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Krankenpflege

Pneumonie-Prophylaxe: 7 wichtige Punkte

Viele Prophylaxen lassen sich gut in den Alltag integrieren und manche entfalten eine noch bessere Wirkung, wenn man sie mit einer guten Portion Detailliebe ausführt   

Eigentlich müssten schon 10. Klässler Pneumonie-Prophylaxe lernen. Schließlich ist die Pneumonie (Lungenentzündung) wohl eine der Krankheiten mit der größten Risikogruppe: Nicht nur immobile und beatmete Patienten, Menschen mit Herzinsuffizienz, akuter Bronchitis, COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) und Schluckstörungen gehören dazu – sondern auch Raucher, Kinder unter vier Jahren und Menschen über 60, Immungeschwächte, Menschen mit schlechtem Zahnstatus und, und, und …

1. Mit Singen und Lachen Pneumonie vorbeugen

Die Risikogruppe ist so unterschiedlich wie es die Prophylaxen sind – einige sind komplex, andere passieren oft so selbstverständlich im Alltag, dass selbst Pflegekräfte sie nicht ausdrücklich als Prophylaxen bezeichnen würden. Dazu gehören Singen, Lachen, Humor: Mit ihnen fördern Sie während der täglichen Grund- und Behandlungspflege (ohne zusätzliche, zeitliche Investition) eine vertiefte Atmung und die ausreichende Belüftung der Lungenflügel des Patienten.

2. Berührung und jede Form Bewegung

Sie helfen bei der Orientierung im Raum und fördern das Körpergefühl, reduzieren aber auch lokale Sekret-Ansammlungen und erleichtern das Abhusten. Auch Berührung und Bewegung lassen sich nahtlos in die Grundpflege integrieren – je nach Zustand des Patienten: Mobilisierung an die Bettkante für eine belebende Rückenwäsche, die die Atmung vertieft; den Patienten  ans Waschbecken begleiten, damit er die Zähne putzen kann; den Patienten dazu anleiten, nach dem Aufstehen, die Arme über den Kopf zu strecken und sich zu dehnen; im Bett die Füße in Richtung Oberkörper anwinkeln lassen – so gibt es unzählige Beispiele, wie einfache Prophylaxen integriert werden können.

3. Rücken Abklopfen mit Bedacht

Beim Abklopfen ist es wichtig, dass Sie die Spannung aus der eigenen Hand nehmen und sie stattdessen wie eine schwingende Feder wirken lassen. Das gelingt mit

  • Ihrer Handkante, indem Sie dabei die Finger leicht spreizen
  • der locker geballten Faust oder
  • der Hohlhand: Hand leicht gewölbt, die Finger, einschließlich Daumen, liegen aneinander

Die Richtung der Abklopf-Bewegungen sollte immer in Richtung Lungenhilus sein: von unten nach oben und von außen nach innen.

Ehe Sie einen Patienten abklopfen, kann es je nach Indikation und ärztlicher Anordnung hilfreich sein, dass er schleimlösende und abschwellende Medikamente inhaliert, etwa bei Bronchitis oder einer obstruktiven Lungenerkrankung.

Achtung: Nach einem frischen Herzinfarkt, bei Schädel-Hirn-Trauma, zerebraler Blutung und stark reduziertem Allgemeinzustand ist das Abklopfen kontraindiziert!

4. Hygieneregeln ernst nehmen

Die Einhaltung der Hygieneregeln kann verhindern, dass Inhalationsgeräte, Beatmungsschläuche, Absaugkatheter, Nasenbrillen/Sterilwasser-Behälter oder Magensonden zur Keimschleuder werden. Gerade bei tracheotomierten und beatmeten Menschen ist die Gefahr einer Hypersekretion mit Keimbildung besonders hoch.

Wichtig ist auch eine professionelle Soor- und Parotitis-Prophylaxe, damit die Schleimhäute im Mundbereich und Respirationstrakt intakt bleiben. Durch konsequente Anwendung können sie dazu beitragen, dass etwa 50 Prozent weniger Pneumonien auftreten. Dies macht eine japanische Studie deutlich.

