Natürlich gibt es große Krankenhäuser, die inzwischen mit großen hauseigenen Springer-Pools arbeiten und bei Krankheitsausfällen auf Station schnell Ersatz schicken können. Doch für kleinere Krankenhäuser ist viele Pflegeheime sind Pools keine Lösung. Trotzdem gibt es Möglichkeiten, die Situation erträglicher zu gestalten. Dominik Bruch, einst Krankenpfleger und heute Berater, hätte da eine Idee. Ein Gastbeitrag:
Jede Leitung eines Wohnbereiches, einer Station, einer Tagespflege oder eines ambulanten Dienstes kennt die Situation: Eine Kollegin oder ein Kollege melden sich kurzfristig krank, es muss Ersatz gefunden werden. Nun werden ein paar Pflegekräfte angerufen. Doch das Ergebnis ist fast immer das gleiche: Es gibt Kollegen, die ohne (oder nach kurzem) Murren einspringen und dann solche, welche nicht bereit sind, zusätzliche Dienste zu übernehmen. Mancher meint, die unterschiedliche Reaktion sei eine Frage der Generationen: „Die Generationen Y und Z wollen halt eine bessere Work-Life-Balance. Das muss man schon verstehen!“
Das Pflicht-Argument fruchtet bei der Generation Y nicht
Das klingt nach einem Vorurteil, in der Tendenz trifft es aber oft zu: Vertreterinnen aus der Babyboomer-Generation hatten als Berufsanfänger stärkeren Konkurrenzdruck, es gab einfach so viele junge Leute, die Arbeit und Ausbildungs- und Studienplätze suchten: In der ersten Hälfte der 80er Jahre war es beispielsweise gar nicht leicht, einen Ausbildungsplatz in der Krankenpflege zu bekommen, auch sind nicht alle Klinikträger auf den Wunsch nach Teilzeit eingegangen. Auch sind die Babyboomer noch mehr an starre Vorgaben am Arbeitsplatz gewöhnt.
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Das alles führt dazu, dass sich die Babyboomer eher nach den Wünschen ihrer Arbeitgeber richten – und eben auch eher bereit sind einzuspringen, wenn sie gerufen werden. Pflegekräfte Ende 30 oder jünger (Generation Y und Generation Z) hingegen zählen zu den geburtenschwache Jahrgängen und sind deshalb als Arbeitskräfte begehrt. Es ist für sie naheliegend, das eigene Leben in den Vordergrund zu stellen. Das Pflicht-Argument fruchtet bei ihnen also wenig.
Das Fairness-Argument verstehen alle
Es ist aber auch keine Lösung, dass immer nur diejenigen einspringen, die sich aus Pflichtgefühl sofort bereit erklären. Mit dem Argument der Fairness aber sind meistens alle Team-Mitglieder zu überzeugen. Auch der Generation Y und Z leuchtet ein, dass es nicht fair ist, wenn insbesondere die ältere Generation immer einspringt. Mit diesem Argument kommen Führungskräfte in der Regel weiter.
Wichtig: Einspringen darf keine böse Überraschung sein
Schauen wir uns zunächst die wohlbekannte Ausgangslage an: Arbeitsanrufe stören an freien Tagen, insbesondere, wenn es ums Einspringen geht. Das führt dazu, dass spontane Dienste abgelehnt oder Anrufe gar nicht beantwortet werden. Allerdings: Wer sich auf ein eventuelles Einspringen vorbereiten kann, ist eher bereit, dies auch tatsächlich zu tun. Dieser Umstand lässt sich gut nutzen, indem die Leitung „Einspringdienste“ plant. In diesen Diensten kann den Einspringdienst eingeplante Pflegekraft ihren privaten Interessen nachgehen, sie sollte lediglich telefonisch erreichbar und dann rasch einsetzbar sein – ähnlich der Rufbereitschaft.
Der Unterschied zwischen der klassischen Rufbereitschaft (ständige Erreichbarkeit für Vorgesetzte Kolleginnen) und der „Einspringdienste“ ist, dass die Pflegekraft nur bei Krankheit einer Kollegin oder eines Kollegen einspringen muss. Diese Regelung funktioniert insbesondere dann sehr gut, wenn klar ist, dass an allen anderen Tagen das Telefon stillsteht und man nicht angerufen wird. Es empfiehlt sich dabei, die „Einspringdienste“ gesondert im Dienstplan zu vermerken – und zwar für jeden Tag, vor allem auch für besonders ausfallsensible Zeiten wie etwa Wochenenden.
Einspringdienst ähnlich wie Bereitschaftsdienst
Stationsleitungen und Pflegedienstleitungen, die diese Einspringdienste schon erprobt haben, berichten häufig, dass so die Ausfallzeiten fairer verteilt werden und die Stimmung im Team sich verbessert. Auch fühlen die Führungskräfte sich durch diese Art Sicherheitsnetz entlastet. Eine Entlohnung in Form von Sachgeschenken oder Bereitschaftspauschalen ist natürlich denkbar.
Sicherlich sind solche Einspringdienste nicht auf jeder Station oder in jedem ambulanten Dienst möglich. Wer So werden Führungskräfte, die überwiegend mit Vollzeitkräften oder mit einem kleinen Team arbeitet, ihre Mitarbeiter kaum für derartige Dienste zusätzlich verplanen können. Vor allem, weil weiterhin Ruhezeiten eingehalten werden müssen. In der Pflege besteht jedoch ein großer Teil der Teams aus Teilzeitangestellten (ob freiwillig oder vorgegeben freiwillig soll hier nicht diskutiert werden). Teilzeitkräfte haben logischerweise weniger Tage verplant und könnten somit zusätzlich wenige Dienste als „Einspringdienste“ erhalten.
Teilzeitkräfte für Einspringdienste gut geeignet
Ein Rechenbeispiel: Eine Person mit einer 50 Prozent-Stelle (83,5 Monatsstunden) wird pro Monat mit zehn Diensten verplant (insgesamt 77 Stunden). Hier bleibe sowohl von der vertraglichen Arbeitszeit als auch von den Arbeitstagen ausreichend Kapazität, um die Bereitschaftsdienste unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben zu verplanen. Wenn es dann tatsächlich zu einem Einsatz und damit zu Überstunden kommt, ist natürlich schnell der Freizeit- oder finanzielle Ausgleich zu klären.
Autor: Dominik Bruch