Wenn es um E-Mobility geht, sind die großen ambulanten Pflegedienste schon seit einigen Jahren ganz vorn dabei. Die Caritas hat mehrere hundert Elektroautos, auch Diakonie, der Arbeiter Samariter Bund oder die Arbeiterwohlfahrt setzen bei der Erneuerung ihrer Fahrzeugflotte auf den Elektro-Antrieb. Und dass, obwohl Elektroautos immer noch doppelt so viel wie Benziner kosten. Stellt sich die Frage: Können sich das auch kleinere ambulante Pflegeanbieter leisten?
„Ja“, sagt Alexander Licht, Geschäftsführer des ambulanten Pflegedienstes AP Licht im Westerwald. Seit zwei Jahren stellt er den Fuhrpark seines 2008 gegründeten Pflegedienstes auf E-Mobility um. Und seine Erfahrungen sind rundum positiv. „Wir haben keine Probleme, und es rechnet sich.“
Elektroautos halten inzwischen jede Tagestour durch
15 kleine E-Ups von Volkswagen und ein Elektro-Kleinbus für die Tagespflege stehen auf dem Hof des Familienunternehmens, das mit 143 Mitarbeiterinnen weit über 500 Kundinnen betreut.
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Der Geschäftsführer hat sich schon früh für die Elektro-Alternative interessiert. Nicht zuletzt, weil ihm Nachhaltigkeit und Umweltschutz am Herzen liegen. So wagte er schon vor zehn Jahren, als Elektroautos noch ein Nischenthema waren, einen Ausflug in die E-Mobility mit einem geleasten E-Smart. Ein mittleres Desaster. Alexander Licht: „Der Akku hatte im Winter gerade mal eine Reichweite von 80 Kilometern. Da blieb der Smart dann schon mal liegen und wir mussten ihn zurück in die Zentrale schleppen.“
Diese Probleme hat er mit dem neuen E-Fuhrpark nicht. Bei den VW E-Ups halten die Batterien locker jede Tagestour durch. „Die haben im Sommer eine Reichweite von 270 Kilometern und im Winter im schlechtesten Fall 160 Kilometer. Damit kommen wir bestens klar, weil unsere längste Tagestour 120 Kilometer beträgt“, berichtet der Geschäftsführer.
700 Euro Stromkosten für 15 Elektroautos
Auch andere Rechnungen gehen auf. Die Betriebskosten haben sich mit den Elektroautos pulverisiert. Beispiel Kraftstoffkosten: „Wir hatten vorher Tankrechnungen von insgesamt 5.000 Euro im Monat. Für unsere letzten sechs Benziner haben wir jetzt rund 1.500 Euro monatliche Kosten und für die Elektroautos eine Stromrechnung von 700 Euro.“
Den Strom produziert das Unternehmen zum Teil auf dem eigenen Dach. Dort ist eine Photovoltaik-Anlage montiert, die allein bis zu 40 Kilowattpeak (KWp) produziert. Den Rest kauft er an der Strombörse zu. Damit kann er sogar Geld verdienen. „Wir haben schon Tage erlebt, da gab es ein Überangebot an Strom. Da kostete der Kilowattstunde minus 45 Cent. Heißt: Da haben wir 45 Cent verdient, wenn wir geladen haben“, so Alexander Licht.
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Elektroflotte: 80 Prozent weniger Kosten gegenüber Benzinern
Die weiteren Betriebskosten haben sich ebenfalls verringert. Elektroautos brauchen keine Ölfilter, die Bremsbeläge halten länger, kein Turbo-Lader kann den Geist aufgeben. Um rund 80 Prozent, so schätzt der Geschäftsführer, haben sich die laufenden Kosten gegenüber der Benziner-Flotte reduziert.
Und dann ist da noch die THG-Prämie. Die funktioniert ähnlich wie CO2-Zertifikate. Wer seinen Fuhrpark auf Elektro umstellt, kann pro Jahr und E-Auto bis zu 300 Euro erstattet bekommen.
Elektroautos sind die begehrtesten Autos der Flotte
Die Begeisterung für E-Mobility ist bei dem ansonsten eher zurückhaltenden Geschäftsführer aus jeder Antwort heraus zu hören. Eine Begeisterung, die am Anfang nicht alle Mitarbeiterinnen teilten. „Da gab es bei einigen doch große Berührungsängste, die haben sich an die Elektroautos nicht herangetraut. ‚Ich weiß ja gar nicht wie man Elektroauto fährt’, war das Argument. Aber die haben dann ganz schnell begriffen, dass Elektroautos wie Benziner mit Automatikgetriebe zu fahren sind. Und nun sind es die begehrtesten Autos in unserer Flotte, weil die Wagen einfach Spaß beim Fahren machen.“
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Alexander Licht – zu 100 Prozent überzeugt von Elektroautos
Die Mitarbeiterinnen können die Autos auch privat nutzen. Aber die Nachfrage hält sich noch in Grenzen. „Der E-Up ist sehr kompakt, für Familienausflüge ist er nicht die beste Lösung.“ Aber wenn die zehn Polos (Diesel und Benziner) aus dem Leasing-Zyklus herausfallen, sollen entsprechend größere E-Autos auf den Hof rollen, die dann auch besser privat genutzt werden können.
Haben die Elektroautos auch Nachteile? Alexander Licht denkt lange nach: „Aus voller Überzeugung: Nein, sie haben keine Nachteile. Elektroautos sind einfach ideal für die Pflege.“ Sein Tipp: „Auch wenn jetzt die ganzen Förderungen und Subventionen für E-Mobility auslaufen: Der Umstieg von Benziner auf Elektroauto rechnet sich auch dann noch.“
Autor: Hans-Georg Sausse