5. Beim Abhusten unterstützen

Bei COPD, Asthma bronchiale und anderen Erkrankungen, bei denen die Atemwege verengt sein können, besteht das erhöhte Risiko von Schleimhautschäden und Keimansiedlungen – und das kann Pneumonien begünstigen. Deshalb ist es wichtig, dass der Oberkörper beim Abhusten erhöht ist beziehungsweise der Patient aufrecht sitzt. So verringert sich auch die Aspirationsgefahr. In manchen Fällen kann es schon helfen, wenn der Patient aus der Seitenlage heraus und leicht erhöhtem Oberkörper abhusten kann.

Um Nachblutungen, das Reißen der Naht und Schmerzen nach Thorax- oder Bauch-OP zu vermeiden, leiten Sie den Patienten dazu an, beim Abhusten die Wunde mit der flachen Hand zu komprimieren. Ist der Patient selbst dazu nicht in der Lage, können Sie ihn auch dabei unterstützen.

Weil es durch hartes Abhusten zu Mikroblutungen der kleinsten Blutgefäße in der Bronchialschleimhaut kommen kann, ist es gut, wenn der Patient zunächst tief einatmet, sich räuspert oder hüstelt und erst dann abhustet. Bitte tragen Sie Handschuhe und halten Sie Zellstoff oder Taschentücher, eine Nierenschale sowie ein Glas Wasser zum Nachspülen für den Patienten bereit.

6. Begleitung und Assistenz

Werden Patienten mit Schluckstörungen beim Essen angeleitet, kann das zusätzliche unnötige Pneumonien verhindern.

7. Richtige Positionierung immobiler Patienten

Bettlägerige, immobile, gelähmte und hochbetagte Menschen haben neben einem hohen Dekubitus-Risiko auch ein hohes Pneumonie-Risiko. Schließlich verbringen sie viel Zeit in trockener Raumluft, außerdem atmen sie meistens flach. Bei diesen Patienten ist es sinnvoll, konsequent Dekubitus- und Kontrakturprophylaxe zu betreiben – und diese mit einer wirkungsvollen Lagerungstechnik zu verbinden. Einer Lagerungstechnik, bei der die Lungenflügel belüftet und die Atemmuskulatur gedehnt und geweitet wird. So ist die Positionierung im Bett gleichzeitig Pneumonie-Prophylaxe sein.

Wichtig bei allen Lagerungen ist, dass der Patient sie über eine gewisse Dauer tolerieren kann und Wunden und Dekubitus gefährdete Stellen stets freiliegen.

Bewährt hat sich die sogenannte V-A-T-I-Lagerung zur Pneumonie-Prophylaxe, die aus vier Varianten besteht. Sie benötigen dafür zwei schmale Lagerungskissen. So sehen die vier Varianten der V-A-T-I-Lagerung aus:

  • Zur Belüftung und Weitung der oberen Lunge legen Sie zwei Kissen zwischen den Schulterblättern beginnend in Richtung rechte und linke Seite des Darmbeinkamms (A-Lagerung).
  • Bei der Umlagerung wechseln Sie am Besten in die V-Lagerung zur Belüftung der Lungenflanken: Hier legen Sie die beiden Kissen vom Sakralgelenk beginnend in Richtung der beiden Schulterblätter.
  • Zur Belüftung der vorderen Lungenabschnitte eignet sich die T-Lagerung, dabei wird ein Kissen unter die Wirbelsäule gelegt, ein weiteres unter die Schulterblätter.
  • Die I-Lagerung, bei der ein Kissen vom Sakralgelenk bis zu den Schulterblättern unter die Wirbelsäule gelegt wird, unterstützt die seitlichen Lungenabschnitte.

Neben der V-A-T-I-Lagerung ist auch die halbmondförmige Lagerung empfehlen: Damit dehnen Sie die Lunge des Patienten. Eine andere Dehnlagerung ist die Seitenlage der unteren Körperhälfte, bei welcher Kopf und Schulterblätter auf der Unterlage liegen bleiben und der Arm, der bei der Seitenlage unter dem Kopf liegt, hinter dem Kopf abgelegt wird. Das abgelegte Knie kann gegebenenfalls mit einem Kissen unterstützt werden.

Autorin: Melanie Klimmer

 

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