„Die Masken in den Pflegeheimen müssen fallen“ – das forderte die Evangelische Heimstiftung, mit 156 Einrichtungen das größte Pflegeunternehmen in Baden-Württemberg, Ende April in einer Presseerklärung auch für die geimpften Pflegekräfte. Begründung: „Die größte Belastung für Pflege- und Betreuungskräfte ist nach wie vor der Zwang zum Tragen einer FFP2-Maske. Es ist nicht mehr vermittelbar, dass geimpfte Mitarbeitende fast den ganzen Tag weiterhin mit den belastenden FFP2-Masken arbeiten müssen, obwohl 90 Prozent der Bewohner und über 50 Prozent der Mitarbeitenden geimpft sind.“
BGW: MNS reicht, wenn Pflegekraft und Bewohnerin geimpft sind
Die Berufsgenossenschaft (BGW) erkannte diese Ungleichbehandlung und aktualisierte Mitte Mai ihren SARS-CoV-Arbeitsschutzstandard für Alten- und Pflegeheime: „Auf das Tragen der Atemschutzmasken bei Pflegetätigkeiten kann verzichtet werden, wenn bekannt ist, dass der Beschäftigte/die Beschäftigte sowie der zu versorgende Bewohner/die zu versorgende Bewohnerin vollständig geimpft oder nach einer COVID-19-Erkrankung genesen sind. Zur Minimierung des Restrisikos von Übertragungen müssen die Beschäftigten weiterhin einen Mund- Nasen-Schutz tragen. Bewohner und Bewohnerinnen sollen gebeten werden, bei engen Kontakten in der Pflege nicht auf den Mund-Nasen-Schutz zu verzichten.“
Nicht geimpfte Pflegekräfte müssen weiterhin FFP2-Maske tragen
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Und weiter: „Diese Regelung kann nur gelten, wenn der Einrichtungsleitung bekannt ist, dass die/der Beschäftigte und Bewohnerin/Bewohner vollständig geimpft oder genesen sind. Andernfalls ist in Pflegesituationen (unmittelbarer, enger Kontakt mit einem Abstand unter 1,5 Meter zu Bewohnerinnen oder Bewohnern) von den Beschäftigten weiterhin eine FFP2-Maske zu tragen. Entscheiden sich geimpfte Beschäftigte für ein höheres Schutzniveau, müssen Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen FFP2-Masken oder gleichwertige Atemschutzmasken zur Verfügung stellen.“
Baden-Württemberg
Das griff dann das Land Baden-Württemberg auf: „Das Personal von stationären Einrichtungen für Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf sowie von ambulanten Pflegediensten hat im Rahmen der arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen einen Atemschutz (...) zu tragen, soweit Kontakt zu Bewohnern besteht. Für geimpftes oder genesenes Personal (...) ist eine medizinische Maske (...) ausreichend.“
Sachsen
Weitere Bundesländer orientieren sich inzwischen an den aktuellen BGW-Arbeitsschutzstandard. So Sachsen: „In ambulanten wie stationären Alten- und Pflegeeinrichtungen kann für Beschäftigte, zu betreuende oder zu pflegende Personen und Besucher, sofern alle genannten als genesen oder vollständig geimpft gelten, die Pflicht zum Tragen einer FFP-2-Maske aufgehoben werden. Ein medizinischer Mund-Nasen-Schutz (OP-Maske) ist dann ausreichend.“
Bayern
Auch in Bayern entfällt die Pflicht zur FFP2-Maske bei geimpften Pflegekräften. Lediglich eine medizinische Gesichtsmaske sollte da, wo es weiterhin geraten bleibt, getragen werden.
Bremen
Ähnlich sieht man es in Bremen: Bei „nachweislich immunisierte Mitarbeiter*innen im Umgang mit nachweislich immunisierten Bewohner*innen, hier kann auf einen medizinischen MNS ausgewichen werden“, so die Senatsverwaltung.
Rheinland-Pfalz
In Rheinland-Pfalz will man sich da nicht so klar positionieren und überlässt die Entscheidung den Betreibern. Die sollen nach einer „durchzuführenden Gefährdungsbeurteilung“ feststellen, ob „der Schutz eines Beschäftigten durch einen Mund-Nase-Schutz nicht ausreichend ist und Masken mit der der Funktion des Eigenschutzes notwendig sind.“
Brandenburg
Brandenburg hält sich vorerst noch an die strengeren Regelungen, sprich FFP2-Maske, allerdings könnte es Anfang nächster Woche zu „Lockerungen“ kommen, wie das Ministerium für Soziales auf Anfrage am 11. Juni mitteilt.
Saarland
Das Saarland bleibt bei den Bestimmungen aus der letzten Corona-Welle: „Alle Beschäftigten einschließlich aller Ehrenamtlichen und Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern nach Absatz 5 Satz 1 müssen beim Kontakt mit den Bewohnerinnen und Bewohnern eine Maske der Standards FFP2 oder Masken höherer Standards tragen.“
Hamburg
Hamburg ist weniger präzise in seiner Anordnung: Pflegekräfte mit vollständigem Impfschutz Maske beziehungsweise Mund-Nasen-Bedeckung tragen. „Je nach Vorschriften des Arbeitsschutzes bzw. der Corona-Eindämmungsverordnung für den jeweilig betreffenden Bereich“, schreibt die Presseabteilung der Gesundheitssenatorin. In der Verordnung ist nicht von einer FFP2-Maske die Rede. Wie eine Einrichtung am Ende entscheidet, sei im Einzelnen von den Vorgaben des Arbeitsschutzes abhängig.
Nordrhein-Westfalen
Auch das Bundesland NRW zieht keine klare Position. „Für Beschäftigte richtet sich die Pflicht, einen Mund-Nasen-Schutz bzw. eine Maske zu tragen, ausschließlich nach arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben“, heißt es in der aktuellen Allgemeinverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales und verweist auf den BGW-Arbeitsstandard.
Schleswig-Holstein
Schleswig-Holstein äußert sich eindeutiger. Das Sozialministerium teilt mit: „In Schleswig-Holstein haben Mitarbeitende von Pflegeeinrichtungen, insbesondere die Pflegekräfte, in der Pflegeeinrichtung eine qualifizierte Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.“ Qualifiziert – das ist zu interpretieren als: eine medizinische Maske, keine Stoffmaske oder ähnliches.
Niedersachsen
Auch in Niedersachsen heißt es unmissverständlich: Geimpfte Pflegekräfte müssen in den Pflegeeinrichtungen keine FFP2-Masken mehr tragen.
Thüringen
In Thüringen bleibt es vorerst bei der geltenden Corina-Schutzverordnung: „Eine Unterscheidung nach geimpften und nicht geimpften Beschäftigten wird nicht getroffen“, heißt es auf Anfrage.
Bei der Evangelischen Heimstiftung in Baden-Württemberg ist man mit der in Ihrem Bundesland getroffenen Lockerung und dem Abschied von der FFP2-Maske für geimpfte Mitarbeiter sehr zufrieden. Pressesprecherin Dr. Alexandra Heizereder: „Das passt. Unsere Pflegekräfte können damit gut leben.“
Die Bundesländer Berlin, Sachsen-Anhalt, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern haben auf unser Anfrage nicht geantwortet.
Autor: Hans-Georg Sausse