Wer in Frankreich ausgebildete Pflegefachperson ist, übernimmt – wie auch in Deutschland – zahlreiche Aufgaben. Der Unterschied: Das französische Recht hat die Aufgaben von Pflegefachpersonen im „Gesetzbuch über das öffentliche Gesundheitswesen“ in 15 Artikeln umfänglich geregelt.
Selbstständig durchzuführende pflegerische Aufgaben
In Artikel 5 sind die Handlungen bzw. Pflegemaßnahmen festgelegt, um Risiken zu erkennen und den Komfort und die Sicherheit der Person und ihrer Umgebung zu gewährleisten:
- Pflege und Verfahren zur Gewährleistung der Hygiene der Person und ihrer Umgebung
- Überwachung der Hygiene und der ausgewogenen Ernährung
- Erkennen und Bewerten von Misshandlungsrisiken
- Hilfe bei der Einnahme von nicht injizierbaren Medikamenten
- Überprüfung der Einnahme
- Überwachung ihrer Wirkung und erzieherische Begleitung der Person
- Verabreichung von Nahrung über eine Magensonde, vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel R. 4311-7 und Wechsel der Magensonde
- Pflege und Überwachung der Person bei enteraler oder parenteraler Ernährungsunterstützung
- Überwachung der Darm- und Harnausscheidung und Wechsel von Blasenkathetern bis Wechsel von Halterungen und Beuteln für vernarbte Kolostomie
- Pflege und Überwachung der Person, die eine Nieren- oder Peritonealdialyse benötigt
- Pflege und Überwachung der Person, die in einer sterilen Umgebung untergebracht ist
- Lagerung der Person in einer Position, die mit ihrer Erkrankung oder Behinderung in Zusammenhang steht
- Vorbereitung und Überwachung von Ruhe und Schlaf bis Anlegen und Wechseln von Atemmasken in chronischen Situationen mit Ausnahme von Insufflations- oder Exsufflationsgeräten
- Aufstehen und Gehhilfe ohne Einsatz von Rehabilitationstechniken
- Absaugen von Sekreten der Person, unabhängig davon, ob sie intubiert oder tracheotomiert ist oder nicht
- Manuelle instrumentelle Beatmung über eine Maske
- Einsatz eines halbautomatischen Defibrillators und Überwachung der Person, die sich an diesem Gerät befindet
- Verabreichung von nicht-medikamentösen Produkten in Form von Aerosolen
- Sammeln von Beobachtungen aller Art, die zur Kenntnis des Gesundheitszustands der Person beitragen können, und Beurteilung der wichtigsten Parameter, die zu ihrer Überwachung dienen: Temperatur, Pulsschlag, Blutdruck, Atemrhythmus und -frequenz, Sauerstoffsättigung, Menge der Diurese, Gewicht, einschließlich Body-Mass-Index (BMI), der mithilfe eines parametrisierten Instruments berechnet wird, Körpermaße, Messung des Kopfumfangs, Pupillenreflexe, Hautschutzreflexe, Beobachtung von Bewusstseinszustandsäußerungen, Schmerzbewertung
- Anlegen, Überwachen und Erneuern von nicht-medikamentösen Verbänden
- Anlegen und Überwachen von Pflastern und Verbänden, außer den in Artikel R. 4311-7 genannten
- Prävention und Pflege von Druckgeschwüren
- Nicht-medikamentöse Prävention von Venenthrombosen
- Pflege und Überwachung von chronischen Hautgeschwüren
- Perinealtoilette
- Vorbereitung der Person auf einen Eingriff, insbesondere präoperative Hautpflege
- Suche nach Anzeichen von Komplikationen, die bei einem Patienten auftreten können, der eine Immobilisierungs- oder Fixierungsvorrichtung trägt
- Mundpflege mit Anwendung von nicht-medikamentösen Produkten
- Waschen und Spülen der Augen und Einträufeln von Augentropfen
- Teilnahme an der Durchführung von Schweißtests und Sammeln von Tränensekret
- Überwachung von Skarifikationen, Injektionen und Infusionen, die in den Artikeln R. 4311-7 und R. 4311-9 erwähnt werden
- Überwachung der Person, bei der eine Punktion zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken durchgeführt wurde
