pflegen-online: Frau Kämmer, die MDK-Noten gehen, das neue Prüfverfahren kommt. Jetzt wird dem Fachgespräch zwischen Prüfern und Pflegefachpersonen in den Einrichtungen ein ebenso hoher Stellenwert eingeräumt, wie der schriftlichen Dokumentation. Was wird künftig die zentrale Aufgabe der Pflegefachkräfte vor und bei einer Prüfung sein?
Die Pflegefachperson muss dem Prüfer die Sachlage erläutern können, Dokumentationsschwächen offen kommunizieren, die Qualitätsprüfungsrichtlinien (QPR) gut kennen und immer wieder die Frage stellen: „Wo steht das?“, um Wildwuchs in den Prüfungsschwerpunkten einzudämmen.
Dazu müssen die Pflegefachkräfte, die die Prüfung begleiten, wirklich das Verfahren und vor allem die Anlage 4 der QPR im Detail kennen. Keine besonders „fluffige“ Literatur, aber zentral, wenn wir verhindern wollen, dass sich aus Prüfungen immer wieder neue Zusatzformulare und Checklisten ergeben.
Ebenfalls sehr wichtig: Die Mitarbeiter, die das Fachgespräch führen, müssen argumentativ und fachlich fit sein, vor allem im Umgang mit den Risiken und der Umsetzung der Expertenstandards. Sie sollten gut trainiert sein, um ein möglichst souveränes und reflektiertes Auftreten zu haben, damit sie mit dem Prüfer angemessen auf fachlicher Augenhöhe kommunizieren können.
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Wird sich die Dokumentation verändern, möglicherweise auch weniger Zeit beanspruchen?
Das hängt davon ab, wie systematisch und präzise die Dokumentation geführt ist, insbesondere, wie aussagefähig die pflegerischen Handlungsanleitungen in der Tagesstruktur beziehungsweise in den Pflegeplänen sind. Je präziser und fachlicher sie auch den Hinweis auf die BI-Kriterien (Begutachtungsinstrumente zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit) zulassen, umso weniger Vor- und Nachbereitungsarbeit für die Begutachtungen und die QI-Erfassung fällt an.
Was, glauben Sie, sind jetzt die größten Herausforderungen für Pflegedienstleitungen und das Team?
Kluge Kompetenzanalyse und Potenzialnutzung sind die Erfolgsrezepte. Hier verfügen wir über praktische Instrumente. Je bunter die Teams werden, umso wichtiger ist das Bewusstsein, dass jeder zum Erfolg beitragen kann und soll. Das Wichtigste ist, im eigenen Haus und ganz realistisch, die richtigen Menschen für die richtigen Aufgaben zu finden. Das ganze Team sollte verstärkt zu einem Unterstützungsnetzwerk geformt werden, in dem jeder seine Rolle hat, seine Stärken einbringen kann. Arbeitsteilung auf Augenhöhe ist Trumpf. Pflegehelfer sind als fachliche Unterstützung in der Beobachtung gefragt. Klar ist, dass nicht jede Bezugspflegefachkraft geeignet ist, den Pflegeprozess, die QI-Eingabe oder das Fachgespräch zu übernehmen.
Beispielsweise kümmert sie sich als Pflegefachkraft vollumfänglich um Bedürfnisse und Bedarfe von Menschen, sie plant und steuert, reflektiert und spricht, leistet Pflege und leitet andere im Pflegeprozess an. Das heißt nicht, dass es ihre Begabung sein muss, diesen auch strukturiert zu Papier zu bringen.
Wenn jemand den Prozess der Ergebniserfassung und QI-Eingabe vorbereitet und durchzieht, benötigt er absolut sicheres Wissen im Begutachtungsinstrument und in den QI (Qualitätsindikatoren). Die Person wertet bestehende Dokus aus und führt kollegiale Beratungen zur Prozessqualität im Hinblick auf BI/QI durch – bis hin zur Durchführung von Doku-Visiten im Rahmen von Kreuzprüfungen.
Klar ist: Sie muss Freude daran haben, im Detail zu reflektieren, genau zu lesen, präzise zu formulieren, mit EDV umzugehen und Daten einzugeben. Auch hier können detail- und fachbegabte Helfer unterstützen! Die Personen, die mit in die externe Prüfung gehen, sind fachlich fit und argumentativ stark.
Natürlich mischen sich im Alltag die Funktionen, aber Hinschauen und richtiges Einsetzen der Begabungen entscheiden in unseren Zeiten über den Erfolg.
Und was, Frau Kämmer, muss wirklich jeder über die neuen Qualitätsindikatoren wissen?
Informieren Sie sich auf der Seite des AQUA-Institutes (Kurzfassung Abschlussbericht), dort sind viele Fragen sehr gut erklärt. Nehmen Sie auch an Probeprüfungen teil. Ein Drittel der einzugebenden Informationen hat eng mit den Expertenstandards zu tun. Nutzen Sie die nächsten Monate, um hier das vorhandene Wissen zu aktualisieren. Einige Expertenstandards liegen in überarbeiteter Fassung vor. Prüfen Sie, ob Sie alles im Blick haben – so wird die Eingabe gelingen.
Zur Person: Karla Kämmer
Die Sozialwissenschaftlerin und Altenpflegerin ist selbstständige Beraterin für Organisation und Pflegemanagement. Außerdem schreibt sie für die Schlüterschen, zuletzt hat sie zusammen mit Jürgen Link „Management in der ambulanten Pflege“ veröffentlicht - hier geht es zu einem Interview mit der Sozialwissenschaftlerin und Organisationsberaterin („Ihre Mitarbeiter laufen davon? Zeit zu reflektieren!“).
Interview: Kerstin Werner
Das Interview erschien zuerst im Magazin der Pflegekammer Rheinland-Pfalz.