Meinen Wiedereinstieg in den Beruf habe ich eigentlich der Wende zu verdanken. Anfang Oktober 1989 rief mich eine Freundin an und fragte, ob ich nicht Teilzeit arbeiten wolle, es seien so viele Mitarbeiter in den Westen entschwunden. Zu dieser Zeit jobbte ich in einem Industriebetrieb, um für meine Familie etwas dazu zu verdienen. Doch liebe ich meinen Beruf und war daher froh um das Angebot. Ich nahm den Job an und arbeitete dann Teilzeit als Kinderkrankenschwester im Klinikum Reifenstein. Danach wechselte ich in die urologische Abteilung des Klinikums Eichsfeld.
Endlich gab es Einmalhandschuhe!
Ich kann mich noch erinnern, wie wir nach der Wende alle mit offenem Mund herumliefen. Wir hatten ja vorher keine Ahnung, was es alles gab! Neuartige Kanülen, Latexhandschuhe und das alles einzeln verpackt! Zu DDR-Zeiten hatten wir teilweise nicht mal Handschuhe. Das hieß es den ganzen Tag: Hände waschen, Hände waschen, Hände waschen!
Der Ballon-Katheter - eine wunderbare technische Neuerung
Die modernen Einmal-Materialien und auch technische Neuerungen, wie zum Beispiel der Ballon-Katheter haben uns die Arbeit enorm erleichtert. Die neue Zeit brachte aber auch Nachteile. Die ganze Schreiberei war neu für uns. Bis 1989 hatten wir unsere Kurven geschrieben, dazu Puls und Blutdruck – fertig.
Jetzt werden Krankenschwestern eher als Dienstleister gesehen
Nach der Wende mussten wir ausführliche Pflegeberichte schreiben. Und bei zehn Zeilen pro Patient kommt man einfach nicht vorwärts. Dann hat man keine Zeit mehr für ein persönliches Gespräch. Vielleicht sind die Patienten heute deshalb auch weniger entspannt. Ich habe den Eindruck, dass die Patienten früher viel dankbarer und zufriedener waren. Heute werden Krankenschwestern und Pfleger eher als Dienstleister behandelt. Manche Patienten meinen, wir seien nur da, um den Urinbeutel zu entleeren.
Protokoll: Karoline Amon
Dieser Artikel erschien zuerst am 6. November 2019, er wurde am 1. Oktober 2020 aktualisiert.