Täglich landen in der Zentraldirektion der Hamburger Polizei Anzeigen auf dem Tisch, in denen es um Betrüger geht, die vor allem ältere Menschen um Geld oder Wertgegenstände wie Schmuck bringen wollen. Drei verschiedene Betrugsansätze hat Sachbearbeiter Martin Bloch dabei als besonders gewinnbringend kategorisiert:
- das Vortäuschen einer Notlage
- das Vortäuschen einer offiziellen Funktion
- das Vortäuschen einer Verwandtschaftsbeziehung zum Opfer.
Meist beginnt es mit einem Anruf. Und daraus hat Martin Ploch seine „Erfolgs“-Statistik erstellt: „Wenn wir die Handy-Verbindungsdaten von Tätern auswerten, dann sehen wir, dass die Anrufer rund hundert Fehlversuche benötigen, bevor eine Person auf den Anruf hereinfällt. Die meisten vollendeten Taten haben wir bei Menschen, die älter als 80 Jahre sind.“
Wir haben die „beliebtesten“ Tricks aufgelistet, um potenzielle Opfer, Pflegekräfte in der Altenpflege und Angehörige wachsam zu machen und weiteren Betrug einzudämmen:
Jobportal pflegen-online.de empfiehlt:
1. Pflegeleistungs-Trick
Hier werden ganz gezielt pflegebedürftige Personen angerufen. Unter dem Vorwand, dass noch nicht alle Pflegeleistungen ausgeschöpft seien, werden persönliche Daten und Sozialdaten wie Versichertennummer und Leistungsdaten abgefragt. Und danach geht es ans Geld: den Angerufenen wird das Angebot unterbreitet, direkt am Telefon einen Liefervertrag für ein Hilfsmittelpaket abzuschließen. Dieses Paket sei günstiger als der Vertrag über die örtliche Apotheke. Teilweise werden sogar persönliche Vor-Ort-Termine vorgeschlagen, um „alles Weitere“ zu besprechen.
2. Beratungstrick
Schon seit einiger Zeit versucht ein „Pflegeservice Smart“ mit Sitz in der Schweiz, Pflegebedürftige Senioren einen Beratungsvertrag aufzuschwatzen, der ihnen helfen soll, die ihnen zustehenden Leistungen der Pflegekasse zu beantragen oder zu erhalten. Erhalten tun sie aber nur eine Rechnung über 129 Euro. Besonders clever: Wer der Rechnung der Schweizer widerspricht, bekommt dies umgehend bestätigt. „Damit umgeht der Pflegeservice Smart eine mögliche Klage“, erklärt Reinhard Leopold vom BIVA-Pflegeschutzbund. „Wahrscheinlich verdienen sie sich schon mit den Senioren, die zahlen, eine goldene Nase.“
3. Enkeltrick
Der Uralt-Trick. Ein vermeintlicher Enkel – inzwischen aber auch immer öfter eine Enkelin – rufen bei älteren Menschen an, erzählen ihnen eine abenteuerliche Geschichte, um dann nach finanzieller Unterstützung zu fragen. Um Zweifel bezüglich der „veränderten“ Stimme des Enkels auszuräumen, geben die „Enkel“ gerne vor, an einer Erkältung oder an Halsbeschwerden zu leiden. Wenn die Seniorin dann anbeißt, wird ein vorübergehender finanzieller Bedarf aufgrund einer dringenden Angelegenheit oder Notlage vorgespiegelt. Zum Beispiel wird akut Geld für einen Autokauf oder für eine Immobilie benötigt. Der Anrufer und der Abholer des Geldes sind in der Regel verschiedene Personen. Der „Enkel“ erzählt dem Opfer, dass er selbst nicht kommen könne und einen Bekannten oder Boten schicken würde, dem das Geld übergeben werden soll. „Der geforderte Geldbetrag liegt in der Regel zwischen 4.000 und 10.000 Euro“, so die Polizei Hamburg.
4. Polizisten-Trick
Der Enkeltrick wird mittlerweile verstärkt vom falschen Polizeibeamten abgelöst. Da ruft ein angeblicher Polizist an, auf dem Display des Telefons erscheint dabei die Rufnummer „110“ als gefälschte Anruferkennung. Der angebliche Polizist behauptet, in der Nachbarschaft wäre eingebrochen und die Einbrecher gefasst worden. Bei den Einbrechern sei eine Liste gefunden worden mit Adressen, wo die Diebe zuschlagen wollten. Auch der Name des Angerufenen stehe darauf. Der falsche Polizist bietet dann an, die Wohnung zu überprüfen, um Wertsachen sicherzustellen.
