Es sind starke Worte, die die 17 katholischen Sozialethiker in ihrer achtseitigen Stellungnahme wählen (siehe pdf-Download am ende dieses Artikels): Durch die Weigerung, einem Lohn-Dumping in der Altenpflegebranche mit einem einheitlichen Tarifvertrag entgegenzuwirken, werde der Imageverlust der Caritas forciert. Die Gemeinwohlorientierung der gesamten Caritas mit allen ihren Einrichtungen werde untergraben. Dem „sowieso ramponierten gesellschaftlichen Ansehen der katholischen Kirche“ würde die Caritas weiteren Schaden zufügen.
Caritas setzt sich wirtschaftlichem Druck aus
Die 17 Sozialethiker sprechen außerdem von Solidaritätsverweigerung gegenüber den Pflegekräften, die bei zumeist privat-gewinnwirtschaftlicher Trägern zu schlechten Arbeitsbedingungen und geringen Löhnen beschäftigt seien. Auch ökonomisch betrachtet sei die Ablehnung des Flächentarifvertrags kurzsichtig: Die Caritas, eigentlich bekannt für ihre guten Gehälter, würde sich starken Konkurrenzdruck aussetzen. Denn diejenigen privaten Träger, die bisher geringe Löhne gezahlt hätten, könnten dies ohne Flächentarifvertrag weiterhin tun und deutlich bessere Betriebsergebnisse erzielen als die Caritas.
Peter Neher fordert Kritiker auf, sich zurückzuhalten
Auch Caritas-Präsident Peter Neher kritisiert die Entscheidung der arbeitsrechtlichen Kommission. Sie verhindere eine höhere Entlohnung von vielen Pflegekräften außerhalb der Caritas und schade dem Ansehen des Verbandes. „Ich will auch kein Hehl daraus machen: Ich hätte mir aus sozialpolitischen Erwägungen eine andere Entscheidung gewünscht.“ Trotzdem appelliert Peter Neher an Kritiker innerhalb der Caritas, die Entscheidung zu akzeptieren. Zu den internen Kritikern dürften neben den 17 katholischen Sozialethikern auch Mitarbeitervertreter zählen, der leitende Mitarbeitervertreter Thomas Rühl hatte sich vor der Entscheidung der Kommission deutlich für den Flächentarifvertrag ausgesprochen. Bei der Beschlussfassung wurden sie aber anscheinend überstimmt (die Sitzungen sind geheim, deshalb ist nicht bekannt, wer wie gestimmt hat).
Sozialethiker: „Die Kommission könnte ihren Beschluss revidieren“
Doch die Sozialethiker fühlen sich durch den Appell des Caritas-Präsidenten nicht gebunden. Auch wenn Peter Neher öffentlich mitteilte, dass von den katholischen Sozialethikern und Sozialethikerinnen „Respekt vor den Entscheidungen in einer paritätisch besetzten Kommission zu erwarten“ sei. Matthias Möhring-Hesse von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen, einer der 17 Sozialethiker, hält dagegen: „Natürlich darf die Entscheidung kritisiert werden. Warum denn nicht? Weil sie im stillen Kämmerchen getroffen wurde? Oder einfach nur, weil sie getroffen wurde? Das ist Blödsinn. Die Kommission hat durchaus die Möglichkeit, noch einmal zu tagen und ihren Beschluss zu revidieren. Es muss bei dieser Entscheidung nicht bleiben.“
Autorin: Kirsten Gaede