Peer Reviews, auch Tandems genannt, sind für Altenpflege und Krankenpflege gleichermaßen geeignet. Maren Lach (Foto unten)) hat mit diesem Management-Instrument erste Erfahrungen in der Klinik Preetz im Landkreis Plön (Schleswig-Holstein) gesammelt. Dort hat die 51-Jährige bis vor kurzem als Pflegedienstleiterin und Mitglied der Krankenhausleitung gearbeitet.
Sie haben berufsbegleitend das Master-Studium Management von Organisationen und Personal im Gesundheitswesen absolviert. Sind Sie dadurch auf das Peer-Review-Verfahren gekommen?
Sicherlich auch – in Pflegemanagement-Fachbüchern werden Peer Reviews, also die Begutachtung durch Ebenbürtige aus dem gleichen Fachgebiet, empfohlen. In der Berufspraxis finden sie aber selten statt. Da habe ich mich entschlossen, dies als Projekt einmalig durchzuführen.
Gab es einen konkreten Auslöser?
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Ich finde Veränderungen gut und probiere gern mal etwas Neues aus. Konkret hat mich das Gemecker unter den Kollegen über die anderen Stationen genervt. Die Pflegerinnen aus der Chirurgie klagten über die hohe Zahl der Aufnahmen und OPs, die internistische Station darüber, dass die Patienten pflegeintensiver seien. Diese negative Sichtweise wollte ich aufbrechen. Angefangen habe ich 2012. Die Peer Reviews kamen so gut an, dass meine Stationsleitungen um eine jährliche Fortsetzung gebeten haben.
Sie verwenden den Begriff Peer Reviews. Wo liegt der Unterschied zum Peer Coaching?
Mir geht es um das Erlangen einer anderen Sichtweise, in Kombination mit einer gegenseitigen kollegialen Beratung. Was wir nicht haben, sind gegenseitige Anleitungen und Trainings - also kein Coaching. Es gibt einen festen Tag im Jahr, meistens im März, an dem die Stationsleitung und ihre Stellvertretung eine Station aus einem anderen Fachgebiet besuchen, dort einen Tag hospitieren, die Arbeitsabläufe begleiten und anhand einer Checkliste ihre Beobachtungen dokumentieren.
Welche Erfolge zeigen sich?
Ein gutes Beispiel ist das Tablettenstellen. Bislang hat jede Station es auf ihre Weise gemacht. Nach den Peer Reviews haben wir in der Klinik ein einheitliches Verfahren eingeführt. Wenn Kollegen jetzt die Station wechseln, müssen sie nicht jedes Mal eingearbeitet werden und sich umstellen.
Gibt es weitere Effekte?
Die Kollegen erkennen durch die Hospitationen, dass in Wahrheit jede Station ihre Schwierigkeiten und Belastungen hat. Nachdem sie das erkannt haben, schätzen sie die Arbeit im eigenen Bereich wieder mehr. Außerdem hat sich durch die Peer Reviews die immer schon angenehme Gesprächskultur im Hause weiter verbessert. Es ist ein wertschätzender Umgangston entstanden, der die Zusammenarbeit enorm erleichtert.
Nehmen nur Führungskräfte teil oder auch „normale" Pflegekräfte?
Nein, es bleibt bei Stationsleitung und Stellvertretung, da es darum geht, die Organisation der Arbeitsabläufe zu beleuchten und gegebenenfalls zu verbessern.
Wie können wir uns den Peer-Review-Tag konkret vorstellen?
Der Peer-Review-Tag beginnt um 6 Uhr mit der Übergabe vom Nachtdienst und dauert bis zur Mittagsübergabe an den Spätdienst. Die Hospitierende beobachtet alle Abläufe und macht sich Notizen auf einer Beobachtungs-Checkliste.
Wie sieht diese Checkliste aus? Worauf kommt es Ihnen an?
Genaue Aufzeichnungen werden zu den Kernprozessen gemacht: Wie klappt die Dienstübergabe? Wie erfolgt die Aufteilung in die Bereiche. Im Blick ist die Durchführung der allgemeinen Pflege sowie die Maßnahmen der speziellen Pflege. Dazu kommen Punkte wie Visitenbegleitung, Medikamente stellen. Ebenso wird notiert, wie Zugänge, Kurvenführung und Dokumentationsaufgaben erledigt werden.
Wie leicht oder wie schwer sind Peer Reviews umzusetzen?
Die Organisation des Peer-Review-Tages ist unkompliziert, da alle Stationsleitungen und Stellvertretungen an diesem Tag in eine andere Abteilung wechseln. Etwas schwieriger, aber nicht unmöglich ist es anschließend, einen Termin für einen Feedback-Tag zu finden, an dem die Kolleginnen sich zu einem gemeinsamen Gespräch mit der Pflegedienstleitung zusammen finden und ihre Beobachtungen untereinander austauschen - ein entscheidendes Element der Peer Reviews.
Wie reagieren denn eigentlich die Patienten, wenn plötzlich noch zusätzliche Beobachter neben dem Krankenbett auftauchen?
Sie haben nichts dagegen. Natürlich stellen sich die Kollegen den Patienten vor und erklären, was sie machen. Mein Eindruck ist, dass Patienten es durchaus schätzen, wenn den Pflegern auch mal jemand bei der Arbeit über die Schulter schaut, gewissermaßen prüft, ob alles korrekt läuft.
Interview: Michael Handwerk
Foto (Portröt): privat