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Foto: David Siglin/Unsplash

Corona-Schnelltests

Heime, testet auch die Externen!

Handwerker, Putzkräfte, Zeitarbeiter: Noch immer werden viele, die in Heimen ein- und ausgehen, nicht auf Corona getestet. Auch bei den ambulanten Diensten sind Schnelltests noch die Ausnahme

Viele Heime testen zwar mittlerweile Stammpersonal, Bewohner und Besucher auf das Coronavirus. Aber wie schaut es beim Leasing-Pflegepersonal und bei externen Dienstleistern wie Putz- und Küchenhilfen oder Handwerkern aus?  Nicht immer werden sie offenbar in die Teststrategien der Heime so vorbildlich einbezogen wie bei der Evangelischen Heimstiftung in Baden-Württemberg, wo jeder, der das Haus betritt, vorab mit einem Schnelltest getestet wird – auch die Kollegen in der Küche, Reinigung und Verwaltung, Handwerker ebenso und auch Journalisten, die für kurze Drehs oder Interviews ins Haus kommen. Zusätzlich tragen alle schon seit Dezember eine FFP2-Maske, berichtet Pressesprecherin Alexandra Heizereder auf Anfrage.

„Von Heim zu Heim gehüpft ohne Test“

In dem von neun Experten um den Internisten und ehemaligen Sachverständigen Matthias Schrappe verfassten „Thesenpapier 7.0“ vom 10. Januar wird eine Leasingfachkraft in der Altenpflege zitiert, die „nicht nachvollziehen kann, warum nicht vor jedem neuen Einsatz ein Schnelltest durch die Pflegeeinrichtung durchgeführt werden kann, da ein stetiger Wechsel der Einsatzorte ein sehr hohes Risiko für die Bewohner bedeutet“. Die Frau arbeite „wiederholt auf Bereichen, die vom Virus betroffen sind und hüpfe von Einrichtung zu Einrichtung“, ohne dass sie regelmäßig getestet werde. Während der ganzen  Corona-Krise habe sie das bislang nur in zwei Einrichtungen erlebt. Mit diesem Vorgehen würden Einrichtungen „Menschen in unverantwortlicher Weise gefährden“, kritisiert die Autorengruppe, zu der auch die ehemalige Vorsitzende des Aktionsbündnisses Patientensicherheit Hedwig François-Kettner zählt.

Zeitarbeitsfirmen argumentieren bürokratisch

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Eine Nachfrage der Experten in drei Akut-Kliniken habe bestätigt, dass auch hier nur eine Einrichtung sachgerecht vorging und in den beiden anderen „das Leasingpersonal selten oder gar nicht getestet wird“. Das externe Personal werde zwar selten oder gar nicht bei Covid-19-Patienten eingesetzt, sei damit jedoch wahrscheinlich als potentieller Träger des Virus auch eine Gefahr in den bis dato Corona-freien Zonen.

Auf die Frage, warum die Leasingfirmen ihr Personal nicht selbst testen, habe man zur Antwort erhalten, „dass auf rechtlicher Grundlage die einsetzende Einrichtung für den Test zuständig ist, die den entsprechenden Mitarbeiter bucht, und Leasingfirmen dafür weder die Testmittel noch die entsprechende Finanzierung erhalten“.

Experten: Manches Heim duldet Mitarbeiter ohne Maske   

Im Management vieler Einrichtungen bestehe „weiterer Verbesserungs- und Optimierungsbedarf“, mahnen die Thesenpapier-Experten. Aus „Unkenntnis“ oder „mangelhafter Einsicht“ würden essenzielle Schritte nicht oder nur unzureichend vollzogen. „Inadäquates Verhalten von Beschäftigten (wie arbeiten ohne Schutzmaterialien oder krank zur Arbeit kommen) wurde oder wird offenbar von Trägern nicht entsprechend geahndet bzw. sogar befürwortet/geduldet“, heißt es in dem Papier.

