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Großer pflegen-online-Check

Ein oder zwei Nachtwachen? Wo Personalschlüssel am strengsten sind

Nur in Bayern gibt es wirklich strenge Auflagen für Nachtwachen in Pflegeheimen. Dies hat eine Umfrage von pflegen-online in allen 16 Bundesländern ergeben.

[Dieser Artikel erschien zuerst im April 2018 und wurde am 18. November 2021 aktualisiert.]

„Es muss zu jeder Tages- und Nachtzeit mindestens eine Pflegefachkraft anwesend sein.“ Das war die häufigste Antwort auf die Frage, wie es die einzelnen Länder mit Nachtdiensten in Pflegeheimen halten.

Baden-Württemberg nur auf den ersten Blick streng

Lediglich Baden-Württemberg (1:45), Bayern (1:40 beziehungsweise 30), Hessen und Bremen (beide 1:40) haben feste Personalschlüssel. Dabei müssen in Baden-Württemberg bei 90 Pflegebedürftigen nachts nicht etwa zwei Pflegefachkräfte eingesetzt werden, wie der Personalschlüssel suggeriert: Es reichen eine Fach- und eine Hilfskraft. Dasselbe gilt auch für Bremen. Bayern hat die Kriterien genau festgelegt, nach denen die jeweiligen Personalschlüssel anzuwenden und eventuell aufzustocken sind.

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Kurioses aus Schleswig-Holstein

Aus Schleswig-Holstein kam der kuriose Hinweis, dass man zwar einen Personalschlüssel von 1:20 für Nachtwachen in Pflegeheimen „refinanziere“, dies aber nicht bedeute, dass diese Nachtwachen „auch tatsächlich grundsätzlich anwesend sein müssen“. Eingerechnet wären schließlich auch Ausfallzeiten wie Krankheit und Urlaub.

Individuelle Regelungsmöglichkeit in NRW

In Nordrhein-Westfalen hat man ebenfalls keine festen Personalschlüssel, verweist aber auf eine individuelle Regelungsmöglichkeit„ bei entsprechendem Bedarf“. Sachsen-Anhalt haben inzwischen eine gestaffelte Regelung eingeführt. Thürigen hatte sie vor zwei Jahren ebenfalls geplant, aber inzwischen wieder verworfen.

Die Antworten der Ministerien und Senate im Detail:

Berlin, Senat für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung

Gesonderte Personalschlüssel für die Nachtstunden sind in Berlin nicht vereinbart und auch im Berliner Landesheimrecht (WTG-PerV) nicht festgelegt. Die Einrichtungsträger sind verpflichtet, eine am Pflegebedarf orientierte Dienstplanung der Pflegekräfte zu erstellen und im Rahmen ihrer Organisationsgewalt mit den vereinbarten Personalschlüsseln die Pflege sicherzustellen. Diese enthalten keine Regelungen zur Personalbesetzung in der Nacht.

Die Träger haben darüber hinaus sicherzustellen, dass zur Erbringung der erforderlichen Pflege- und Betreuungsleistungen ausreichend Fach- und Hilfskräfte zur Verfügung stehen. Die Mindestanforderung für vollstationäre Pflegeeinrichtungen besagt, dass zu jeder Tages- und Nachtzeit mindestens eine Pflegefachkraft anwesend sein muss.

Bremen, Senat für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport

In Pflegeeinrichtungen nuss nachts je 40 Bewohner mindestens eine Pflegekraft im Dienst sein. Der tatsächliche Personalschlüssel liege jedoch günstiger, weil je angefangene 40 schon eine zusätzliche Pflegekraft eingestellt werden muss, betont Sprecher Bernd Schneider. Mit dem 41. Bewohner liegt der Schlüssel dann bei 1:20,5 und so weiter. Die Geltungsdauer der Personalverordnung ist auf den 31. Dezember 2022 befristet. Bis Ende 2021 sollen die Wirkung des Gesetzes sowie der Personalverordnung durch externe Gutachter bewertet werden.

Allerdings: Es muss im Nachtdienst - egal, wie viele Bewohner zu betreuen sind - nur eine Pflegefachkaft anwesend sein. 

Dresden, Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt

Der Träger einer stationären Einrichtung hat sicherzustellen, dass betreuende und pflegerische Tätigkeiten nur durch Fachkräfte oder unter angemessener Beteiligung von Fachkräften ausgeführt werden; hierbei muss mindestens ein Beschäftigter eine Fachkraft sein, bei mehr als zwanzig nicht pflegebedürftigen Bewohnern oder bei mehr als vier pflegebedürftigen Bewohnern müssen mindestens 50 Prozent der Beschäftigten Fachkräfte sein; in stationären Einrichtungen mit pflegebedürftigen Bewohnern muss auch bei Nachtwachen mindestens eine Fachkraft ständig anwesend sein.

Die Frage, ob und wie die gesetzlich vorgeschriebene Fachkraftquote bei Nachtwachen in stationären Pflegeeinrichtungen geändert werden soll, ist ein noch nicht abgeschlossener Prozess der Willensbildung innerhalb der Staatsregierung.

