„Warum machst du eigentlich keine Kur, Anja?“, wurde sie von einer Kollegin gefragt. Das war der Auslöser. Die Krankenschwester Anja Mahler (Name geändert) ging zu ihrem Hausarzt, der einen Antrag einreichte. Nach nur knapp zwei Wochen hatte die Deutsche Rentenversicherung eine ambulante Rehabilitation genehmigt.
Man muss nicht schwer krank sein
Seit zwei Jahren hatte Anja Mahler immer mal wieder Rückenschmerzen. Zu der beruflichen Belastung als Pflegefachkraft für Anästhesie kam eine private hinzu: Ihr Mann erkrankte an Krebs, sie pflegte ihn bis zu seinem Tod. „Ich hatte einfach zu viel Druck und das Gefühl, es nicht mehr alleine hinzubekommen.“ Ihr Beispiel zeigt: Man muss nicht erst schwer krank werden, um eine Vorsorgekur oder Reha-Maßnahme zu beantragen.
Bei anhaltender Erschöpfung: Vorsorgekur
„Auf Kur gehen“ – das klingt altmodisch, ist aber nach wie vor im Sozialgesetzbuch verankert. Dabei unterscheidet der Gesetzgeber zwischen einer Vorsorgekur und einer Rehabilitation. „Eine Vorsorgekur ist eine präventive Maßnahme und soll die Gesundheit erhalten“, erklärt Brigitte Goertz-Meissner, Präsidentin des Deutschen Heilbäderverbandes e.V. Sie rät jeder Pflegekraft, die sich anhaltend erschöpft fühlt, sich eine Kur verschreiben zu lassen, um Schlimmeres zu verhindern. Auch Menschen, die an einer chronischen Krankheit leiden, wie etwa Rheuma oder Asthma, können auf Kur fahren, um beispielsweise mit Hilfe von Thermalbädern oder Reizklima für eine ganze Weile ihre Beschwerden zu lindern.
Vorsorgekur: Die Kasse zahlt die Behandlung
In der Regel läuft eine Vorsorgekur ambulant ab: Das heißt in diesem Fall aber nicht, dass Sie zu Hause bleiben. Sie fahren in einen anerkannten Kurort, doch wohnen dort nicht in einer Klinik. Die Unterkunft suchen Sie sich selbst aus und zahlen dafür auch selbst. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für den Kurarzt und 90 Prozent der Kurmittel. Und können sogar noch einen Zuschuss von bis zu 16 Euro pro Tag gewähren.
Reha: Auch ohne vorhergehende OP möglich
Eine Rehabilitation ist als Nachsorge gedacht. „Nach einer akuten medizinischen Behandlung, etwa bei Schlaganfall, Herzinfarkt oder nach Einsatz einer Knieprothese, hat die Rehabilitation in einer Reha-Klinik zum Ziel, wieder auf die Beine zu kommen und bleibende Behinderungen möglichst zu vermeiden“, sagt Goertz-Meissner. Ein Aufenthalt in einem Krankenhaus muss einer Rehabilitation jedoch nicht unbedingt vorausgehen. Vielleicht stecken Sie gerade in einer sehr belastenden Lebensphase, wie Krankenschwester Anja Mahler.
Rentenversicherer zahlt Reha fast vollständig
Bei der Rehabilitation geht es darum, die Arbeitskraft wiederherzustellen und eine Frühverrentung zu vermeiden, deshalb zahlt bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Deutsche Rentenversicherung. Sie übernimmt die Kosten vollständig bis auf eine Eigenbeteiligung von 10 Euro pro Tag.
Ganz unkompliziert: Statt zur Arbeit morgens zur Reha radeln
Weil sie körperlich oder psychisch nicht so stark beeinträchtigt war, kam für Anja Mahler eine ambulante Rehabilitation in Frage. Täglich radelte sie in die Reha-Einrichtung an ihrem Wohnort, wo sie eine ganze Palette von Therapien erwartet hat: Physiotherapie, Massagen, Bewegungsbäder, funktionelles Rückentraining, Gymnastik, Entspannungsübungen, Vorträge und Einzelgespräche mit einer Psychologin. „Dieses Gesamtpaket hat mir gut getan“, berichtet die Anästhesie-Schwester. Die Schmerzen sind zurückgegangen, sie fühlt sich körperlich und psychisch wieder stabiler. Ihr war es lieber, dass sie während der Rehabilitation zu Hause bleiben konnte, auch weil sie ihren Sohn nicht alleine lassen wollte.
Anja Mahler macht jetzt Reha-Sport und Nordic-Walking
Eine Kur in einem der 350 staatlich anerkannten Heilbäder und Kurorte hat andere Vorteile: „Thermalwasser, Heilgase, Moor, Fango, Lehm, Kreide oder die gute Luft in den Bergen oder an der See – diese natürlichen, ortsgebundenen Heilmittel tragen mit zur Genesung bei“, betont Goertz-Meissner. Die Auszeit vom Alltag bietet auch die Chance, Veränderungen in Angriff zu nehmen, etwa sich anders zu ernähren oder mehr zu bewegen. Anja Mahler hat schon die ambulante Variante motiviert: „Ich gehe jetzt zweimal die Woche zum Rehasport, treffe mich mit einer Freundin zum Nordic Walking und habe mir einen Pezzi-Ball gekauft, um zu Hause meine Übungen zu machen.“
Autorin: Anke Nolte
Foto: everettovrk - stock.adobe.com