Foto: Andrea Wiedermann

Recherche pflegen-online

Immer weniger Frauen in Pflege-Top-Positionen

Nur jede fünfte Pflegekraft ist männlich. Aber im Pflegemanagement (Pflegedienstleitung et cetera), so schätzen Experten, besetzen Männer die Hälfte der Positionen. Eine Recherche von pflegen-online bestätigt diesen Eindruck nun. Und zeigt, welche Klinikträger eher auf Frauen, und welche eher auf Männer setzen

Früher war die Pflege weiblich: Nicht nur die Fachkraftstellen, auch die Spitzenpositionen, von Stationsleitung über Pflegedienstleitung bis hin zur Pflegedirektion, waren größtenteils von Frauen bekleidet. Heute hat sich das Bild gewandelt: Die Männer, die seither in die Branche eingetreten sind – jede fünfte Pflegekraft ist heute männlich –, konzentrieren sich auf die Karriere und auf leitende Positionen – wo sie ganz offenbar auch überdurchschnittlich häufig landen: Wenn sie sich die Treffen ihres Landesgruppenvorstand des Bundesverbands Pflegemanagement ansehe, sagte die Pflegedirektorin Kathrin Leffler von Vivantes (Berlin) jüngst im Interview mit pflegen-online, seien da „zur Hälfte Männer und Frauen“.

pflegen-online hat die größten Träger unter die Lupe genommen

Für dieses angenommene Ungleichgewicht – Frauen bekleiden im Kliniksektor 80 Prozent der Pflegestellen, aber nur zur Hälfte Führungspositionen – fehlen noch genaue Zahlen. Doch nun bestätigt eine Überblicksrecherche* von pflegen-online die bislang nur gefühlte Tendenz.

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Hier ein Ergebnisbericht – gestaffelt nach Trägerschaft:

Kommunale Kliniken: In städtischen Häusern herrschen Männer vor

Auffallend häufig besetzen große kommunale Maximalversorger ihre Pflegedirektionsposten mit Männern: Ob Nürnberg, Karlsruhe, Stuttgart oder Braunschweig: In allen hiesigen städtischen Häusern leiten Männer die Pflegegeschäfte, im Klinikum Dortmund sind sogar Pflegedienstleitung sowie deren Stellvertretung mit je einem Mann besetzt.

Kommunale Verbünde - wie in Berlin und München - weiblich geprägt

Dass die Gesamtverteilung im kommunalen Sektor dennoch anders ausfällt (von den 60 in der Analyse gewerteten Pflegeführungsstellen fallen immerhin 40 – und damit zwei Drittel – auf Frauen) liegt nicht zuletzt an Verbünden – und an Ausnahmen: So ist die Pflegedirektion im Vivantes-Verbund in Berlin mit derzeit sechs Frauen und vier Männern besetzt. Das Städtische Klinikum München setzt ebenfalls komplett auf Pflegechefinnen: Unter den sieben Hauptpflegeverantwortlichen des Hauses findet sich kein einziger Mann.

Ist die Frauenfrage eine Ost-West-Frage?

In den vier Häusern der brandenburgischen Klinikgruppe Ernst von Bergmann werden derzeit ebenfalls alle Pflegeführungspositionen – von Pflegedienstleitung bis Pflegedirektion – von Frauen bekleidet. Zuletzt sticht in Chemnitz mit Ines Haselhoff eine Frau an der Pflegespitze hervor. Brandenburg und Chemnitz – ist die Besetzung von Pflegechefsesseln am Ende eine Ost-West-Frage?

Unikliniken: Fifty-fifty-Verteilung

Für diese Deutung spricht zumindest auch der Blick auf die Unikliniken. Zum einen: Die rund 60 Direktionsstellen in der Pflege sind hier pari-pari unter den Geschlechtern verteilt. Mit Jena, Dresden, Leipzig, Rostock sind es aber vor allem die ostdeutschen Unikliniken, die Frauen an der Pflegespitze haben. Auch der (westdeutsche) Norden ist mit den Unikliniken Lübeck und Kiel sowie Hannover mit Blick auf Pflegeführungsposten weiblich geprägt.

Im Süden sind Pflegedirektorinnen selten in Unikliniken

Je weiter südlich der Blick wandert, desto häufiger sind Männer in den Direktionsbüros der Uni-Klinik-Pflege zu finden, etwa in Heidelberg, Würzburg, Regensburg, Erlangen, Freiburg und Tübingen. In Freiburg verteilen sich sogar die Pflegedienstleitungen auf fünf Männer und nur zwei Frauen.

Interessante Duos in Mainz, Aachen, Halle, Augsburg, Köln und München

Doch es sind auch die Unikliniken, in denen sich häufig interessante Frau-Mann-Duos finden, und zwar in der Kombination: Frau als Direktorin – Mann als Stellvertreter. Auf diese beachtenswerte Konstellation setzen etwa aktuell die Uni-Kliniken Mainz, Augsburg, Halle, Aachen, Köln und das Münchener Rechts der Isar.

