Jeder Tag wie im Hamsterrad, keine Möglichkeit, sich zu entfalten oder auf Arbeitsbedingungen Einfluss zu nehmen – so denken manche über ihren Beruf. Carolin Totten zeigt, dass es auch anders geht. „Vor fünf Jahren entstand mein Wunsch, mich beruflich weiterzuentwickeln“, sagt die 38-jährige Sulzbacherin, die in der Stiftung kreuznacher diakonie arbeitet. Sie überlegte nicht lange hin und her, absolvierte erst eine Fachweiterbildung zur Praxisanleiterin, ergänzte sie anschließend mit einer 330-stündligen Weiterbildung zur Expertin für Aromapflege.
Am Ende ihrer Aromapflege-Weiterbildung 2020 stand die Abschlussarbeit „Ätherische Öle in der Pflegeausbildung – Die Bedeutung der Aromapflege als individuelle und positive Unterstützung für Auszubildende und Praxisanleitung“. Für diese Arbeit hat Carolin Totten nun den Pflegepreis Rheinland-Pfalz in der Kategorie Weiterbildung erhalten, ausgeschrieben von pflegen-online mit 750 Euro und einem Büchergutschein. Den Preis haben wir gestern Abend (29. November) auf einer Abendveranstaltung des Pflegetags in der Mainzer Rheingoldhalle übergeben. Weitere Kategorien, in denen der Pflegepreis Rheinland-Pfalz vergeben wurde: „Menschenfreundliches Handeln für eine gelingende Pflege“ (Franziskus Stiftung), „Innovatives Versorgungsprojekt“ (Versicherung AXA), „Best Practice“ (Paul Hartmann AG).
Nicht irgendein Projekt: Carolin Totten reagiert auf echten Bedarf
Kern der Arbeit von Carolin Totten ist ein klar strukturiertes und ansprechend gestaltetes Arbeitsbuch. Es wendet sich an Auszubildende, Praxisanleiterinnen und -leiter sowie ganz allgemein an alle, die Aromapflege in ihren Arbeitsalltag integrieren möchten. Das Arbeitsbuch für sich allein hat aber nicht den Ausschlag gegeben für die Auszeichnung mit dem Pflegepreis. Das Besondere an dem Projekt ist, dass es seine Wirkung bis heute entfaltet: bei Auszubildenden, Pflegepädagoginnen und -pädagogen und nicht zuletzt bei Carolin Totten selbst. Auch die Herleitung des Projektes hat die Jury als überzeugend bewertet.
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Carolin Totten hat für ihr Arbeitsbuch nämlich einen echten Bedarf beobachtet. Denn zu ihrem siebenmonatigem Projekt zählte auch, Aromapflege an der Schule für Gesundheits- und Pflegeberufe der kreuznacher diakonie zu unterrichten. „Mir wurde dabei deutlich, dass Aromapflege trotz unseres hausinternen Aromakonzeptes kaum Beachtung im Pflegealltag findet. Anleitung kommt selten vor. Ich schlussfolgerte dass Auszubildende auf die Intervention von examinierten Pflegekräften warten, ja, sogar angewiesen sind. Tatsächlich fand die Anwendung auch immer nur angeregt von examinierten Pflegekräften statt“, schreibt Carolin Totten in ihrer Bewerbung.
Zwei weitere Gründe, so die Praxisanleiterin, warum die Aromapflege im Arbeitsalltag so zögerlich umgesetzt wird: Auszubildende brauchen Unterstützung, wenn es darum geht, einen Mensch pflegerisch umfassend zu betrachten und „Merkmale zu nennen, die auf eine Wirkung der Aromapflege schließen lassen“. Auch hilft es, wenn Stationsteams und die in Aromapflege geschulten Praxisanleiterinnen und -leiter sich mehr miteinander austauschen.
Die ersten 150 Exemplare waren schnell vergriffen
Auf Basis all dieser Erkenntnisse hat Carolin Totten ihre Broschüre geplant. Ein sinnvolles Vorgehen, wie sich am Erfolg ihres Arbeitsbuches zeigt. Sie ließ Mitte 2020 auf eigene Initiative 150 Exemplare drucken und musste kurz danach weitere 150 Exemplare bei der örtlichen Druckerei in Auftrag geben. Denn es kamen positive Rückmeldungen und Bestellungen nicht nur aus Deutschland: Auch Pflegepädagogen, Bildungsreferenten, Praxisanleiterinnen und Auszubildende aus Österreich, Luxemburg, der Schweiz und Italien wollten und wollen ihr Arbeitsbuch lesen - ein Arbeitsbuch, in dem es auch um die Aspekte Selbstfürsorge, Achtsamkeit, ganzheitliche Patientenbeobachtung und Praxisanleitung geht.
Carolin Totten arbeitet jetzt auch als Honorardozentin
Carolin Totten selbst hat durch ihre Abschlussarbeit ihr Tätigkeitsfeld enorm erweitert: Auf Grundlage ihres Arbeitsbuches hat sie ein Seminarkonzept entwickelt und arbeitet jetzt nebenberuflich in mehreren Einrichtungen und Pflegeschulen als Honorardozentin. Nebenberuflich, denn hauptberuflich ist sie seit 2018 freigestellte koordinierende Praxisanleiterin im Diakonie Krankenhaus der Stiftung kreuznacher diakonie. Eine Tätigkeit wie gemacht für sie: Sie kann ihre Erkenntnisse in den Pflegealltag einfließen lassen und dafür sorgen, dass der Wissenstransfer vom Unterricht in die Praxis immer besser gelingt.
Mitglieder der Jury: Christoph Becker (Vorstandsmitglied der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz), Monika Kukla (Mitglied der Vertreterversammlung der Landespflegekammer), Tilmann Müller-Wolf (Akademieleiter der RKH Regionale Kliniken in Ludwigsburg), Kirsten Gaede (Chefredakteurin pflegen-online), Kerstin Werner (Projektleiterin pflegen-online)
Autorin: Kirsten Gaede
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