Foto: Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein

Interview mit Patricia Drube

Sommer der Pflegekammern

Die neue Präsidentin der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein Patricia Drube spricht über ihre Ziele und über die Situation und das Ansehen der Altenpflege.

Mit Patricia Drube steht erstmals eine Frau an der Spitze einer Pflegeberufekammer – und das ist gut so, schließlich sind rund 80 Prozent der Pflegefachpersonen in Deutschland weiblich. Im Interview verrät die examinierte Altenpflegerin, was sie als Erstes anpacken will und warum die jüngsten Entwicklungen bei der Pflegeberufereform aus ihrer Sicht eine Degradierung der Altenpflege darstellen. Das Gespräch erschien erstmals auf pflegekammer-interaktiv.

Frau Drube, Sie sind die Präsidentin der kürzlich gewählten Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein. Wie haben Sie die ersten Wochen im Amt erlebt?

Es herrscht eine echte Aufbruchsstimmung. Ich treffe eine Menge Kolleginnen und Kollegen, die etwas bewegen wollen. Natürlich habe ich auch sehr viel zu tun, aber das war auch schon vorher so, als ich mich im Errichtungsausschuss engagierte.

Welches sind die zentralen Themen, die die Pflegeberufekammer in Schleswig-Holstein als Erstes anpacken will?

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Zunächst einmal brauchen wir Zeit, um die Pflegeberufekammer zu konstituieren. Dafür rechne ich mindestens ein halbes Jahr. Relativ zeitnah müssen wir außerdem eine Bestandsaufnahme unseres Potenzials machen – also ermitteln, wie die demografische Struktur der Pflegenden in Schleswig-Holstein ist. Im Anschluss wird es vor allem darum gehen, die Rahmenbedingungen für eine qualifizierte und sichere Patientenversorgung zu schaffen: Personalschlüssel, Personalbemessung und Mindestpersonalgrenzen sind hier die Stichworte. Und auch die Darstellung unseres Berufes nach außen ist mir ein wichtiges Anliegen.

Ein aktuelles Thema, das derzeit die Gemüter erregt, ist die Pflegeberufereform. Hier hat sich die große Koalition grade darüber verständigt, in der Ausbildung die Anforderungen für künftige Altenpflegerinnen und Altenpfleger weniger stark anzuheben als ursprünglich geplant. Wie stehen Sie dazu?

Ich finde das einen Skandal! Damit attestiert man Altenpflegerinnen und Altenpflegern per se eine geringere Intelligenz und Bildungsfähigkeit. Gerade in der stationären und ambulanten Altenhilfe sind hohe fachliche Kompetenzen und eigenständiges Entscheiden und Handeln gefragt. Ich kann nicht eben mal einen ärztlichen Kollegen zu Rate ziehen. Ich muss in der Lage sein, eine Situation sicher einzuschätzen und fachlich richtig zu handeln. Wer diesen anspruchsvollen Beruf ausüben soll, muss auch auf einem entsprechenden Niveau ausgebildet und geprüft werden. Für Zielgruppen, denen diese Ausbildung zu anspruchsvoll ist, eignet sich die Pflegeassistenzausbildung.

Sie selbst sind examinierte Altenpflegerin. Wie hat Sie das geprägt?

Ich identifiziere mich sehr stark mit diesem Beruf. Einige der Menschen, die ich vor langer Zeit versorgt habe, sehe ich noch heute vor mir. Das waren beeindruckende Persönlichkeiten. Ich habe sehr viel gelernt über Respekt – etwa, wenn ich das, was ich für richtig hielt, mit dem in Einklang bringen musste, was ein Bewohner für sich entschieden hat. Letztlich hat mich das auch in meinem berufspolitischen Engagement geprägt. Ich streite für meine Ideen, will andere überzeugen – aber ich habe nicht den Anspruch auf die alleinige Weisheit.

Als Präsidentin der Pflegeberufekammer repräsentieren Sie alle Pflegenden in Schleswig-Holstein. Fällt es Ihnen schwer, sich in die anderen Bereiche hineinzuversetzen?

Überhaupt nicht. Seit ich kurz nach der Ausbildung begann, mich im DBfK (Anm. d. Red.: Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe) zu engagieren, habe ich alle Pflegeberufe als eine Profession verstanden. Ich sehe eher das, was uns miteinander verbindet, als das, was uns unterscheidet.

Schleswig-Holstein ist nach Rheinland-Pfalz das zweite Land, das eine Pflegekammer gegründet hat, bald kommt Niedersachsen hinzu. Haben Sie vor, zusammen zu arbeiten?

Einen regelmäßigen Austausch und gemeinsame Arbeitsgruppen finde ich absolut sinnvoll. Vor allem im Bereich der Fort- und Weiterbildungsordnungen sollten wir uns eng abstimmen, damit wir die Qualifikationen gegenseitig anerkennen können und unsere Mitglieder mobil sind. Wichtig ist auch, bei bundespolitischen Forderungen mit einer Stimme zu sprechen.

Wie unterscheidet sich die Pflege in Schleswig-Holstein von der in anderen Bundesländern?

Der Anteil der alternden Bevölkerung im ländlichen Raum ist ziemlich hoch. Hier müssen wir aufpassen, dass sich die Versorgungskonzepte nicht ausschließlich auf die Ärzte konzentrieren – denn dann würde mit der Pflege ein zentraler Player in diesem Gefüge fehlen. Uns ist in diesem Zusammenhang die Ausstattung der Pflege mit zusätzlichen Kompetenzen ein Anliegen. Die Ärztekammer hat aber auch schon signalisiert, dass sie zügig mit uns ins Gespräch kommen will.

Vielen Dank für das Gespräch!

Patricia Drube

Patricia Drube, Jahrgang 1970, begann nach dem Abitur im Jahr 1989 die berufsbegleitende Ausbildung zur Altenpflegerin. 1993 legte sie ihr Examen ab und arbeitete anschließend bei einem privaten Träger der Altenhilfe. Sie absolvierte ein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Fernuniversität Hagen und wechselte 2008 zum Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK), wo sie noch heute (mit reduzierter Stundenanzahl) als Referentin tätig ist. Seit 2018 ist sie Präsidentin der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein. Die 47-Jährige hat zwei erwachsene Kinder und lebt gemeinsam mit ihrem Mann in Lübeck.

Autorin: Kati Borngräber

Foto: Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein

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