Die überwiegende Mehrheit der deutschen Bevölkerung nutzt täglich das Internet. Social-Media-Plattformen erfreuen sich großer Beliebtheit, Instagram hat hierzulande monatlich 27,5 Millionen Nutzer. Manch Pflegekräfte haben durch Social Media (aber auch durchs Fernsehen, muss man wohl gerechterweise sagen) inzwischen sogar außerhalb der Pflegebranche ein Publikum, Ricardo Lange etwa oder Leah Weigand.
Arbeitgeber muss Social-Media-Aktivität zustimmen
Stefan Schwark, Referent für Öffentliche Kommunikation im Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) Nordwest, sieht darin einige Vorteile: „Mit dem Auftritt von Pflegenden in den sozialen Medien kann das Vertrauen in die Berufsgruppe wachsen und es entsteht eine Vernetzung zwischen Pflegefachpersonen. Schlau und mit Bedacht genutzt, bieten soziale Medien das Potenzial für echte Mehrwerte.“
Warum also nicht selbst das ein oder andere aus dem Berufsalltag posten? Stefan Schwark rät zur Vorsicht: „Über die tägliche Arbeit von Pflegefachpersonen darf ohne Zustimmung vom Arbeitgeber öffentlich fast gar nicht berichtet werden. Die Öffentlichkeit ist in sozialen Medien aber schnell hergestellt.“ Interne Prozesse, Mitarbeiter- und Patienteninformationen seien im Gesundheitswesen derart sensibel, dass auch vermeintlich anonyme Berichte (zu) viele Informationen enthalten könnten. „Die Einhaltung der Schweigepflicht von Pflegepersonen hat im Rahmen von rechtssicherem und berufsethischem Auftreten stets höchste Priorität.“ Verstöße könnten Abmahnungen und in gravierenden Fällen auch eine fristlose Kündigung nach sich ziehen.
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Auch Claudia Gips, Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht meint: „Zuerst mal sollte man in den eigenen Arbeitsvertrag gucken, ob dort besondere Geheimhaltungsvereinbarungen festgehalten sind.“ Sei dies nicht der Fall, gäbe es trotzdem zahlreiche Rechte und Pflichten, die man einhalten muss.
1. Recht am eigenen Bild
Schnell ein Selfie mit einem Bewohner oder ein Bild von der lustigen Gruppenaktivität bei Instagram posten? „Das ist keine gute Idee, wenn man nicht ausdrücklich die Erlaubnis aller gezeigten Personen eingeholt hat“, so die Fachanwältin. „Dabei muss man auch beachten, ob derjenige überhaupt die Entscheidungsfähigkeit über das Veröffentlichen seines Bildes hat. Ein Demenzkranker kann nicht mehr beurteilen, ob er das möchte oder nicht. In dem Fall müsste man die Angehörigen oder offiziellen Betreuer um Genehmigung bitten.“
2. Hausrecht
Fotos, die man in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers aufgenommen hat, sollte man ebenfalls nicht einfach posten. Claudia Gips: „Hier gilt das Hausrecht des Arbeitgebers. Er kann darüber entscheiden, ob Fotos seiner Räume online gestellt werden dürfen oder nicht. Selbst, wenn dies nicht explizit im Arbeitsvertrag erwähnt ist, sollten Mitarbeiter auf jeden Fall vorher Rücksprache mit dem Vorgesetzten halten.“
Stefan Schwarke ergänzt: „Wenn mit dem Arbeitgeber nichts anderes vereinbart ist, darf man weder Fotos vom Dienstgelände noch von dienstlichen Ressourcen wie Dienstkleidung, Namensschildern oder Instrumenten veröffentlichen.“
Das Hausrecht gilt natürlich auch für die Wohnräume und Grundstücke ambulant gepflegter Personen. Diese dürfen ebenfalls nur mit deren Einverständnis abgebildet werden.
