Nicht wenige Pflegekräfte hatten häufig Kontakt zu Corona-Patienten – einen Pflegebonus erhalten sie trotzdem nicht.
Foto: Maren Schlenker
Nicht wenige Pflegekräfte hatten häufig Kontakt zu Corona-Patienten – einen Pflegebonus erhalten sie trotzdem nicht.

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Keinen Bonus erhalten: Wie sinnvoll ist eine Klage?

Eine Milliarde Euro hatte die Regierung für den Pflegebonus locker gemacht. Doch in den Kliniken sind viele Pflegekräfte leer ausgegangen. Einige überlegen nun, zu klagen

Die Empörung war groß: Den Pflegebonus, den Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach an Pflegekräfte verteilte, haben in den Krankenhäusern viele Pflegekräfte nicht erhalten. Nach der Gesetzeslage wurden etwa Pflegekräfte in Kliniken, die zu wenige schwere Corona-Fälle aufgenommen hatten, ausgeschlossen – oder generell auch Pflegekräfte in den Notaufnahmen, die erste Anlaufstelle für Covid-Erkrankte waren. Auch Pflegekräfte in Funktionsbereichen wie OP und Bronchoskopie wurden nicht berücksichtigt. Krankenpflegehelferinnen und -helfer haben grundsätzlich keinen Bonus erhalten, ganz unabhängig davon, wo sie arbeiteten.

„Ungerechte Verteilung des Pflegebonus schafft Frust“

Nun rumort es in den Krankenhäusern. Warum erhalten Pflegekräfte, die nachweislich engen Kontakt zu Corona-Patienten hatten, keinen Bonus, während in Pflegeheimen selbst Reinigungs- oder Küchenkräfte den Bonus bekommen haben? Markus Horneber, Vorstandsvorsitzender der Agaplesion-Krankenhauskette, beklagte in einem offenen Brief an den Bundesgesundheitsminister, dass die gesetzliche Regelung eine ganze Reihe von Berufsgruppen ausnehme, „die in gleicher Weise wie die vom Bonus Begünstigten einen großen Beitrag zur Versorgung der Patient:innen in unseren Krankenhäusern geleistet haben: Das sind beispielsweise Pflegefachkräfte, die im ambulanten Bereich oder im OP arbeiten, oder Ärzt:innen, Pflegehilfskräfte, Krankenpflegehelfer, Hebammen, Beschäftigte in Funktionsbereichen, aus anderen medizinischen Fachberufen, und Auszubildende.“

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Die ungerechte Verteilung des Bonus „schaffe Frust und konterkariere das Bestreben, Pflegekräfte im Beruf zu halten“, so der Vorstandvorsitzende von Deutschlands größtem konfessionellem Klinikkonzern weiter. So wollen sich nun auch einige Pflegekräfte diese Ungleichbehandlung nicht gefallen lassen. Sie überlegen, den Bonus nun einzuklagen.  Allerdings sind die Erfolgsaussichten gering, wie die auf Arbeitsrecht spezialisierte Rechtsanwältin Nina Rummel von der Berliner Kanzlei Chevalier Rechtsanwälte, urteilt. Denn gegen ihren Arbeitgeber können die Pflegekräfte „keinen Anspruch auf Gleichbehandlung gegenüber geltend machen, nur weil Beschäftigte bei anderen Arbeitgebern (z.B. Pflegeeinrichtungen) bei dem Bonus anders berücksichtigt werden.“

Bliebe nur der Weg, den Gesetzgeber zu verklagen. Nina Rummel: „Sofern Zweifel an der gesetzlichen Regelung als solche bestehen, wäre die Gesetzesnorm als solche zu überprüfen. Hierfür wäre das Bundesverfassungsgericht zuständig. Dies kann dann prüfen, ob das Gesetz verfassungsgemäß ist. Es wird eine solche Prüfung zum Beispiel vornehmen, wenn ein Gericht Zweifel an der Gesetzesvorschrift hat und dieses dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorlegt. Denkbar wäre auch eine Verfassungsbeschwerde, wenn der Rechtsweg erfolglos ausgeschöpft wurde. Hier müssen die Möglichkeiten aber im Einzelnen geprüft werden“. Ein wohl eher beschwerlicher Rechtsweg.

Einige Kliniken haben gleich viel an alle Pflegekräfte verteilt 

Um der schlechten Stimmung unter den Mitarbeiterinnen entgegen zu wirken sind einige Krankenhäuser  aktiv geworden und sammelten die staatlichen Bonuszahlungen in einem Topf, um ihn dann an alle Mitarbeitenden zu verteilen. Aber auch hier stellt sich die Frage, ob das rechtlich möglich ist.

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Anwältin Nina Rummel: „Eigentlich sieht das Gesetz eine Staffelung bei der Auszahlung des Bonus vor. Entscheiden Arbeitgebende sich, allen Berechtigten den Bonus in gleicher Höhe auszuzahlen, wird das zur Folge haben, dass durch dieses Verfahren einige Mitarbeitenden mehr und andere Mitarbeitenden weniger Geld bekommen als von der gesetzlichen Staffelung eigentlich vorgesehen ist. Dies widerspricht der Gesetzesvorschrift. Wenn das Ganze im Einverständnis mit allen Berechtigten geschieht, kann es sein, dass die Berechtigten wirksam auf einen Teil ihres Geldes verzichtet haben. Letztlich wäre diese Frage aber gerichtlich zu klären.“

Autor: Hans-Georg Sausse

 

 

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