Pflegedienste fühlen sich bei Schnelltests im Stich gelassen 

Noch größeren Nachholbedarf sehen die Experten im ambulanten Pflegesektor. Obwohl der Staat aus Kostengründen vor einigen Jahren die Devise ausgegeben hatte „Ambulant vor stationär“, würden professionell Pflegende aktuell berichten, „dass sie aus personellen Gründen beim – im häuslichen Umfeld betreuten – Patienten keine Testmöglichkeiten bzw. eine irgendwie geartete Unterstützung zur Umsetzung haben“. Die ambulanten Pflegedienste wünschen sich laut „Thesenpapier 7.0“ einen „direkten Draht zum Gesundheitsamt, eine Hotline für Pflegedienste“. Stattdessen dauere jetzt jede Anfrage beim Amt „Tage“, berichtet eine Leiterin. Die Dienste fühlten sich in der Pandemie „alleingelassen“ und im Vergleich zum stationären Sektor „vernachlässigt“. Viele Regelungen und Empfehlungen seien für den ambulanten Sektor zudem nicht anwendbar. 

Keine Zeit für Ausreden: Es gibt einen Anspruch auf Tests

Es stimme wohl, sagt François-Kettner auf Nachfrage von Pflegen-online, „dass es bisher bezüglich der externen Dienstleister keine klare Vorgabe oder Vereinbarung seitens der Länder dazu gibt“. Sie selbst habe im Kanzleramt darum gebeten, eine zentrale Vorgabe zu machen. Allerdings gebe es seitens der Heime jetzt „eigentlich keine Entschuldigung mehr dafür“, denn die infrastrukturellen Rahmenbedingungen seien inzwischen geschaffen worden. Die Pflegemanagerin und ehemalige Pflegedirektorin der Charité verweist in diesem Zusammenhang auf einen „Aufruf der Bundesregierung zur Gewinnung von Testpersonal“ vom 15. Januar, unterzeichnet von Kanzleramtschef Helge Braun. Danach sei mit der Testverordnung „ein Anspruch geschaffen“ worden, „Bewohner, Personal und Besucher in Pflegeeinrichtungen (…) testen zu können“. 

Test-Helfer der Bundeswehr rund um die Uhr zu erreichen

Um die Heime hier personell zu stärken, werde der Bund „einen öffentlichen Aufruf zur Gewinnung von zusätzlichem Testpersonal starten“, heißt es in dem Schreiben. Das Personal soll die Heimen solange unterstützen, bis sich durch die angelaufene Impfkampagne die Situation entspannt habe. Zunächst werde der Bund Personal der Bundeswehr einsetzen, das für maximal drei Wochen zur Verfügung stehe. Die Heime können sich hierfür direkt an die Kreis-, Bezirks- oder Landeskommandos oder auch direkt an das Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr wenden, welche rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche unter der Telefonnummer 030/4981-4444 oder per E-Mail KdoTACOVID-19@bundeswehr.org erreichbar sei.

Freiwillige Tester gesucht!

Die Bundesagentur für Arbeit richte laut Helge Brauns Schreiben parallel eine Hotline ein, über die sich freiwillige Tester melden können. Beide Test-Personengruppen – Bundeswehr und Freiwillige – erhalten demnach eine Schulung durch das Deutsche Rote Kreuz oder anderen Hilfsorganisationen.  Als Stundenlohn für die freiwilligen Tester werden 20 Euro vorgeschlagen. Dadurch, dass die Einrichtungen für diese pro Test 9 Euro für die Durchführung abrechnen können, „wird dieser Stundenlohn durch diese Refinanzierungsmöglichkeit (über-)kompensiert“, heißt es in Brauns Schreiben.  

Virus eingeschleppt durch Impf-Teams?

Zwei Corona-Ausbrüche nach Impfungen in Pflegeheimen werfen derweil die Frage auf, inwieweit die von außen in die Heime kommenden Impfteams selbst eine Infektionsgefahr darstellen. So seien in einem Pflegeheim im fränkischen Lichtenfels 51 Bewohner und 33 Mitarbeiter nach Besuch des Impfteams positiv getestet worden, berichten die Nürnberger Nachrichten. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Auch im schleswig-holsteinischen Itzstedt, so berichtet der Spiegel, wurde in einem Heim bei 33 Menschen das Coronavirus nachgewiesen, nachdem dort am 9. Januar eine Impfaktion stattgefunden hatte. 25 Bewohner und acht Mitarbeiter des Hauses Itzstedt hätten sich nach vier bis fünf Tagen infiziert 

Autorin: Birgitta vom Lehn

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