Düsseldorf, Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales

Laut Wohn- und Teilhabegesetz Paragraph 21 muss jederzeit, auch nachts und an Wochenenden, mindestens eine zur Leistung des konkreten Betreuungsbedarfes der Nutzer geeignete Fachkraft anwesend sein. Die zuständige Behörde kann bei entsprechendem Bedarf höhere Anforderungen festlegen.

Erfurt, Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie

Bislang gilt, dass in Heimen mit pflegebedürftigen Bewohnern auch bei Nachtwachen mindestens eine Fachkraft ständig anwesend sein muss.

Hamburg, Sozialbehörde

In Hamburg gibt es derzeit keine gesonderten Regelungen für Nachtwachen und aktuell sind auch keine Änderungen in diesem Bereich geplant.

Hannover, Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung

Bei der Nachtwache muss mindestens eine Fachkraft ständig anwesend sein. Der Heimbetreiber muss entscheiden, ob diese Mindestanforderung des Personaleinsatzes ausreichend ist oder ob weitere Fach- und Hilfskräfte bei der Nachwache eingesetzt werden müssen. Änderungen in diesem Bereich, wie etwa eine Staffelung nach bestimmten Parametern, sind derzeit nicht vorgesehen.

Kiel, Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren

In stationären Einrichtungen der Pflege muss zu jeder Tages- und Nachtzeit mindestens eine Pflegefachkraft anwesend sein. Die in den Rahmenverträgen vereinbarte und von den Kostenträgern auch refinanzierte personelle Besetzung der Nachtwachen von 1:20 bedeutet nicht, dass diese Pflegekräfte in der Nacht auch tatsächlich grundsätzlich anwesend sein müssen; in dem „Refinanzierungs-Schlüssel“ sind zum Beispiel auch Abwesenheitszeiten durch Urlaub, Krankheit und so weiter berücksichtigt.

Magdeburg, Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration

Gemäß Heimpersonalverordnung muss in Einrichtungen mit pflegebedürftigen Bewohnern auch bei Nachtwachen mindestens eine Fachkraft ständig anwesend sein. Mit dem noch nicht in Kraft getretenen Entwurf der Personalverordnung zum WTG LSA (E WTG-PersVO) ist in Paragraf 8, Absatz 3, Satz 3 vorgesehen, dass in stationären Einrichtungen mit pflegebedürftigen Bewohnern auch in den Nachtdiensten mindestens eine Fachkraft, in stationären Einrichtungen mit 100 und mehr belegten Plätzen mindestens eine weitere Fachkraft (also mindestens 2), in stationären Einrichtungen mit 200 und mehr belegten Plätzen mindestens zwei weitere Fachkräfte (also mindestens 3) ständig anwesend sein müssen.

Mainz, Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung

Die Einrichtung muss sicherstellen, dass ausreichende Fach- und Hilfskräfte zu jeder Tages- und Nachtzeit eingesetzt werden, um die erforderlichen Pflege-, Teilhabe- und anderen Unterstützungsleistungen fach- und sachgerecht zu erbringen. Davon wird in der Regel ausgegangen, wenn die in den Vereinbarungen mit den Leistungsträgern vereinbarten Personalanhaltszahlen eingehalten werden. Konkret bedeutet dies für Einrichtungen, dass sie anhand der Bedarfe der Bewohner festlegen müssen, wie viel und welches Personal sie zu welchen Zeiten einsetzen müssen, um eine fachgerechte Pflege und Betreuung der Bewohner zu gewährleisten.

München, Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege

Im Freistaat Bayern muss in der Nacht ausreichend Personal, mindestens aber eine Fachkraft ständig anwesend sein, um die Betreuung der Bewohner entsprechend dem fachlichen Konzept und der Bewohnerstruktur der stationären Einrichtung sicherzustellen. Mit Verwaltungsvorschrift vom 8.1.2015 wurde für die Nachtdienste in stationären Pflegeeinrichtungen ein Nachtdienstschlüssel von einer Pflegekraft für 30 bis maximal 40 Bewohnerinnen und Bewohner vorgegeben.

Die Ermessensentscheidung, wie viele Pflegekräfte in der Nacht als ausreichend angesehen werden können beziehungsweise wann die bayerischen Fachstellen für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA) eher einen Personalschlüssel von bis zu 1:30 einfordern, soll sich insbesondere an folgenden Indikatoren orientieren:

  • Anzahl der Bewohnerinnen und Bewohner mit Pflegegraden 4 und 5 überwiegt

  • Hohe Anzahl an mobilitätseingeschränkten Bewohnerinnen und Bewohnern, die zum Beispiel Hilfe beim Toilettengang benötigen

  • Erkenntnisse über Unruhezustände, zum Beispiel von dementiell erkrankten Menschen in der Nacht

  • Die Einrichtung erstreckt sich auf mehr als ein Gebäude

  • Die Einrichtung erstreckt sich über mehr als zwei Geschosse

Bei Erfüllung von mindestens drei Kriterien beläuft sich der Nachtdienstschlüssel auf eine Pflegekraft für 30 Bewohnerinnen und Bewohner. Falls weniger als drei Kriterien erfüllt sind oder keine der Kriterien erfüllt ist, wird grundsätzlich ein Nachtdienstschlüssel von einer Pflegekraft für je 40 Bewohnerinnen und Bewohner als ausreichend erachtet.