- Ablesen der Intradermo-Reaktion für den Tuberkulintest
- Feststellung von äußeren Parasitosen und Pflege von Personen, die daran erkrankt sind
- Überwachung der lebenswichtigen Funktionen und Aufrechterhaltung dieser Funktionen durch nicht-invasive Mittel, die keine Arzneimittel erfordern
- Überwachung von Kathetern, Sonden und Drainagen
- Teilnahme an der Durchführung von Funktionsuntersuchungen, mit Ausnahme der in Artikel R. 4311-10 genannten, und Durchführung von nicht verletzenden Untersuchungen zur Erkennung von sensorischen Störungen
- Teilnahme am Desinfektions- und Sterilisationsverfahren für wiederverwendbare Medizinprodukte
- Sammlung von biologischen Daten, die durch folgende Sofortlesetechniken gewonnen werden: a) Urin: Glykosurie Acetonurie, Proteinurie, Bluttest, Wasserstoffionenpotenzial, pH-Wert b) Blut: Blutzuckerspiegel durch kurze Kapillarkapselmessung oder transdermale Ablesung, Ketonämie, Bilirubinwert durch transkutane Sofortablesung bis aseptische Sammlung von Urin in Notfallsituationen, mit Ausnahme der Sammlung durch einen Harnkatheter
- Aufnahmegespräch, bei dem das Zuhören der Person im Vordergrund steht und bei Bedarf eine Beratung erfolgt
- Psychologische Hilfe und Unterstützung
- Beobachtung und Überwachung von Verhaltensstörungen. (Artikel R. 4311-5)
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Viele Impfungen dürfen ohne Arztanordnung verabreicht werden
Pflegefachpersonen sind laut Artikel 5-1 zudem dazu berechtigt, ohne vorherige ärztliche Anordnung der Injektionshandlung unter bestimmten Bedingungen die folgenden Impfungen zu verabreichen, zu dokumentieren und für diese eine Impfbescheinigung auszustellen. Gibt es keine Gesundheitsakte leitet die Pflegefachperson die Information an den behandelnden Arzt weiter:
- Impfung gegen die saisonale Grippe
- Impfung gegen Diphtherie
- Impfung gegen Tetanus
- Impfung gegen Poliomyelitis
- Impfung gegen Keuchhusten
- Impfung gegen humane Papillomaviren
- Impfung gegen invasive Pneumokokkeninfektionen
- Impfung gegen das Hepatitis-A-Virus
- Impfung gegen das Hepatitis-B-Virus
- Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe A
- Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe B
- Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe C
- Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe Y
- Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe W
- Impfung gegen Tollwut. (Artikel R. 4311-5-1)
Aufgaben im Bereich der psychiatrischen Pflege
Im Bereich der psychischen Gesundheit führt die Pflegefachperson laut Artikel 6 neben den in Artikel 5 genannten Handlungen und Pflegemaßnahmen die folgenden Handlungen und Pflegemaßnahmen durch:
- Aufnahmegespräche mit dem Patienten und seinem Umfeld
- Aktivitäten mit soziotherapeutischem Ziel, einzeln oder in Gruppen
- Überwachung von Personen in Isolationszimmern
- Überwachung und Bewertung der therapeutischen Verpflichtungen, die den Arzt, die Krankenschwester oder den Krankenpfleger und den Patienten einbeziehen. (Artikel R. 4311-6)
Für die in Artikel 5 und 6 genannten Aufgaben, ist die Pflegefachperson befugt, die Initiativen zu ergreifen und die Pflegemaßnahmen durchzuführen, die sie für erforderlich hält. Sie ermittelt die Bedürfnisse der Person, stellt eine Pflegediagnose, formuliert Pflegeziele, führt geeignete Maßnahmen durch und evaluiert diese. Sie kann unter Beteiligung des Pflegeteams Pflegeprotokolle ausarbeiten, die ihrer Initiative unterliegen und ist dafür verantwortlich, die Pflegedokumentation zu führen (Artikel R. 4311-3).