3. Persönlichkeitsrecht
Das Persönlichkeitsrecht umfasst alle persönlichen Daten eines Menschen, darunter Namen, Adresse, Alter, Aufenthaltsorte, aber auch die Stimme. „Wer ein Video in den sozialen Medien postet, auf dem eine oder mehrere Stimmen zu hören sind, muss ebenfalls die Einwilligung der Personen einholen“, erklärt Claudia Gips. Bei (genehmigten) Videos und Fotos sollte besonderes Augenmerk daraufgelegt werden, dass keine persönlichen Daten von Patienten, Kollegen oder dem Arbeitgeber zu erkennen sind. „Das kann zum Beispiel der lesbare Computermonitor im Hintergrund sein, aber auch Akten oder Inventarlisten.“
4. Betriebsgeheimnis
Die meisten Arbeitsverträgen enthalten eine Geheimhaltungsklausel. Das bedeutet, dass der Mitarbeiter keine firmeninternen Daten, Abläufe oder Prozesse nach außen bekannt geben darf. Darunter fallen beispielsweise Details zu Gehaltszahlungen, Verträge mit Dienstleistern oder betriebsinterne Statistiken über die Patientenanzahl. Diese Daten sollten ohne Einwilligung des Arbeitgebers also weder absichtlich in den sozialen Medien veröffentlicht oder zur Diskussion gestellt werden, noch versehentlich im Bildhintergrund zu erkennen sein.
Anders verhält es sich mit den Angaben zur eigenen Person. „Auf beruflichen Netzwerken wie Linked.in ist es beispielsweise üblich, seinen Arbeitgeber und die Tätigkeitsdauer zu nennen. Das stellt in der Regel kein Problem dar“, erklärt Claudia Gips.
„Die Nennung des Arbeitgebers kann riskant sein, solange sie nicht abgestimmt ist und über die Nennung im eigenen Lebenslauf hinausgeht“, ergänzt Stefan Schwark. „Es besteht immer die Gefahr unbeabsichtigter Rufschädigung des Unternehmens.“
Generell sollte man die Dynamik sozialer Medien nicht unterschätzen. Ist ein Bild, ein Beitrag oder ein Video erstmal online gestellt, können andere Menschen es innerhalb von Sekunden teilen und so weiterverbreiten. Selbst, wenn man das Posting schnell wieder löscht, kann es bereits in den Weiten des Internets unterwegs sein. Was dann damit geschieht, hat man nicht mehr in der Hand.
5. Loyalitätspflicht
„In Deutschland gilt generell Meinungsfreiheit“, sagt Claudia Gips. „Das bedeutet, man darf auch in den sozialen Medien schreiben, was man denkt.“ Im Zusammenhang mit dem Arbeitgeber gibt es dabei allerdings Ausnahmen. „Wenn eine Meinungsäußerung negativ auf den Arbeitgeber zurückfallen kann, kann es zu einer Loyalitätsverletzung kommen“ erläutert Claudia Gips. Das sei beispielsweise der Fall, wenn man sich öffentlich negativ über die Einrichtung oder den Vorgesetzten äußert oder extremistische politische Ansichten vertritt.
Darf der Arbeitgeber überwachen, was die Mitarbeiter posten?
„Nein, wenn es um Inhalte auf einem privaten Account geht, darf der Arbeitgeber seine Angestellten nicht kontrollieren“, sagt Claudia Gips. Auch Stefan Schwark erklärt: „Arbeitgebende dürfen nicht gezielt nachverfolgen, was Mitarbeiter privat kommunizieren. Eine auf eine solche Weise erlangte Information kann nicht für arbeitsrechtliche Sanktionen verwendet werden.“ Im Zweifelsfall ist dem Arbeitgeber jedoch schwer nachzuweisen, dass er nicht durch Zufall auf Postings mit berufsrelevantem Inhalt gestoßen ist.
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Neu: Lehrgang Social Media Nurse
Den Zertifikatslehrgang Social Media Nurse® bietet der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe DBfK Nordwest e. V. erstmals von Oktober 2023 bis Februar 2024 an. Er findet ausschließlich online statt und umfasst 82 Stunden mit abschließender Prüfung.
Der Lehrgang richtet sich an beruflich Pflegende, die professionell in Sozialen Medien über ihren Beruf berichten möchten – oder zukünftig hierzu explizit beruflich eingebunden werden. Experten bereiten die Teilnehmer darauf vor, berufliche Pflege in den sozialen Medien anschaulich, reflektiert und verantwortungsbewusst zu kommunizieren.
Details und Buchung: www.social-media-nurse.de
Autorin: Melanie Thalheim