5. Banken-Trick
Hier ruft ein angeblicher Bankmitarbeiter an und möchte das Konto auf Unregelmäßigkeiten überprüfen. Dazu brauche er Kontonummer und Geheimzahlen. Ganz dreiste Betrüger kommen sogar vorbei und holen die Bankkarte ab. Die Betrüger bedienen sich dann am gesparten Geld der Betrogenen.
6. Kaffeefahrten-Trick
Verkaufsfahrten in die nähere Umgebung mit Kaffee und Kuchen für wenig Geld und Heizdecken für sehr viel mehr Geld ist ein Longseller. Aber er funktioniert immer noch: Fünf Millionen Deutsche nehmen nach Schätzung des ADAC jährlich an Busfahrten mit Verkaufsveranstaltung teil. Die Veranstalter machen dabei einen Umsatz von geschätzt rund 500 Millionen Euro pro Jahr. Verkauft werden dabei in der Regel Produkte, „die meist minderwertig, oft sinnlos, fast immer zu teuer und in manchen Fällen sogar gesundheitsgefährdend sind“, wie das ZDF bei einer Recherche herausfand. Der Gesetzgeber hat inzwischen ein paar Leitplanken für diese Verkaufsfahrten eingezogen: So ist seit Juni 2022 der Verkauf von Medizinprodukten und Finanzdienstleistungen verboten.
7. Gewinnspiel-Trick
„Sie haben bei unserem Lotto gewonnen“, lautet die frohe Botschaft am Telefon. Aber vor der Auszahlung müssten noch Steuern und Gebühren gezahlt werden. Die Täter geben klare Zahlungsanweisungen, besonders beliebt sind anonyme Bezahlverfahren. Vom Lotto-Gewinn sehen die Betrogenen keinen Cent. „Gerade derjenige, der sich auf ein Gespräch einlässt beim ersten Telefonat und nicht eindeutig sagt, dass diese Anrufe zu unterlassen seien, tappt schnell in die Falle und wird gezielt wieder angerufen“, sagt Hannelore Brecht-Kaul von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Zeigt sich der Angerufene hingegen kritisch, drohen die Täter nicht selten mit Konsequenzen wie einer Strafanzeige, sollte die geforderte Zahlung ausbleiben.
8. Abo-Trick
Auch beliebt ist diese Betrugsmasche, vor der die Verbraucherzentralen warnen: Da werden ältere Menschen angerufen und ihnen zum Beispiel ein Reisegutschein für eine Flugreise versprochen. Allerdings müsse vorher ein Zeitschriften-Abo abgeschlossen werden. Wer nicht verreisen möchte, könne den Gutschein dann im Reisebüro gegen Bargeld umtauschen. Dem ist am Ende natürlich nicht so. Das Abo der Zeitschrift hat man trotzdem am Hals.
9. Treppenlift-Trick
Um das Hilfsmittel Treppenlifte tummeln sich Betrüger, die die fehlenden Kenntnisse und Naivität älterer Menschen schamlos ausnutzen. Da werden überteuerte Treppenlifte angeboten oder gebrauchte als neu verkauft. Oder erst einmal eine Anzahlung verlangt. Wenn die gezahlt wurde, hört man oft nichts mehr von den Verkäufern.
Betrüger agieren geschickt an Angehörigen und Pflegekräften vorbei
Dass ältere Menschen immer wieder mit diesen Tricks betrogen und ausgenommen werden, hängt auch mit den fehlenden Schutzmechanismen zusammen. „Wie kommen die Betrüger an die Telefonnummern? Und wie können diese dann pflegebedürftigen oder auch dementen Seniorinnen zugeordnet werden?“, fragt sich Reinhard Leopold. Hier fordert er mehr präventiven Einsatz von Polizei und Justiz, auch wenn sich dort in den letzten Jahren schon einiges zum positiven verändert habe. „Das Thema ist schon angekommen“.
Angehörige und Pflegekräften kann er nur empfehlen sich für dieses Thema zu sensibilisieren und „ein Auge drauf zu haben.“ Denn geschickte Betrüger wissen, wie man Angehörige und Pflegekräfte ausschaltet: „Die sorgen schon dafür, dass die nichts mitkriegen.“
Autor: Hans-Georg Sausse