Pflegerische Interventionen, die in ärztlicher Abstimmung erfolgen
Die Pflegefachperson ist laut Artikel 7 berechtigt, weitere Handlungen vorzunehmen, die entweder in Anwendung einer ärztlichen Verschreibung durchgeführt werden oder durch eine Pflegefachperson mit fortgeschrittener Praxis erfolgen. Diese müssen – außer in Notfällen – schriftlich, qualitativ und quantitativ, mit Datum unterzeichnet sein, oder in gleicher Form zuvor von einem Arzt erstellt, datiert und unterzeichnet sein:
- Vertikutierungen, Injektionen und Infusionen mit Ausnahme der in Artikel R. 4311-9 Absatz 2 genannten, Instillationen und Sprays
- Anritzungen und Injektionen für Impfungen, die er oder sie gemäß Artikel R. 4311-5-1 nicht durchführen darf, oder Tuberkulintests
- Einführen und Entfernen eines Kurzkatheters oder einer Infusionsnadel in eine oberflächliche Vene der Gliedmaßen oder in eine epikraniale Vene
- Überwachung von zentralen Venenkathetern und implantierbaren vaskulären Zugangsvorrichtungen, die von einem Arzt eingesetzt werden bis Überwachung und Entfernung von ärztlich eingelegten perineuralen Kathetern zur postoperativen Analgesie
- Injektionen und Infusionen, mit Ausnahme der ersten, in diese Katheter sowie in zentrale Venenkatheter und diese Anordnungen a) Von anderen als den in Artikel R. 4311-9 Absatz 2 genannten Produkten b) Produkte, die nicht zu den in Artikel R. 4311-12 erwähnten Techniken der Allgemein- oder Regionalanästhesie beitragen. Über diese Injektionen und Infusionen wird ein schriftlicher, datierter und von der Krankenschwester oder dem Krankenpfleger unterzeichneter Durchführungsbericht erstellt, der in die Krankenpflegedokumentation aufgenommen wird
- Verabreichung von Arzneimitteln unbeschadet der Bestimmungen in Artikel R. 4311-5
- Anbringen von transkutanen Geräten und Überwachung ihrer Wirkung
- Erneuerung des Materials für medikamentöse Verbände
- Anlegen und Überwachung von spezifischen Verbänden
- Entfernen von Material zur Hautreparatur
- Anlegen von Kompressionsverbänden
- Entfernung von Ruhigstellungs- und Fixierungsvorrichtungen
- Erneuerung und Entfernung von medikamentösen Verbänden, Tamponade- und Drainagesystemen, mit Ausnahme von Pleura- und Mediastinaldrainagen
- Legen von Magensonden zum Zwecke des Tubierens, Absaugens, Spülens oder der Ernährung des Magens
- Legen von Blasenkathetern zur Entnahme von Urin, zur Spülung, Instillation, Bewässerung oder Drainage der Blase, vorbehaltlich der Bestimmungen des dritten Absatzes von Artikel R. 4311-10
- Intraurethrale Instillation
- Vaginale Injektion
- Legen von Rektalsonden, Einläufe, Fäkalienentfernung, Anlegen und Überwachung von Rektaltropfen
- Versorgung, Spülung und Überwachung einer Wunde, einer Fistel oder eines Stomas
- Versorgung und Überwachung einer Plastik
- Beteiligung an Techniken zur Narben- oder Stomaerweiterung
- Pflege und Überwachung eines intubierten oder tracheotomierten Patienten, wobei der erste Wechsel der Tracheostomiekanüle von einem Arzt vorgenommen wird
- Mitwirkung bei Hyperthermie und Hypothermie
- Verabreichung von Arzneimitteln in Form von Aerosolen und Sprays
- Mundpflege mit Anwendung von Arzneimitteln und, soweit erforderlich, instrumenteller Hilfe
- Spülung der Nasennebenhöhlen über vom Arzt befestigte Katheter
- Ohrspülungen und Einträufeln von Medikamenten
- Einfache Aufzeichnungen von Elektrokardiogrammen, Elektroenzephalogrammen und evozierten Potenzialen vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel R. 4311-10
- Messung des zentralvenösen Drucks
- Überprüfung der Funktionsweise der Geräte zur assistierten Beatmung oder Überwachung, Kontrolle der verschiedenen Parameter und Überwachung der Patienten, die an diese Geräte angeschlossen sind
- Anlegen einer Sauerstoffsonde
- Anlegen und Überwachung von Personen, die sich in einer normobaren Sauerstofftherapie und im Inneren einer Überdruckkammer befinden
- Anschließen, Überwachen und Abtrennen einer Nieren- oder Peritonealdialyse oder eines Plasmaaustauschkreislaufs
- Aderlass
- Blutentnahme durch Venen- oder Kapillarpunktion oder durch Venenkatheter
- Blutentnahmen durch arterielle Punktion zur Gasmessung
- Unblutige Entnahmen von direkt zugänglichen Integumenten oder Schleimhäuten
- Entnahme und Sammlung von Sekreten und Exkrementen
- Aseptisches Sammeln von Urin
- Übermittlung der technischen Angaben in Bezug auf die Entnahme von Proben für biomedizinische Analysen
- Pflege und Überwachung von Personen bei geplanten Krankentransporten zwischen Gesundheitseinrichtungen
- Einzelgespräche und Anwendung von Vermittlungstechniken mit therapeutischer oder psychotherapeutischer Zielsetzung in einem multidisziplinären Team
- Umsetzung von Therapieverpflichtungen, die den Arzt, die Krankenschwester oder den Krankenpfleger und den Patienten einbeziehen, und von Isolationsprotokollen. (Artikel R. 4311-7)
Mitwirkung an der Schmerztherapie
Die Pflegefachperson dürfen laut Artikel 8 im Rahmen von vorab erstellten, schriftlichen, datierten und von einem Arzt unterzeichneten Protokollen schmerzlindernde Behandlungen einleiten und anpassen. Das Protokoll wird in die Pflegedokumentation aufgenommen.
