Der Pflegeberuf ist „super“, „sehr anspruchsvoll“ – darüber sind sich die jungen Pflegekräfte (alle unter 30) hier am Tisch einig. „Alles, was ich auf Station mache, bringt Spaß“, sagt etwa die 22-jährige Mascha. Was ihr und den anderen aber immer wieder zu schaffen macht, sind die demotivierenden Kommentare der anderen.
Auch nicht immer motivierend: Medien, Freunde, Bekannte
Da sind die Journalisten der Publikumsmedien, die sich seit zwei Jahren auf das Thema Pflege stürzen und das Image des Berufes herunterziehen, indem sie beklagen, wie schlecht es doch leider sei. Da sind die Bekannten und Freunde die gedankenlos brabbeln: „Das könnte ich nicht.“ Und nicht zuletzt die älteren Kollegen, die seit 20 oder 30 Jahren in der Pflege arbeiten, und sich täglich über ihre Arbeitsbedingungen aufregen. Diese Kollegen, diese nörgelnden Kollegen sind das Schlimmste für die elf Pflegekräfte, die hier zusammengekommen sind beim Treffen der AG Junge Pflege des DBfK (Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe) Nordwest in Hannover. Das Jammern, das ständige „Das bringt doch nichts“ macht sie mürbe, es schlägt ihnen auf die Stimmung.
AG Junge Pflege: Eure negative Energie erreicht uns nicht!
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Nein, besser: Diese nörgelnden Kollegen könnten ihnen auf die Stimmung schlagen. Die Elf (ja, eigentlich alle 60 Mitglieder der AG Junge Pflege!) haben entschieden, sich der negativer Energie zu entziehen. „Gegen den weit verbreiteten Frust muss man richtig an arbeiten“, sagt Diana Kosse (21). Die redegewandte Frau im Karo-Hemd fühlt sich nach wenigen Semestern Biologie-Studium nun bestens aufgehoben in der Pflegeausbildung. Das Vergnügen und den Sinn, den sie aus dem Beruf zieht, möchte sie sich nicht verderben lassen – nicht durch die widrige Personalsituation und nicht durch die nörgelnden Kollegen.
Das bringt doch was! 4 Gründe, die dafür sprechen
Wie eine verschworene Gemeinschaft wirken die Elf, keiner spielt sich Wortführer auf, alle antworten auf die Frage, warum sie hierhergekommen seien, klar und klug, ganz frei von Wortmonstern: Sie möchten Gleichgesinnte treffen, spüren, dass sie nicht allein sind und gemeinsam Veränderungen anstoßen. Das bringt doch nicht? Und ob das was bringt! Diese Überzeugung schweißt sie zusammen. Und sie können ihre Zuversicht sogar gut begründen:
- Bisher waren schlichtweg zu wenige Pflegekräfte berufspolitisch aktiv. Was es bewirkt, wenn alle an einem Strang ziehen, zeigt sich an den Krankenhausärzten: Sie konnten mit ihrem relativ hohen berufspolitischen Organisationsgrad durch den Marburger Bund in den vergangenen zwölf bis 15 Jahren sehr viel erreichen.
- Der Fachkräftemangel führt dazu, dass Pflegekräften zugehört wird, dass Politiker und Manager sie ernst nehmen. „Ich habe meinen Kollegen ein Foto gezeigt, wie ich auf dem Deutschen Pflegetag mit Gesundheitsminister Spahn gesprochen habe. Da waren sie schon sehr überrascht“, erzählt Alexandra Schröer, die Koordinatorin der AG Junge Pflege.
- Immer mehr junge Pflegekräfte interessieren sich für Berufspolitik. Beim DBfK Nordwest ist die Zahl der Mitglieder 2018 um vier Prozent gestiegen, zum Kongress Junge Pflege sind dieses Jahr gut 20 Prozent mehr Besucher gekommen (2018: 2200/ 2019: 2.720). Zum nächsten Junge Pflege Kongress am 19. Mai 2020 rechnet die AG mit einer weiteren Steigerung.
Auch Verdi verkündet steigende Mitgliederzahl im Fachbereich Gesundheit und soziale Dienste (ohne allerdings konkret zu werden). - Die Sozialen Medien helfen bei der berufspolitischen Arbeit: Man kann spontan Videos produzieren, Twitter-Botschaften senden und, und, und … Diese Sichtbarkeit und Nahbarkeit motivieren mache Pflegekraft, sich berufspolitisch mehr zu beteiligen.
Alexandra Schröer hält ihren nörgelnden Kollegen diese Argumente gern entgegen. „Man muss auch mal dagegen halten: Wie soll man auch etwas bewegen, wenn man nur jammert und sich nicht in der Verantwortung sieht? Schön wäre, wenn alle sagten: ‚Ja, wir probieren das aus!‘ Denn wir können wirklich viel bewegen, wenn wir uns alle einig sind.“
Mehr Info auf www.junge-pflege.de
Autorin: Kirsten Gaede
Foto: AG Junge Pflege im DBfK Nordwest