Allgemein kann festgehalten werden, dass jede Einrichtung für sich gesehen werden muss. Grundlage für Anforderungen zur Fachlichkeit sind immer die jeweiligen konkreten, individuellen Bedürfnisse der einzelnen Bewohnerinnen und Bewohner.

Potsdam, Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie

Durch die Anwesenheit von Fachkräften muss sichergestellt sein, dass Bewohner zu jeder Tages- und Nachtzeit krankheits- oder behinderungsbedingt erforderlich werdende Hilfe und Unterstützung erhalten. Die Frage, wieviel Personal in der Nacht mindestens notwendig ist, hängt dabei von vielen Faktoren ab: die Größe der Einrichtung und deren Konzeption, die konkreten Bedarfe der Bewohner und nicht zuletzt die baulichen Gegebenheiten. Um diesen Punkten Rechnung zu tragen, gibt es keine starren Personalschlüssel. Allerdings gibt es interne Arbeitsanweisungen für die Mitarbeiter der Aufsicht, ab welchen Schwellenwerten eine tiefergehende Prüfung der personellen Besetzung in der Nachtzeit vorgenommen werden muss.

Saarbrücken, Saarländische Pflegegesellschaft e.V.

Im Saarland gibt es nach wie vor keinen festen Personalschlüssel für Nachtwachen in Stationären Altenhilfeeinrichtungen. Eine landesrechtliche Neuregelung der Personalausstattung in Stationären Altenhilfeeinrichtungen im Vorfeld der bevorstehend bundesrechtlichen Regelung wäre daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zielführend, meint Jürgen Stenger, Geschäftsführer der Saarländischen Pflegegesellschaft e.V. Man gehe vielmehr davon aus, dass im Rahmen der Umsetzung der Regelungen des Personalbemessungssystems gemäß § 113c SGB XI auf Landesebene neben der Neuregelung der Personalschlüssel sowie der Mindest-Fachquote auch landesrechtliche Regelungen zur Besetzung der Altenhilfeeinrichtungen mit Nachtwachen getroffen werden.

Schwerin, Ministerium für Soziales, Integration und Gleichstellung

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es keinen konkreten Personalschlüssel für die Nachtwachenbesetzung. Dieses Personal ist in den Personalkorridoren enthalten. Die Anzahl der jeweiligen Mitarbeiter wird in der Pflegesatzvereinbarung festgeschrieben. Die Fachkräfteanzahl von mindestens 50 Prozent ist laut Heimgesetz vorausgesetzt. Eine Nachtwache pro Nacht entspricht 1,9 Vollzeitkräften. Die Anzahl der einzusetzenden Nachtwachen soll in den künftigen Pflegesatzverhandlungen nach Paragraf 85 SGB XI verhandelt werden.

Stuttgart, Ministerium für Soziales und Integration

Der Nachtdienst in stationären Pflegeeinrichtungen ist in Baden-Württemberg in Paragraf10 der am 7. Dezember 2015 erlassenen Landespersonalverordnung geregelt. Nach dieser Vorschrift muss im Nachtdienst ständig eine Pflegefachkraft eingesetzt und anwesend sein. Für eine ausreichende Personalbesetzung im Nachtdienst müssen mindestens pro 45 Bewohner je ein Beschäftigter eingesetzt werden.

Von den so eingesetzten Beschäftigten muss mindestens die Hälfte eine Pflegefachkraft sein. Bei 90 Bewohnern reicht es also, wenn nur eine Fachkraft anwesend ist, die von einer Hilfskraft unterstützt wird. Eine Abweichung ist mit vorheriger Zustimmung der zuständigen Behörde möglich, wenn eine fachgerechte Pflege sichergestellt ist. Sind in einer stationären Einrichtung Bewohner mit richterlicher Genehmigung geschlossen untergebracht, ist deren Anzahl bei der Berechnung einer ausreichenden Personalbesetzung auf das 1,5-Fache zu erhöhen.

Hessen, Ministerium für Soziales und Integration

Im Nachtdienst ist im Bereich der stationären Pflegeeinrichtungen in der Regel von folgender (Mindest-) Besetzung auszugehen:

  • Bis 40 Bewohner eine Pflegefachkraft
  • Von 41 bis 80 Bewohnern zwei Pflegekräfte – davon mindestens eine Pflegefachkraft
  • Von 81 bis 120 Bewohnern drei Pflegekräfte – davon mindestens zwei Pflegefachkräfte
  • Von 121 bis 160 Bewohnern vier Pflegekräfte – davon mindestens zwei Pflegefachkräfte.

Autorin: Birgitta vom Lehn

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