Im Gutenberg-Saal 1 in der Rheingoldhalle gibt es kaum mehr einen freien Platz. Es geht um die Berufsordnung. Dass Publikum ist konzentriert. Kein Türenschlagen, kein Smartphone-Checken. Die beiden Referentinnen Ilona Groß, Krankenpflegerin mit Master of Science in Nursing, und Andrea Kuhn, ebenfalls Krankenpflegerin und Pflegewissenschaftlerin, kommen auf einen wichtigen Aspekt der Berufsordnung zu sprechen: auf das Gelöbnis. Vor 50 Jahren hätte es spätestens an dieser Stelle wohl demonstratives Gähnen gegeben, wenn nicht Saalflucht.
„Ein Gelöbnis bringt unseren Stolz zum Ausdruck“
Heute hingegen an diesem sonnigen „Pflegetag Rheinland-Pfalz“ in Mainz wird es gerade an dieser Stelle spannend. Ein graumelierter Pfleger äußert Zweifel: Gelöbnis – das klinge nach Mittelalter, das würde junge Menschen abstoßen. Schon melden sich „die jungen Menschen“ zu Worte. „Ein Gelöbnis ist wichtig für das Selbstwertgefühl in der Pflege. Am Ende der Ausbildung bringt es unseren Stolz zum Ausdruck, zu diesem Beruf zu gehören“, sagt eine junge blonde Frau aus dem Publikum und erntet Applaus.
Marvin Essers (siehe Foto oben), Pflegeschüler am Katholischen Klinikum Mainz, setzt nach: „Unsere Ausbildung betont das Wissenschaftlich-Professionelle immer stärker. Da ist es nicht schlecht, wenn der emotionale Bezug, der sich in einem Gelöbnis ausdrückt, nicht zu kurz kommt. Ein weiterer Punkt: Es gibt inzwischen so viele Strömungen in der Pflege, dass das Gelöbnis ein Gefühl der Verbundenheit schaffen kann.“
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„Ein großer Schritt zur Professionalisierung“
Nach der Veranstaltung steht der 27-jährige Marvin Essers mit seiner Lehrerin und seinen Kurskolleginnen zusammen – sie diskutieren immer noch über das Gelöbnis. Ja, man könne es auch „Eid“ nennen so wie die Ärzteschaft, das klinge weniger militärisch. Aber grundsätzlich sind alle angetan von der Gelöbnis-Idee der AG Berufsordnung der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz. „Das scheint mir ein großer Schritt hin zur Professionalisierung. Das Gelöbnis ist für mich ein Zeichen, dass sich wirklich etwas zu ändern beginnt, es verleiht einem eine gewisse Standhaftigkeit, man sieht sich in einer Reihe mit anderen Professionen wie Ärzten und Polizisten“, sagt Aida Behranin (28, in der Mitte auf dem Foto oben).
Kammer arbeitet mit Hochdruck an der Berufsordnung
Die Berufsordnung ist noch in der Entwicklungsphase, es gibt einen ersten Entwurf, der in der 1. Lesung in der Vertreterversammlung der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz weiter ausgearbeitet wird. Wer schon einmal wissen möchte, wie eine Berufsordnung für Pflegekräfte grundsätzlich aussehen könnte, schaut sich am besten den ICN-Ethikkodex des International Council of Nurses (ICN) von 1953 an: Dieser wird nämlich die ethische Grundlage für die Berufsordnung der Landespflegekammer bilden.
Auszug aus dem ICN-Ethikkodex (ethische Grundlage der Berufsordnung)
Die Pflegende ist persönlich verantwortlich und rechenschaftspflichtig für die Ausübung der Pflege sowie für die Wahrung ihrer fachlichen Kompetenz durch kontinuierliche Fortbildung.
Die Pflegende achtet auf ihre eigene Gesundheit, um ihre Fähigkeit zur Berufsausübung nicht zu beeinträchtigen.
Die Pflegende beurteilt die Fachkompetenzen der Mitarbeitenden, wenn sie Verantwortung delegiert.
Die Pflegende achtet in ihrem persönlichen Verhalten jederzeit darauf, das Ansehen des Berufes hochzuhalten und das Vertrauen der Bevölkerung in die Pflege zu stärken.
Die Pflegende gewährleistet bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit, dass der Einsatz von Technologie und die Anwendung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse vereinbar sind mit der Sicherheit, der Würde und den Rechten der Menschen.
Text und Foto: Kirsten Gaede
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