Dass Rauchen die Gesundheit gefährdet, weiß eigentlich jeder. Doch viele Folgekrankheiten treten erst nach jahrelangem Konsum auf, deshalb können Raucher das Risiko erstmal verdrängen. Mit Covid-19 ist die Gefahr aber akut geworden: Raucher haben ein doppelt so hohes Risiko, einen schweren Verlauf zu entwickeln wie Nichtraucher. Das zeigt eine aktuelle Übersichtsarbeit aus China. Noch dazu infizieren Raucher sich offenbar auch häufiger mit dem Corona-Virus. Jetzt in der Corona-Pandemie lohnt es sich also doppelt, mit dem Rauchen aufzuhören!
20 Prozent aller Raucher bekommen COPD
Rauchen steigert das Risiko für eine Vielzahl von Folgeerkrankungen, die auch ohne Covid-19 letztlich tödlich verlaufen. Jeder fünfte langjährige Raucher erkrankt beispielsweise an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD). Diese ist eines der Hauptrisiken für einen schweren Verlauf von Covid-19: das Risiko beträgt das 4,3-fache von Patienten ohne Vorerkrankungen, wie die Übersichtsarbeit berechnet hat.
Doch auch Raucher, die noch keine Folgeerkrankungen entwickelt haben, sind offenbar stärker gefährdet. Rauchen ist quasi ein selbst gemachter Risikofaktor.
Chinesische Metastudie: Raucher haben doppelt so häufig schweren Covid-Verlauf
Für die Übersichtsarbeit haben die Forscher mehrerer chinesischer Universitäten 11 hochwertige Studien mit insgesamt 2.002 Covid-19-Fällen ausgewertet. Sie zeigen: Raucher haben rund doppelt so oft einen schweren Verlauf der Krankheit wie Nichtraucher. Andere Übersichtsarbeiten bestätigen das. Forscher der Universitäten San Francisco und Bangkok untersuchten 11.590 Covid-19-Fälle. 29,8 Prozent der Raucher zeigten dabei einen schweren Verlauf, aber nur 17,6 Prozent der Nichtraucher.
Raucher infizieren sich offenbar auch leichter
Hinzu kommt, dass sich Raucher offenbar auch leichter mit dem Virus infizieren. Eine Studie aus den USA befragte 4.500 junge Menschen im Alter von 13 bis 24 Jahren nach ihrem Gebrauch von Zigaretten und E-Zigaretten und einer Corona-Infektion. Ergebnis: Unter denjenigen, die sowohl Zigaretten als auch E-Zigaretten konsumierten, hatte sich fast sieben Mal so viele mit Corona infiziert wie in der Gruppe der Nichtraucher. Andere Einflussgrößen wie soziale Schicht oder Körpergewicht wurden dabei kontrolliert, also rechnerisch ausgeschlossen.
Rauchen öffnet Corona-Virus die Tür
Für die höhere Infektionsrate gibt es sogar eine Erklärung auf Zell-Ebene. Rauchen aktiviert offenbar den Rezeptor des Enzyms ACE-2, haben US-amerikanische Forscher herausgefunden. Genau diesen nutzt auch das Virus, um in die Zelle einzudringen und dort seine zerstörerische Wirkung zu entfalten. Man könnte also sagen: Rauchen öffnet dem Angreifer die Tür. Oder wie es die Forscher ausdrücken: „Rauchen und Covid-19, das ist wie Öl ins Feuer gießen.“
WHO empfiehlt, sofort mit dem Rauchen aufzuhören
Kaum Belege gibt es hingegen für die immer mal wieder geäußerte Vermutung, dass Rauchen irgendwie vor Covid-19 schützen könnte. Diese beruhte meist nur auf der Beobachtung weniger Patienten. Betrachtet man größere Gruppen – was in der Forschung Standard ist – zeigt sich das oben geschilderte höhere Risiko für einen schwereren Verlauf.
Der Tabakindustrie aber kam diese falsche Vermutung natürlich sehr zupass. Sie hat auch während der Pandemie in vielen Ländern Versuche unternommen, ihr Image zu verbessern. Etwa, indem Tabakkonzerne Hallen für medizinisches Material zur Verfügung stellten. Oder Spenden an soziale Projekte übergaben. Auch die Forschung zu Covid-19 will man angeblich fördern.
Die WHO hingegen nimmt die Pandemie zum Anlass, auf die Gefahren des Rauchens hinzuweisen. „Wir empfehlen Rauchern, sofort Schritte zu unternehmen, um aufzuhören.“ Verwiesen wird dabei unter anderem auf Nikotinersatz-Therapie und Hotlines.
[Wie kann ein Rauchstopp gelingen? Lesen Sie dazu unseren Artikel Mit dem Rauchen aufhören – 13 Tipps, die Ihnen helfen]
Kurzatmigkeit bessert sich schon ein bis neun Monate nach Rauchstopp
Die gute Nachricht: Der Körper dankt es sofort. 20 Minuten nach der letzten Zigarette sinkt der erhöhte Blutdruck und die Herzfrequenz. Nach 12 Stunden normalisiert sich der Kohlenmonoxidspiegel im Blut. Nach 2 bis 12 Wochen verbessern sich Lungenfunktion und Blutkreislauf. Nach 1 bis 9 Monaten lassen Husten und Kurzatmigkeit nach. Nach 10 Jahren ist das Risiko für Lungenkrebs nur noch halb so groß, als wenn man weiter geraucht hätte. Also wann aufhören, wenn nicht jetzt?
Studien
Zhao Q et al. J Med Virol. 2020 May 17. https://dx.doi.org/10.1002%2Fjmv.25889
Patanavanich R et al. Nicotine Tob Res. 2020 Sep; 22(9): 1653–1656. https://dx.doi.org/10.1093%2Fntr%2Fntaa082
Gaiha SM et al. J Adolesc Health. 2020 Oct; 67(4): 519–523. https://dx.doi.org/10.1016%2Fj.jadohealth.2020.07.002
Kashyap VK et al. Int J Mol Sci. 2020 Sep; 21(18): 6581. https://dx.doi.org/10.3390%2Fijms21186581
Autorin: Heike Dierbach