Keine Vitalzeichen mehr dokumentieren? Wie soll das denn funktionieren? Nein, beim kommunalen Klinikum Region Hannover (KRH) ist nicht die Anarchie ausgebrochen. Hier sind jetzt erstmals neue Geräte zur Vitaldatenmessung im Einsatz, die sowohl Kugelschreiber als auch Tablet am Krankenbett überflüssig machen.
Das neue Gerät scannt auch die Patientenidentität
Statt wie bisher mit drei Geräten auf dem Pflegewagen von Zimmer zu Zimmer ziehen, gibt es jetzt ein Gerät, in das alle Messinstrumente – Thermometer, Sauerstoffsättigungsmesser und Blutdruckmanschette – integriert sind. Dieses neue digitale Gerät wiegt etwa vier Kilo und lässt sich auf Rollen durch die Zimmer schieben. Dazu hat das digitale Gerät einen Scanner, der die Identität des Patienten über sein Armband oder den Code am Bett-Fussende erfasst.
Ein Knopfdruck und die Vitalzeichen sind in der Akte
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Das Gerät hat eine ausgeklügelte Software und kann die Vitalzeichen den einzelnen Patienten – oder besser: ihren elektronischen Akten – zuordnen kann. So lassen sich die erfassten Daten per Wlan direkt in die digitale Patientenaktei senden. Das händische Notieren beim Patienten und das spätere Erfassen im Stationsrechner werden damit überflüssig. Ähnlich wie die Laborwerte sind die Vitaldaten sofort verfügbar. Darüber freuen sich nicht zuletzt auch die Ärzte.
Gerät wurde auch auf Corona-Stationen getestet
In den somatischen Kliniken des Klinikum Region Hannover (KRH) sind schon die ersten „Connex-Spot-7500 Monitor“ (CSM 7500) des US-amerikanischen Medizintechnikunternehmens Hillrom (Marke Welch Allyn) im Einsatz. Das KRH hat sie seit Ende 2019 getestet. „Nachdem alles glatt lief, haben wir sie dann zunächst auf den Corona-Stationen in allen sieben Kliniken und des Geriatrie-Zentrums Langenhagen des KRH eingesetzt“, erklärt Hans Röbbecke, Bereichsleiter Medizintechnik im KRH.
Nun ist der Umstellungsprozess in vollem Gang. Die Stationen am KRH verfügen über 36 bis 40 Betten, die Notaufnahmen bis zu 50. Jede Station soll zwei bis drei Geräte erhalten. Bis Ende 2020 soll die Umstellung auf die CSM 7500-Geräte, die einzeln inklusive Software rund 5.000 Euro kosten, abgeschlossen sein.
Keine komplizierte Einführung ins CSM 7500
Eine Station des Klinikums Siloah zählte mit zu den ersten, die mit dem neuen digitalen Vitaldatenmessgerät arbeiten. Die Pflegekräfte waren bereits mit Videoanleitungen und Infotexten in der Handhabung geschult worden. „Alle haben sich darauf gefreut“, berichtet Teamleiter Pflege Detlef Pfeiffer. „Die Einführung verlief dann auch völlig problemlos. Alle Kolleginnen und Kollegen erkennen die Arbeitserleichterung an.“
„Der CSM 7500 ist eine schöne, schnelle Sache“, findet Pfeiffer. Man habe mehr Zeit im Ablauf, und auch mehr Zeit für Patienten und Kollegen.
Werte falsch notiert? Verwechselt? Das gibt es jetzt nicht mehr
„Die Zeitersparnis allein bei der Messung beträgt rund drei Minuten pro Patient“, so Pfeiffer. Bei den 49 Betten auf Pfeiffers Station summiert sich das in den Stundenbereich – und das zweimal am Tag. Dazu kommen die Vereinfachung und die Reduzierung der Fehlerquellen. Bisher musste man sich vier Werte merken und per Hand in die Akte eintragen. Heute geht das papierlos, was die Fehlergefahr erheblich reduziert. „Auch wenn man einmal abgelenkt wird, die Werte werden zuverlässig erfasst“, sagt Detlef Pfeiffer.
Stationsleitung Detlef Pfeiffer: „Wir schauen uns jeden Wert an“
Er habe seit der Einführung im Februar noch keine fehlerhafte Messung erlebt. „Wir schauen uns dennoch jeden Wert an“, so der Teamleiter. „Es kann höchstens sein, dass er abweicht, wenn die Manschette nicht richtig angelegt ist.“ Um die Zuverlässigkeit und Messgenauigkeit zu prüfen, habe man anfangs parallel mit der Telemetrie gemessen und keine Abweichungen festgestellt.
Digitales Vitalzeichen-Messgerät: selbsterklärend wie ein Apple-PC
„Diese Geräte sind wirklich ausgereift“, urteilt Medizintechniker Hans Röbbecke. „Ich habe nach jeder Einführung schon zwei Tage später nichts mehr von der Station gehört.“ Man habe sich für den CSM 7500 entschieden, weil bereits Vorgängermodelle erfolgreich in den Kliniken liefen und er ähnlich wie ein Apple-PC weitgehend selbsterklärend zu bedienen sei.
Aufwendig, so Röbbecke, sei die Entwicklung der Software gewesen. Sie muss im Wlan einer Klinik von der Unterhaltung und Kommunikation abgeschottet werden, um alle Sicherheitsanforderungen des Datenschutzes zu erfüllen. Nun sei man sehr zufrieden mit dem Ergebnis. „Wir freuen uns, dass wir dem digitalen Krankenhaus nun einen grossen Schritt näher gekommen sind.“
Autor: Johannes Kornacher/kig