Einmal mehr war es Bayern, das beim Thema einrichtungsbezogene Impfpflicht vorpreschte: Am 10. September verkündete der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), dass in Bayern von den Beschäftigten „kein neuerlicher Nachweis über das Vorliegen eines vollständigen Immunschutzes verlangt wird“. Nur neue Beschäftigte müssen ab 1. Oktober den Einrichtungsleitungen gemäß Bundesgesetz einen Nachweis vorlegen, der den dann geltenden Anforderungen genügt – das sind entweder drei Impfungen oder zwei Impfungen und ein Genesenen-Nachweis. "Wer seine Tätigkeit bereits vor dem 1. Oktober aufgenommen hat, für den bleibt alles beim Alten“, so der Minister.
Manne Lucha: „Kontrolle nicht abschließend möglich“
Bayerns Vorstoß Bayerns schloss sich letzte Woche Baden-Württemberg an. Bei seiner Entscheidung gegen die Kontrollen argumentierte Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) mit dem noch nicht verkündeten Ende der Impfpflicht: „Da die einrichtungsbezogene Impfpflicht zum Jahresende auslaufen soll, wäre die Kontrolle von Personen ohne entsprechende Nachweise bis dahin nicht abschließend möglich."
Doch wie halten es die anderen Bundesländer? Auf unsere Nachfrage antworteten zehn der zuständigen Landesministerien.
Halten an Nachweispflicht fest: Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz
Weiterhin an die Rechtslage wollen sich die Länder Rheinland-Pfalz („Es handelt sich um ein Bundesgesetz, das Rheinland-Pfalz – so lange es gilt – konsequent umsetzt“), Hamburg und Niedersachsen („Wir setzen in Niedersachsen geltendes Recht um. Die Kontrolle liegt wie bisher bei den Gesundheitsämtern“) halten.
Auch Bremen will das geltende Bundesrecht weiterhin umsetzen: „Wir haben alle entsprechenden Arbeitgeber dazu aufgefordert, die Beschäftigten, die ab dem 1. Oktober nicht mehr den Status als vollständig geimpft haben, über unsere Meldeportale an die zuständigen Gesundheitsämter zu melden. Die Gesundheitsämter werden diese Fälle dann bearbeiten“, ,antwortet die Pressestelle, merkt aber an, dass „bislang im Land Bremen kein Tätigkeitsverbot verhängt worden“ ist.
Flexible Handhabung in Mecklenburg-Vorpommern und Hessen
Mecklenburg-Vorpommern hat sich für einen flexibleren Weg entschieden: „In Mecklenburg-Vorpommern wird weiterhin ein gesetzeskonformes Vorgehen erfolgen.“ Gleichzeitig heißt es auf unsere Anfrage: „Die Gesundheitsämter haben im Rahmen der Ermessenausübung aber ausreichende Spielräume, Aspekte der Versorgungssicherheit in der Abwägungsentscheidung über konkrete Maßnahmen angemessen zu berücksichtigen.“
Ähnlich geht Hessen vor. „Das Land hat die Einrichtungen und Gesundheitsämter über die weitere Vorgehensweise informiert und dabei insbesondere auf den Wortlaut der Vorschrift hingewiesen, der zwar ein drittes Immunisierungsereignis vorschreibt, eine erneute Kontrolle jedoch nicht vorsieht“, teilt die Pressestelle des Ministeriums für Soziales und Integration mit.
Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt machen es wie Bayern
Die anderen angefragten Bundesländer schließen sich Bayern und Baden-Württemberg an. Sachsen-Anhalt: „Die Vorlage eines Impfnachweises, der einen vollständigen Impfschutz über drei Einzelimpfungen oder zwei Einzelimpfungen und eine der in § 22a Abs. 1 Satz 3 IfSG genannten Voraussetzungen attestiert, ist nicht erforderlich. Daher ist keine Meldung der Einrichtung oder des Unternehmens notwendig. Eine Dritte Impfung ist jedoch erforderlich soweit Personal ab dem 1. Oktober 2022 neu in der Einrichtung tätig werden soll“, so die Pressesprecherin des Gesundheitsministeriums.
In Thüringen bereitet das Gesundheitsministerium einen Erlass vor, der „verhindern“ soll, „dass eine Booster-Impfung nochmals gesondert geprüft werden muss, um den Aufwand für alle Beteiligten möglichst gering zu halten.“ Er soll im Laufe dieser Woche veröffentlicht werden.
Kurz und klar die Antwort des Sozialministeriums Sachsen: „Auf eine erneute Abfrage des Impfstatus bei Beschäftigten in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen werden auch wir in Sachsen verzichten.“
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DKG und bpa kritisieren bürokratischen Aufwand
Unterstützung für die Booster-Kritiker kommt auch von einigen Verbänden. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) formuliert in aller Schärfe: „Es muss verhindert werden, dass ab 1. Oktober erneut der Impfstatus aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen überprüft werden muss. Nach dieser bundesweiten Regelung darf dann nur derjenige weiterarbeiten, der nach der ersten und zweiten auch die dritte Impfung in Anspruch genommen hat. Es geht nicht nur um einen unglaublichen bürokratischen Aufwand, die einrichtungsbezogene Impfpflicht hat auch ihre faktische Begründung verloren“, sagt der Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Graß. Ähnlich die Tonlage bei Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa): „Die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist weitgehend wirkungslos und wirkt wie ein Relikt aus einer anderen Zeit der Pandemiebekämpfung. Die jetzt anstehende nächste unnötige Abfrage ist reine Gängelei. Die Pflege hat genug zu tun."
Autor: Hans-Georg Sausse