Die Politikerin Elke Twesten nimmt Einfluss – möglicherweise auch auf die politische Zukunft von 70.000 niedersächsischen Pflegefachkräften. Die grüne Landtagsabgeordnete wechselt zur CDU und kippt damit die Mehrheit des rot-grünen Bündnisses. In der Folge wählt Niedersachsen am 15. Oktober ein neues Parlament. Sollten sich mit diesem Tag die politischen Mehrheiten in Niedersachsen verändern, könnte die Arbeit des Errichtungsausschusses der Pflegekammer Niedersachsen ins Stocken geraten oder sogar eingefroren werden. Denn die niedersächsische CDU hält nicht viel von der Idee einer Pflegekammer. Das „Kammergesetz für die Heilberufe in der Pflege“ ist Ende 2016 vom Niedersächsischen Landtag mit den Stimmen von SPD und Grünen und gegen die Stimmen von CDU und FDP beschlossen verabschiedet worden.
pflegen-online.de: Frau Havers, ist die Pflegekammer in Niedersachsen gefährdet, wenn es zu einem Regierungswechsel in Niedersachsen kommen würde? Die niedersächsische CDU hält eine Pflegekammer ja für den falschen Weg, um den Pflegeberuf attraktiver zu machen.
Es kommt auf die Regierungsbildung an, und darüber entscheiden die Wähler. Die aktuellen Umfragewerte von Infratest zeigen, dass die Konstellation der neuen Regierung so oder so knifflig sein wird, da auch eine Koalition aus CDU und FDP laut Umfrage keine eindeutige Mehrheit erreicht. Es ist also alles sehr vage. Uns beschäftigt aber die Aussage der CDU sehr, die gegen eine Pflegekammer ist, beziehungsweise das Gesetz rückgängig machen will. Wir verlieren uns jedoch im Moment nicht in Spekulationen, sondern warten ab, wie die Wahl am 15. Oktober ausgehen wird. Von unserer Seite aus besteht jederzeit Gesprächsbereitschaft in Richtung Politik.
pflegen-online.de: Was erwarten Sie von einer neuen Landesregierung?
Katrin Havers: Wir möchten unsere Arbeit im Sinne der 70.000. niedersächsischen Pflegefachpersonen fortführen. Im Fall der Fälle, also eines Regierungswechsels, wünschen wir uns einen konstruktiven und offenen Austausch. Wir möchten die Gelegenheit haben zu argumentieren, weshalb die Pflegekammer aus unserer Sicht der einzig richtige Weg ist und weiter gegangen werden muss. Für mich ist ganz klar: Die Pflegekammer ist die einzige Möglichkeit, die Weiterentwicklung unseres Berufsstandes als Selbstverwaltung in die Hand zu nehmen. Eine Alternative gibt es nicht.
pflegen-online.de: Frau Havers, haben Sie einen Überblick, wie viele Mitglieder sich aktuell registriert haben?
Katrin Havers: Aktuell sind noch keine Mitglieder registriert, die Vorbereitungen dafür laufen allerdings auf Hochtouren. Uns war es wichtig, im Vorfeld eine gute IT-Struktur zu schaffen. Besonderes Augenmerk haben wir dabei auf die Datensicherheit gelegt, damit die Mitgliederdaten bei der digitalen Übermittlung auch wirklich geschützt sind. Eine weitere Herausforderung ist der Umgang mit doppelten Datensätzen, auch hier galt es eine Lösung zu finden, damit Mitglieder später nicht aus Versehen mehrfach angeschrieben werden.
Noch im August starten wir einen Testlauf mit sechs Arbeitgebern. Denn bei uns in Niedersachsen sind Arbeitgeber, ebenso wie in Rheinland-Pfalz, dazu verpflichtet, ihre Mitarbeiter im Rahmen der Erstregistrierung bei der Pflegekammer anzumelden. Aber Pflicht hin oder her, wir wünschen uns eine gute Zusammenarbeit und die will unter anderem mit persönlichen Anschreiben und Informationsmaterial vorbereitet sein. Voraussichtlich im September beginnen wir dann mit der eigentlichen Registrierung der 70.000 Mitglieder.
pflegen-online.de: Konkret arbeitet der Errichtungsausschuss seit Ende März 2017 daran, die Wahl zur ersten Kammerversammlung vorzubereiten. Wann wird es so weit sein?
Katrin Havers: Ein genauer Termin ist noch nicht geplant, aber unser Ziel ist es, die Wahlen zur Kammerversammlung zwischen März und April 2018 stattfinden zu lassen.
Bis dahin setzt der ehrenamtlich arbeitende Errichtungsausschuss aus 20 Mitgliedern und 20 Stellvertretern alles daran, damit die im Frühjahr zu wählenden Vertreter unverzüglich ihre Arbeit aufnehmen können. Die Geschäftsstelle muss eingerichtet, die Mitgliederberatung und die Verwaltung organisiert werden. Wir möchten im Frühjahr umgehend mit der inhaltlichen Arbeit beginnen, um Themen wie Berufsordnung, Fort- und Weiterbildung schnellstmöglich voranzubringen. Dann gilt es ja auch die Gremien wie Landespflegeausschuss oder Krankenhausplanungsausschuss zu besetzen, denn die Vertreter der Pflegekammer Niedersachsen werden dort erstmals als stimmberechtigte Mitglieder vertreten sein, und haben dort die Möglichkeit, bei der Gesetzgebung mitzuwirken.
Interview: Kerstin Werner
Das Foto zeigt Katrin Havers, Vorsitzende des Errichtungsausschusses der Pflegekammer Niedersachsen.
Fotonachweis: privat