Pflegerische Interventionen, die auf ärztliche Verschreibung erfolgen
Die Pflegefachperson darf darüber hinaus auf ärztliche Verschreibung die folgenden Handlungen und Pflegemaßnahmen durchführen, sofern ein Arzt jederzeit eingreifen kann (Artikel 9):
- Injektionen und Infusionen von Produkten menschlichen Ursprungs, die vor ihrer Durchführung, wenn das Produkt dies erfordert, eine obligatorische Identitäts- und Kompatibilitätskontrolle durch die Krankenschwester oder den Krankenpfleger erfordern
- Injektionen von Arzneimitteln zu schmerzstillenden Zwecken in peridurale und intrathekale oder in der Nähe eines Nervenstamms oder -geflechts platzierte Katheter, die von einem Arzt gelegt werden und nachdem dieser die erste Injektion vorgenommen hat
- Vorbereitung, Anwendung und Überwachung von Geräten für die extrakorporale Zirkulation
- Entfernung von zentralen und intrathekalen Kathetern
- Anlegen einer pneumatischen Blutsperre für den chirurgischen Gebrauch
- Anlegen von Ruhigstellungsvorrichtungen
- Einsatz eines manuellen Defibrillators
- Pflege und Überwachung von Personen, postoperativ, vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel R. 4311-12
- Techniken zur Wärmeregulierung, auch in psychiatrischen Einrichtungen
- Entwöhnungs- und Schlafkuren. (Artikel R. 4311-9)
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Mitwirkung bei besonderen Interventionen
Die Pflegefachperson wirkt bei der Anwendung der folgenden Techniken durch den Arzt mit (Artikel 10):
- Erste Injektion einer Reihe von Allergenen
- Erste Blasenkatheterisierung beim Mann im Falle einer Retention
- Aufzeichnung von Elektrokardiogrammen und Elektroenzephalogrammen mit Belastungsproben oder Einsatz von modifizierenden Medikamenten
- Messung und Erfassung des hämodynamischen Drucks unter Anwendung von Techniken mit verletzender Wirkung, die nicht in Artikel R. 4311-7 aufgeführt sind
- Maßnahmen zur Bewältigung von lebensbedrohlichen Notsituationen
- Funktionsuntersuchungen, die pharmakodynamische Tests, Belastungs- und Stimulationstests oder Provokationstests umfassen
- Anlegen von Immobilisationssystemen nach Reposition
- Tätigkeiten in multidisziplinären Teams im Bereich der Organtransplantation und Gewebetransplantation
- Sanitätstransporte: a) Eilige Krankentransporte zwischen Gesundheitseinrichtungen, die im Rahmen eines mobilen Notfall- und Wiederbelebungsdienstes durchgeführt werden b) Medizinisch betreute Krankentransporte vom Ort der Notlage zu einer Gesundheitseinrichtung, die im Rahmen eines mobilen Notfall- und Wiederbelebungsdienstes durchgeführt werden
- Seismotherapie und Insulintherapie zu psychiatrischen Zwecken. (Artikel R. 4311-9)
Darüber hinaus sind weitere gesetzliche Aufgaben festgelegt, die für speziell qualifizierte Pflegefachpersonen gelten, die in den Bereichen OP-Pflege, Intensiv- und Anästhesiepflege sowie Kinderkrankenpflege ein Diplom erworben haben.
Übersetzung: Brigitte Teigeler