzt und Anfängern die Grundlagen des Yoga nahebringt, hat Zora Gienger entwickelt: Die Autorin und Yogalehrerin erklärt in ihrem Buch „Das Yoga-Programm für die Wechseljahre“ (Schlütersche) unter anderem die für Yoga typischen Themenkomplexe Beweglichkeit und Geschmeidigkeit, Knochen und Kraft sowie vegetative Harmonie. Und auch sie rät: „Beginnen Sie langsam und behutsam mit dem Üben und führen Sie die Übungen ganz im Yoga-Stil aus, also mit Bewusstheit, mit Achtsamkeit und Aufmerksamkeit.“ Denn: Es geht nicht um olympisches Gold oder jene Leistungsgedanken, die Arbeit und Alltag ohnehin oftmals bestimmen, sondern vielmehr um Lebensfreude und innere Balance.

Autorin: lin

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