Trockene, schuppige Haut, wunde Stellen oder traumatische Einrisse – viele Menschen haben Hautprobleme. Auch wenn sie unabhängig vom Alter auftreten, gibt es Menschen mit einem besonderen Risiko. Dazu gehören laut dem neuen „Expertenstandard zur Erhaltung und Förderung der Hautintegrität in der Pflege“ unter anderem:
- ältere Menschen
- Säuglinge
- Menschen mit Diabetes mellitus
- Menschen mit Inkontinenz
- Menschen mit eingeschränkter Mobilität
Der im Juli 2023 veröffentlichte Expertenstandard konzentriert sich auf fünf häufige hautbezogene Risiken und Probleme, von denen ältere Menschen oft gleich mehrfach betroffen sind:
- Xerosis cutis: trockene Haut
- Inkontinenz-assoziierte Dermatitis: Entzündung der Haut durch längeren Kontakt der Haut mit Stuhl und Urin infolge einer Inkontinenz (bei Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen)
- Windeldermatitis: entzündliche Haut durch längeren Kontakt der Haut mit Stuhl und Urin (bei Säuglingen und Kleinkindern)
- Intertrigo: Entzündungen, die durch Haut-zu-Haut-Kontakt vor allem in Hautfalten entstehen, z. B. in den Leisten oder unter der Brust
- Skin Tears: Einrisse fragiler Haut, meist bei älteren Menschen.
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Was die Haut laut Expertenstandard schützt
Der Expertenstandard Hautintegrität enthält zahlreiche Empfehlungen für die Pflegepraxis. Die Experten betonen, dass es bei allen Maßnahmen wichtig ist, sich am individuellen Hautbild der Bewohnerin oder des Patienten zu orientieren.
Tipp 1: Bei Aufnahme auch auf die Haut schauen
Um Menschen mit hautbezogenen Risiken und Problemen zu identifizieren, empfiehlt die Expertenarbeitsgruppe zunächst eine erste Hauteinschätzung, etwa bei Aufnahme ins Krankenhaus oder Einzug ins Pflegeheim. Sollten Sie dabei Hautrisiken oder Probleme erkennen, ist eine vertiefte Einschätzung mit Hautinspektion angezeigt.
Tipp 2: Wasser-in-Öl (lipophile) Produkte verwenden
Liegen Hautrisiken und -probleme vor, empfehlen sich pH-hautneutrale bis saure Hautmittel zur Reinigung (pH-Wert unter 7). Außerdem: Mindestens einmal täglich nach der Reinigung lipophile Hautmittel auf der Haut auftragen (bei Skin Tears mindestens zweimal täglich). Alle Hautmittel (in einem Maßnahmenplan) genau dokumentieren – und auch erwähnen, in welcher Häufigkeit die Haut gereinigt und gepflegt werden soll.
Lipophil bedeutet „fettliebend“ oder „fettreich“. Dieser Begriff ist auf Hautpflegeprodukten aber meist nicht zu finden. Eher ist auf der Verpackung „Fettsalbe“ oder „Wasser-in-Öl-Gemisch“ zu lesen. Generell eignen sich hydrophile („wasserreiche“) Hautmittel eher für feuchte und lipophile eher für trockene Haut.
Tipp 3: Seife sparsam, eventuell No-Rinse-Produkte verwenden
Beim Waschen sind Wasser und Reinigungsmittel (pH 5–7) grundsätzlich sehr sparsam einzusetzen, gerade etwa unter der Achseln und im Intimbereich. Das gilt vor allem bei sehr trockener Haut. Das Wasser sollte lauwarm sein. Bei ausgeprägter Xerosis cutis, Intertrigo und Skin Tears sind auch Reinigungstücher geeignet, sogenannte No-Rinse-Produkte (Waschen ohne Wasser).
Tipp: No-Rinse-Produkte sind weiche Reinigungstücher, die bereits Hautmittel enthalten. Sie ermöglichen Hautreinigung und -pflege in einem Schritt. Der große Vorteil liegt im Verzicht auf Wasser, das grundsätzlich austrocknend auf die Haut wirkt. Sie eignen sich besonders, wenn eine häufige Hautreinigung nötig ist, zum Beispiel bei Stuhl- und Urininkontinenz oder starkem Schwitzen.
Tipp 4: Trocken tupfen, nicht rubbeln
Nach dem Waschen die Haut bitte mit einem weichen Tuch und sanftem Druck vorsichtig trocken tupfen. Besonderes Augenmerk auf große Hautfalten und Zehenzwischenräume legen.
Tipp 5: Pflegebedürftigen die Produkte nicht vorschreiben
Berücksichtigen Sie bei der Auswahl der Hautreinigungs- und Pflegeprodukte die Wünsche und Bedürfnisse der Patienten oder Bewohner. Sollten Sie feststellen, dass die genutzten Hautmittel möglicherweise ungeeignet oder schädlich sind, sprechen Sie mit dem Pflegebedürftigen oder den Angehörigen. Gerade in der häuslichen Pflege sind bei der Auswahl der Produkte auch finanzielle Aspekte zu bedenken, da die Pflegebedürftigen die Kosten meistens selbst tragen müssen.
