Foto: Jens Schünemann

Online-Befragung

Mehr als jede zehnte Pflegekraft nicht geimpft

Die Impfquote liegt über 82 aber unter 90 Prozent, das hat eine Online-Befragung der Alice Salomon Hochschule ergeben. Die Wissenschaftler erwarten ein Versorgungsdefizit von über 15 Prozent

95 Prozent der Krankenpflegekräfte seien geimpft, das verkündete Anfang des Jahres die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG). Die Online-Befragung der Alice Salomon Hochschule unter bundesweit 1.800 Einrichtungen und Dienste vom 23. Januar 2022 bis zum 15. Februar 2022 fördert ein schlechteres Ergebnis zutage – das liegt mit ziemlicher Sicherheit daran, dass die Berliner Wissenschaftler nicht nur Krankenhäuser, sondern auch Pflegedienste und ambulante Dienste befragt haben.

Die Impfquote liegt unter den Pflegekräften laut Befragung mit über 82 Prozent über der der Allgemeinbevölkerung. Die befragten Leitungskräfte vermuten, dass sie noch steigen wird, doch wird sie wohl unter 90 Prozent bleiben. „Dies hat bei konsequenter Umsetzung des Betretungsverbotes direkte Auswirkungen auf die Versorgungskapazität“, schreiben Johannes Gräske, Professor für Pflegewissenschaften und Leiter des Studiengangs Pflege, und die Pflegewissenschaftlerin Theresa A. Forbrig.

2,5 Millionen Patienten  pflegerisch unversorgt?

Für die gut 1.800 teilnehmenden Einrichtungen und Diensten mit ihren knapp 130.000 Pflegekräften erwarten die Wissenschaftler ein Versorgungsdefizit von durchschnittlich 15,3 Prozent. Das bedeute, so schreiben sie, dass in der ambulanten Pflege rund 200.000 Menschen (minus 19,9 Prozent) nicht versorgt werden können, in Krankenhäusern rund 2.5 Millionen Patienten (minus 13,1 Prozent) und in der stationären Langzeitpflege rund 50.000 Bewohner (minus 5,9 Prozent) pflegerisch nicht versorgt werden können.

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Allerdings gehen die Johannes Gräske und Therasa A. Forbrig bei ihrer Berechnung davon aus, dass die Konsequenzen der Impfpflicht „zum Stichtag 16. März“ eintreten werden. So plötzlich dürfte es aber nicht passieren, da der 16. März der Tag ist, bis zum dem die Einrichtungen den Gesundheitsämtern die ungeimpften Mitarbeiter gemeldet müssen. Wie lange die Gesundheitsämter brauchen, um auf die Meldungen zu reagieren und wie genau sie reagieren werden – das alles ist noch gar abzusehen. Für Bayern, dem Bundesland mit er zweithöchsten Einwohnerzahl (über 13 Millionen Einwohner), plant die dortige CSU-Regierung ohnehin eine stufenweise Umsetzung der Impfpflicht, die Betretungsverbote des Arbeitsplatzes für Ungeimpfte ohnehin erst ab Sommer vorsieht.

„Politik sollte zielgruppenspezifische Information vor Ort anbieten“

Nicht berücksichtigt bei der Berechnung sind auch eventuelle Entlastungen durch weniger Ausbrüche infolge der einrichtungsbezogenen Impfpflicht, wie sie der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie Rainer Wirth erwartet.

Die Wissenschaftler Johannes Gräske und Theresa A. Forbrig wenden sich in ihrer Arbeit zum Abschluss an die Politik und empfehlen,

  • die Sorgen der Pflegeheime, ambulanten Dienste und Krankenhäuser ernst zu nehmen
  • beim Thema einrichtungsbezogene Impfpflicht sorgfältig und klar zu kommunizieren
  • den Einrichtungen zielgruppenspezifische Aufklärung vor Ort anzubieten
  • alternative Impfstoffe (etwa Novavax) bereitzustellen
  • Notfallpläne zu entwickeln, falls die Versorgung nicht mehr sichergestellt werden kann
  • die zusätzliche Arbeitsbelastung durch geringere Personalausstattung zu berücksichtigen.

Autorin: kig

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