pflegen-online: Wir hören in letzter Zeit häufiger, dass Pflegekräfte in einem Nebenjob arbeiten. Manche reduzieren gleichzeitig ihren Hauptjob, andere übernehmen den Nebenjob zusätzlich, manchmal sogar zusätzlich zu einer vollen Stelle. Muss ich dem Arbeitgeber jede Nebentätigkeit melden?
Kaarina Hauer: Hier sollten Sie zunächst in Ihren Arbeitsvertrag oder in den geltenden Tarifvertrag oder in die Betriebsvereinbarung schauen. Findet sich dort keine Verpflichtung, eine Nebentätigkeit dem Arbeitgeber zu melden, müssen Sie ihn auch nicht zwingend darauf hinweisen.
Wenn aber berechtigte Interessen des Arbeitgebers gefährdet sind, müssen Sie die Nebentätigkeit anzeigen. Dies könnte beispielsweise dann der Fall sein, wenn die Nebentätigkeit in einem Konkurrenzverhältnis zur Haupttätigkeit steht oder ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz vorliegt. Einen allgemeinen Auskunftsanspruch auf Offenlegung der Nebentätigkeiten hat der Arbeitgeber aber nicht.
Muss die Verpflichtung zur Meldung im Arbeitsvertrag stehen?
Jobportal pflegen-online.de empfiehlt:
Nein, eine solche Regelung muss nicht im Arbeitsvertrag stehen. Oft ist es aber so, dass Formulararbeitsverträge solche Klauseln vorsehen. Nicht selten sind diese unwirksam formuliert. Beispielsweise kann der Arbeitgeber eine Nebentätigkeit nicht per se untersagen oder vorschreiben, dass „eine Nebentätigkeit der vorherigen Zustimmung durch den Arbeitgeber bedarf".
Kann mein Arbeitgeber mir Nebentätigkeiten verbieten? Wenn ja: unter welchen Voraussetzungen?
Zunächst einmal gilt das im Grundgesetz verankerte Recht der Berufsfreiheit, wonach ein jeder seinen Beruf frei wählen und ausüben darf. Darüber hinaus dürfen Beschäftigte auch ihre Freizeit nach eigenen Wünschen gestalten. Diesen Grundsatz vorausgeschickt, kann eine Nebentätigkeit nur untersagt werden, wenn wiederum Interessen des Arbeitsgebers gefährdet sind. Seine Interessen könnten dann gefährdet sein, wenn durch die Ausübung der Nebentätigkeit eine Verletzung des Arbeitszeitgesetzes oder des Bundesurlaubsgesetzes vorliegt oder wenn der Zweck des Hauptarbeitsvertrages gefährdet ist oder die Nebentätigkeit in Konkurrenz zur Haupttätigkeit steht.
(Anmerkung der Redaktion: In einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Februar 2002 wurde die Nebentätigkeit eines Krankenpflegers als Bestatter für unzulässig erklärt, weil dadurch „berechtigte“ Interesse des Krankenhauses erheblich beeinträchtigt würden. Die Tätigkeit als Krankenpfleger diene der Rettung und Erhaltung von Leben der ihm anvertrauten Patienten. Damit sei eine Nebentätigkeit als Bestatter, die das Ableben der Menschen voraussetze, nicht zu vereinbaren. Eine solche Nebentätigkeit könne Irritationen bei Patienten zur Folge haben. Dieser Gefahr müsse sich das Krankenhaus in seiner Verantwortung für die Genesung der Patienten nicht aussetzen. 6 AZR 357/0 https://www.aerzteblatt.de/archiv/32132/Nebentaetigkeit-eines-Pflegers-Bestatten-nicht-gestattet)
Beim Urlaub wäre zu beachten, dass der Beschäftigte keine Tätigkeit ausüben kann, die dem Erholungszweck widerspricht. Hier müsste man im Einzelfall prüfen, welches Ausmaß an Belastung die Nebentätigkeit mit sich bringt und ob der Erholungszweck gefährdet ist.
Kann der Arbeitgeber mir eine Nebentätigkeit verbieten, wenn er das Gefühl hat, dass ich in meiner Arbeit in Festanstellung nur mit halber Kraft dabei bin oder ich für sein Empfinden zu oft krank bin?
Wenn die Nebentätigkeit die Ursache dafür ist, dass Sie nur noch mit halber Kraft arbeiten können oder Sie öfter deswegen zu spät zum Dienst erscheinen oder aufgrund der Doppelbelastung zu oft krank sind, dann kann die Nebentätigkeit untersagt werden. In diesem Falle wäre der Zweck des Hauptvertrages gefährdet.
Regelmäßig dürfen täglich nicht mehr als acht Stunden gearbeitet werden. Ausgehend von einer Sechs-Tage-Woche wären dies 48 Stunden, die höchstens zulässig sind.
Gibt es ein definiertes zeitliches Limit für Nebentätigkeiten – Anzahl der Stunden, Wochen, Monate oder ähnliches?
Ja, das gibt es. Das Arbeitszeitgesetz ist ein Arbeitsschutzgesetz, welches die zulässige Arbeitszeit begrenzt und Ruhezeiten festlegt. Regelmäßig dürfen täglich nicht mehr als acht Stunden gearbeitet werden. Ausgehend von einer Sechs-Tage-Woche wären dies 48 Stunden, die höchstens zulässig sind. Nur wenn ein Zeitausgleich erfolgt, dürfen Beschäftigte auch 60 Stunden die Woche arbeiten. Wenn nun also die Haupt- und Nebentätigkeit diesen Zeitrahmen überschreiten, wäre eine Nebentätigkeit – zumindest für den Teil der Überschreitung – unzulässig. Darüber hinaus muss zwischen dem Ende der täglichen Arbeitszeit und dem Beginn der neuen täglichen Arbeitszeit mindestens elf Stunden Ruhezeit liegen.
Interview: Birgitta vom Lehn