Tipp 6: Bei Intertrigo auch auf Kleidung achten
Bei Intertrigo können Sie Leinenstoffstücke, weiche Vlieskompressen, Baumwolltextilien oder speziell mit Silber imprägnierte Textilien in die Hautfalten legen, um einen direkten Haut-zu-Haut-Kontakt zu vermeiden. Sie sollten bei Durchfeuchtung aber mindestens zweimal täglich gewechselt werden. Bei der Kleidung darauf achten, dass Haut nicht auf Haut liegt, zum Beispiel: Pyjama statt Nachthemd oder enganliegende Unterhosen mit Beinen.
Tipp 7 : Besondere Pflege der Füße bei Diabetes
Bei Diabetes mellitus empfiehlt der Expertenstandard eine tägliche Hautinspektion der Füße. Nach dem Waschen die Füße und Zehenzwischenräume bitte sorgfältig und schonend abtrocknen! Und: Die Füße täglich mit lipophilen Hautmitteln eincremen, dabei aber die Zehenzwischenräume aussparen.
Tipp 8: Kompressionsstrümpfe: Feuchthaltefaktoren sind gefragt
Bei chronischer venöser Insuffizienz kommt es durch die Kompressionsstrümpfe oft zu einer Verstärkung der ohnehin trockenen Haut. Hier sieht der Expertenstandard vor, die Haut mit einem pH-hautneutralem Produkt zu reinigen und anschließend ein lipophiles Hautmittel mit Feuchthaltefaktoren aufzutragen – am besten abends, wenn die Kompressionstrümpfe zur Nacht abgelegt werden.
Tipp 9: Inkontinenzmaterialien mit Superabsorber
Bei Inkontinenz ist es wichtig, die Inkontinenzmaterialien regelmäßig zu wechseln, um Belastung der Haut durch Urin und Stuhl zu minimieren. Hier empfiehlt der Expertenstandard Materialien mit Superabsorber, die über eine hohe Aufnahmefähigkeit und gute Retention verfügen. Aus hygienischen Gründen sind Einmalwaschlappen zu verwenden.
Tipp 10: Kleidung mit langen Ärmeln und Beinen bei Skin Tears
Bei Risiko für Skin Tears ist vor allem eine gute Sturzprophylaxe und eine sichere Umgebung wichtig, etwa durch Abpolstern von Ecken und Kanten und eine ausreichende Beleuchtung. Die Experten empfehlen auch ein sehr vorsichtiges Handling bei allen pflegerischen Maßnahmen. Langärmelige und langbeinige Kleidung können die empfindliche Haut vor Verletzungen schützen, ebenso wie Schienbein- oder Armschoner.
Außerdem ist es wichtig, bei problematischer Haut von bestimmten Gewohnheiten und Gepflogenheiten Abstand zu nehmen. 5 häufige Fehler, die sich leicht vermeiden lassen:
Fehler 1: Warmes oder gar heißes Wasser
Bieten Sie bei Hautrisiken oder -problemen am besten kein Vollbad an – oder begrenzen Sie es zeitlich zumindest (mit nicht zu heißem Wasser). Wasser trocknet die Haut aus. Je wärmer das Wasser, desto größer der Austrocknungseffekt. Besser als Baden ist, lauwarm zu duschen.
Fehler 2: Diabetiker Fußbäder selbst machen lassen
Bei Diabetes mellitus sieht die Expertenarbeitsgruppe Fußbäder ohne professionelle Begleitung kritisch. Eine zu lange Dauer und zu hohe Temperatur können für die Haut schädlich sein. Hinzu kommt, dass die Patienten die Temperatur aufgrund des Diabetes oft nicht richtig einschätzen können.
Fehler 3: Verschmutzungen wegrubbeln
Entfernen Sie bei Inkontinenz Stuhlreste und eingetrocknete Verschmutzungen nicht durch stärkere mechanische Reibung. Besser ist, sie mit einem feuchten Tuch oder Einmalwaschlappen anzufeuchten (rehydrieren), um sie dann ohne mechanische Belastung zu entfernen.
Fehler 4: Zinksalbe (und ähnliche Salben)
Bei drohender oder bereits bestehender Inkontinenz-assoziierter Dermatitis ist es ratsam, auf visköse Pasten wie Zinkpaste möglichst zu verzichten oder sie zumindest nur sehr sparsam einzusetzen. Ihr Nachteil: Sie erschweren die Hautbeobachtung, sind schwer zu entfernen und können zudem die Vliesschicht von Inkontinenzmaterialien verkleben. Um dem schädigenden Einfluss von Ausscheidungen vorzubeugen, empfehlen sich andere schützende Hautmittel, die auf der Haut verbleiben können.
Fehler 5: Klebende Verbandmittel bei Skin Tears
Bei Skin Tears decken Sie Wunden bitte nicht mit auf klebende Verbandmittel und -fixierungen zu. Besser sind silikonbeschichtete Verbandmittel, die sich leicht und ohne das Risiko zusätzlicher Verletzungen entfernen lassen. Auch lassen sich Wundkompressen alternativ mit Schlauchverbänden fixieren.
Der vollständige „Expertenstandard zur Erhaltung und Förderung der Hautintegrität in der Pflege“ ist als Druckversion über das Deutsche Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) zu beziehen. In digitaler Form gibt es einzig ein pdf mit Inhaltsverzeichnis und Präambel.
Autorin: Brigitte Teigeler