Mario G. war als Zeitarbeiter seit Juli 2020 bis in den Herbst hinein in einer neurochirurgischen Abteilung des Klinikums rechts der Isar in den Wachräumen beschäftigt. Das Gericht betrachtet es als erwiesen, dass der Altenpfleger einem 80-jährigen Patienten an einem Abend im August 2020 insgesamt fünf Ampullen sedierender Medikamente verabreicht hat, die nicht angeordnet waren. Der Patient wurde auf die Intensivstation verlegt und starb dort.
Mario G. verabreichte Tramadol, Diazepam, Adrenalin, Blutverdünner …
Im Oktober und November hat Mario G., so das Gericht, vier weitere Patienten „durch nicht indizierte Medikamentengaben in einen lebensbedrohlichen Zustand gebracht“. Einem 89-Jährigen verabreichte er ohne Anordnung Tramadol und Diazepam. Auch dieser Patient wurde auf die Intensivstation verlegt und starb dort.
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Auch zwei weiteren Patienten verabreichte Mario G. wiederholt nicht verordnete Medikamente, darunter sedierende Medikamente aber auch Blutverdünnungsmittel und hohe Dosen von Adrenalin. Dem Krankenpfleger war bewusst, dass dies gerade bei frisch operierten und schwer kranken Menschen lebensbedrohlich sein kann. Die beiden Patienten sowie ein weiterer Patient überlebten die Medikamentengaben von Mario G., weil Ärzte rechtzeitig eingriffen.
Das Gericht wertet diese Taten als versuchten Mord, weil der Angeklagte nichts zur Rettung der Patienten unternommen hatte. Gleichzeitig hat der Richter Norbert Riedmann ihn aufgrund dieser Taten wegen gefährlicher Körperverletzung (§ 224 StGB) schuldig gesprochen.
Der Altenpfleger wollte „seine Ruhe haben“
Das Schwurgericht sprach in allen Fällen von Heimtücke, weil die schwerkranken Patienten davon ausgingen, dass ihnen im Krankenhaus Schutz und Pflege zukommen würde. In den Fällen, in denen der Angeklagte sedierende Medikamente verabreicht hatte, ging das Gericht außerdem von niedrigen Beweggründen aus, weil der Angeklagte die Patienten ruhigstellen wollte, um keine Arbeit mit ihnen zu haben. Mario G. hatte in dem Prozess zugegeben, dass er „seine Ruhe haben“ wollte und ihm der Tod der Patienten egal gewesen sei. Heimtücke und niedere Beweggründe zählen zu den Merkmalen eines Mordes.
Vor allem wegen der vielen Taten in so kurzer Zeit, spricht das Schwurgericht von einer „besonderen Schwere der Schuld“. Das Schwurgericht hat auch ein lebenslanges Berufsverbot für den Altenpfleger ausgesprochen. Damit sei die weiterhin vom Angeklagten ausgehende Gefahr auf ein vertretbares Maß reduziert, so das Gericht, und eine Sicherheitsverwahrung nicht notwendig.
Klinikum rechts der Isar: Wir haben maßgeblich zur Aufklärung beigetragen
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine Revision noch möglich. Der Angeklagte bleibt aber in Untersuchungshaft.
Eine Pressemitteilung zu den Patientenmorden findet sich auf der Homepage des Klinikums rechts der Isar. Auf die Bitte von pflegen-online um eine Stellungnahme antwortet die Leitung des Klinikums jedoch:
Das Universitätsklinikum rechts der Isar hat maßgeblich zur transparenten und lückenlosen Aufklärung der Vorgänge beigetragen: Wir hatten von Beginn an schnell reagiert und dabei stets aufs Engste mit der Staatsanwaltschaft kooperiert. Zudem hatten wir selbst Anzeige gegen den nun Verurteilten gestellt. Auch dank aufmerksamer Ärzt*innen und der anschließenden engen Zusammenarbeit unseres Klinikums mit den Ermittlungsbehörden konnte dieser Fall schließlich vor Gericht gebracht werden; gestern ist das Urteil gefallen.
Autorin: kig
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