Konfessionelle Kliniken: Männer auf 45 Prozent der Top-Positionen

In den konfessionell betriebenen und gemeinnützigen Häusern ist ebenfalls eine tendenziell paritätische Verteilung erkennbar: Mit 51 der 111 betrachteten obersten Pflegeposten ist zumindest knapp die Hälfte (45 Prozent) der Stellen von Männern besetzt, ein Trend, der sich auch heruntergebrochen auf die jeweiligen Häuser beziehungsweise Ketten und Verbünde zeigt.

BBT (Trier) setzt voll auf Männer, Johanniter voll auf Frauen

Ausscherer sind hier die Barmherzigen Brüder Trier, die gleich beide Spitzenposten (Direktion und Stellvertretung) ihres 684-Betten-Hauses mit Männern besetzt haben, sowie – in die andere Richtung – die Johanniter-Kliniken, in deren sechs größten Häusern fast ausschließlich Frauen die Verantwortung in der Pflege haben.

Private Träger: 40 Prozent der Pflegechefs sind Männer

In den privaten Häusern fällt die allgemein betrachtete Verteilung nach Geschlecht ähnlich aus: Von 148 in der Recherche erfassten Pflege-Top-Positionen sind 60 von Männern bekleidet, das entspricht 40 Prozent. Das deckt sich zum Beispiel mit der Situation in den Asklepios-Einrichtungen: Die Pflegedirektionen der größten Häuser dieser Kette teilen sich Männer und Frauen zu gleichen Anteilen (16 Positionen, acht Männer, acht Frauen), wenngleich sie alle an einen Mann, den Leiter Konzernbereich Pflege, Thomas Krakau, berichten.

Auffallend viele Frauen in Top-Positionen bei Helios

Ähnlich die Verteilung bei Über-200-Bettenhäusern der Ameos-Kette: Acht Frauen stehen hier sieben Männern gegenüber. Der Helios-Konzern beschäftigt dagegen auffallend viele Frauen in seiner höchsten Pflegeriege: Von 23 Pflege-Führungsposten der bettenstärksten Helios-Häuser sind lediglich sieben an Männer vergeben. Interessant: Von diesen sieben Pflegechefs sitzen allein vier in ostdeutschen Häusern. Die vorsichtige These, Pflegeführungsfrauen gebe es womöglich vor allem im Osten des Landes, greift zumindest hier ins Leere.

Auch bei Sana überwiegen Frauen in Top-Positionen

Auch der Sana-Konzern setzt in seinen größten Häusern mehrheitlich auf Frauen als Chefs in der Pflege: Von 29 Führungsposten sind zwölf an Männer vergeben. Von diesem Dutzend konzentrieren sich interessanterweise allein fünf in schleswig-holsteinischen Häusern (Sana-Kliniken Lübeck sowie Sana-Kliniken Ostholstein).

Engagiert sich für mehr Frauen in Spitzenpositionen: Frauennetzwerk Top-Management-Pflege

Es bleibt die Frage: Wenn in den Kliniken des Landes also je nach Trägerart bis zu 50 Prozent der Pflegeleitungsposten an Männer vergeben werden – wo sind die Frauen? Fällt ihnen trotz Eignung und Kompetenz der Weg in die erste Reihe so schwer? Wer oder was hindert sie am Karrieresprung? Um diese Fragen wird es auf dem ersten Netzwerktreffen der neuen Frauen-Community „Top-Management-Pflege“ gehen (21. Januar 2020, Hannover). Karla Kämmer, Diplom-Sozialwissenschaftlerin und systemische Organisationsberaterin, wird in ihrem Vortrag und Workshop Strategien und heimliche Spielregeln im Kampf um die Macht aufzeigen, über Mut und schlaflose Nächte sprechen, über Einsamkeit und über Spaß an der Arbeit – und dazu viele Fallbeispiele aus der Praxis mitbringen. Hier finden Sie weitere Informationen zum Programm.

Text: Romy König, Recherche: Nina Sickinger

Über die Recherche von pflegen-online

* Die Recherche legte den Fokus auf die jeweils zehn größten konfessionellen, kommunalen sowie privaten Träger von Krankenhäusern – und hier auf Häuser mit mindestens 240 Betten – sowie auf die Universitätskliniken in Deutschland. Sie erfolgte per Sichtung der Internetseiten einzelner Häuser sowie per Nachfrage bei den Trägern. Erfasst wurden sowohl die jeweils höchsten Positionen in den Pflegeabteilungen als auch, wo vorhanden, deren Stellvertretungen: In den meisten Einrichtungen waren dies die Pflegedirektionen und -leitungen, in einigen, vor allem kleineren Häusern aber auch die Pflegedienstleitungen. Die Zählung erfolgte nach Posten, nicht nach Person; eine Pflegedienstleiterin, die etwa für zwei Häuser zuständig ist, wurde demnach zweimal gezählt. Es handelt sich um eine Überblicksrecherche und keine repräsentative Studie; die Angaben sind ohne Gewähr.

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