Es gibt Vorschriften und Regelungen, die rufen nur ein Schulterzucken hervor – und es gibt die Berufsordnung (BO). Sie betrifft die Angehörigen einer Berufsgruppe direkt, sie regelt ihren Alltag. Ärzte und Psychotherapeuten etwa haben schon lange eine BO. Für Pflegefachpersonen gibt es sie gesetzlich verankert seit 1. Januar 2020 erstmals in Deutschland - und zwar in Rheinland-Pfalz, verfasst von der dortigen Landespflegekammer.
Unprofessionelles Verhalten, Gewalt - all dies sind Themen der Berufsordnung
Die Vorteile für die Mitglieder in Rheinland-Pfalz liegen auf der Hand: Die BO gibt in heiklen beruflichen Situationen Orientierung. Einige Bespiele:
- Eine Pflegekraft hat konkrete Hinweise, dass ein ihr anvertrauter Mensch mit Pflegebedarf Gewalt erfahren hat.
- Aktuelle Qualitätsanforderungen werden vom Arbeitgeber des Mitglieds nicht umgesetzt.
Auch für den Umgang mit sozialen Medien gibt es Vorgaben
Aber es geht auch um Alltägliches, etwa um den Umgang mit:
- sozialen Medien
- Dokumentation
- Freiberuflichkeit
- Werbung für die eigene berufliche
- Tätigkeit
- Honorierung der eigenen Leistung
Nicht zuletzt gibt es nun auch die Möglichkeit, eine Deklaration, auch feierliches Versprechen genannt (ebenfalls in der BO abgedruckt), vor der Landespflegekammer abzulegen.
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Mitglieder befürworten Orientierung an internationalen Standards
Dass die BO für die Berufspraxis große Bedeutung hat, zeigt übrigens auch eine Online-Umfrage der Kammer, an der sich rund 1.000 Mitglieder beteiligt haben: Viele erhoffen sich von der BO Hilfe in ihrem Berufsalltag, außerdem befürworten die Teilnehmer die Orientierung am International Council of Nurses (ICN).
Die 5 wichtigsten Punkte des ICN-Kodex
Im ICN-Ethikkodex heißt es über die Pflegefachkraft unter anderem:
- Sie ist persönlich verantwortlich und rechenschaftspflichtig für die Ausübung der Pflege sowie für die Wahrung ihrer fachlichen Kompetenz durch kontinuierliche Fortbildung.
- Sie achtet auf ihre eigene Gesundheit, um ihre Fähigkeit zur Berufsausübung nicht zu beeinträchtigen.
- Sie beurteilt die Fachkompetenzen der Mitarbeitenden, wenn sie Verantwortung delegiert.
- Sie achtet in ihrem persönlichen Verhalten jederzeit darauf, das Ansehen des Berufes hochzuhalten und das Vertrauen der Bevölkerung in die Pflege zu stärken.
- Sie gewährleistet bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit, dass der Einsatz von Technologie und die Anwendung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse vereinbar sind mit der Sicherheit, der Würde und den Rechten der Menschen.
Wie die Berufsordnung mit der Pflegekammer zusammenhängt
Warum gibt es ausgerechnet in Rheinland-Pfalz die erste gesetzliche verankerte Berufsordnung für Pflegefachkräfte in Deutschland? Das hängt mit der Pflegekammer zusammen: Damit in Rheinland-Pfalz überhaupt eine Pflegekammer etabliert werden konnte, musste das Heilberufsgesetz geändert werden. Mit dieser Änderung war für die Kammer der Auftrag verbunden, eine Berufsordnung zu entwickeln und zu erlassen. Das bedeutet: Die Berufsordnung für die Profession Pflege in Rheinland-Pfalz ist rechtlich bindend, alle in ihr formulierten Rechte und Pflichten sind einklagbar.
Autorin: Kirsten Gaede
Weite Passagen dieses Artikels sind zuerst im Magazin der Pflegekammer Rheinland-Pfalz erschienen.