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Foto: Jens Schünemann

Interview

Dos and Dont’s für die Gehaltsverhandlung 

Trainerin Ljubow Chaikevitch erklärt die ideale Vorbereitung, wie Pflegekräfte auf ablehnende Argumente gekonnt kontern und warum eine Juhu-Zahl unerlässlich ist. Teil 2 unsere Mini-Serie

pflegen-online: "Hey Boss, ich will mehr Geld!", wie sage ich das so, dass ich tatsächlich eine Gehaltserhöhung bekomme, Frau Chaikevitch?

Ljubow Chaikevitch: Ich empfehle fünf Schritte, um zu einer guten Gehaltsverhandlung zu kommen. Den eigenen Marktwert kennen, ist die Grundlage. Man muss wissen, was darf ich für meine Leistung verlangen, für meine Qualifikation, in meiner Branche? Welcher Tarifvertrag gilt für meine Berufsgruppe und wo soll ich eingestuft werden? Gerade in Bewerbungsgesprächen bei nicht-tarifgebundenen Tätigkeiten verkaufen Frauen sich häufig unter Wert, wenn sie das nicht wissen. Der Marktwert lässt sich durch Recherche auf Stellenportalen oder bei pflegen-online.de und durch Gespräche mit branchenerfahreneren Menschen ermitteln. Das ist Schritt 1.

Okay, wie geht es weiter?

Schritt 2 ist: An der eigenen Einstellung arbeiten und sich bewusst zu machen, dass man auch im sozialen Bereich für seine Leistung angemessen bezahlt werden sollte und dass man sich nicht kleinmachen darf, weil man in der Pflege arbeitet.

In Schritt 3 geht es darum, sich der eigenen Fähigkeiten und Erfolge bewusst zu werden. Wir konzentrieren uns oft auf das, was nicht perfekt gelaufen ist und vergessen all die Dinge, die gut funktionieren. Diese halten wir häufig sogar für selbstverständlich. Sie sollten sich fragen: Was habe ich alles geschafft? Was habe ich erreicht? Wie sorge ich zum Beispiel dafür, dass Patienten besser versorgt oder mehr Patienten aufgenommen werden können? Von welchen Patienten oder Angehörigen habe ich ein besonders gutes Feedback erhalten? Es hilft, diese Dinge in einem kleinen Erfolgstagebuch zu notieren, damit man sie für die nächste Gehaltsverhandlung parat hat.

Und Schritt 4?

Schritt 4 ist die Vorbereitung der Gehaltsverhandlung. Sie beginnt damit, das eigene Ziel zu verstehen. Das kann eine Gehaltssteigerung oder zum Beispiel eine Entfristung oder ein Zuschuss zur Kinderbetreuung. Dann empfiehlt es sich, drei magische Zahlen als Leitplanken für das Verhandlungsgespräch zu definieren. Eine Juhu-Zahl für das optimale Ergebnis. Mit dieser Zahl beginnen Sie das Gespräch. Eine Mindestzahl, unter der das Angebot auf keinen Fall infrage kommt und einen Bereich dazwischen. In diesem Bereich schaut man, ob man sich in der Mitte treffen oder anders zusammenkommen kann, zum Beispiel durch eine Weiterbildung, mehr Urlaubstage oder eine Sonderzahlung.

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Und wenn man nicht zusammenkommt?

Ich empfehle, auch einen Plan B zu definieren und sich zu fragen: Welche Folgen hat es für mich, wenn die Verhandlung nicht klappt? Dann sollte Sie sich auf das Gegenüber vorbereiten und überlegen, welche Ziele die Einrichtung, Ihr Chef oder Ihre Chefin verfolgt, und wie Sie mit Ihren Forderungen darauf einzahlen können. Falls Sie sich zum Beispiel eine Weiterbildung zu einer medizinischen Anwendung wünschen, die neu eingeführt werden soll, dann könnte die Einrichtung diese bezahlen. Sie selbst erhalten durch die Weiterbildung eine höhere Qualifikation, zahlen aber auch auf die Ziele des Hauses ein. Zu guter Letzt empfehle ich eine Vorbereitung auf Totschlagargumente, also auf die schlimmsten zu erwartenden Antworten, die Ihnen im Gespräch entgegengebracht werden könnten und wie Sie darauf gut reagieren können.

Schritt 5: Alles in einem Skript zusammenzufassen. So ergibt sich ein Leitfaden für Verhandlungen, bei dem man alles vorüberlegt hat: Wie steige ich in das Gespräch ein? Was fordere ich genau? Welche Zahlen nenne ich? Wie gehe ich mit Totschlagargumenten um? Dies alles am besten mit jemandem üben.

Was sind typische Totschlagargumente, mit denen Gehaltserhöhungen abgelehnt werden und was antwortet man darauf?

Typische Totschlagargument sind: "Wir haben leider kein Budget. Sie machen Ihre Arbeit total gut, aber leider sind uns die Hände gebunden" und "Das ist der falsche Zeitpunkt". Wichtig ist in jedem Fall: Nicht sofort klein beigeben! Und zum Beispiel einen späteren Zeitpunkt verbindlich abmachen oder aber sagen: "Das sehe sich anders" und seine Argumente vorbringen. Eine andere Möglichkeit wäre, zu überlegen, mit wem man noch über eine Gehaltserhöhung sprechen und wer einen unterstützen kann. Vielleicht macht es Sinn, das Thema eine Ebene höher anzusprechen. Man sollte nachfragen, was außer Geld möglich ist. Manchmal ist im Moment wirklich kein Budget da, aber dann sollte man zumindest irgendetwas anderes bekommen. Denn in jedem Job setzen wir unsere Lebenszeit ein und das sollte wertgeschätzt werden. Beim Thema Gehaltssteigerung geht es im Kern um Wertschätzung!

[In ihrer Facebook-Gruppe "Frau verhandelt" diskutiert Ljubow Chaikevitch mit den Mitgliederinnen regelmäßig über gute Antworten auf Totschlagargumente: https://www.facebook.com/groups/frauverhandelt]

Wenn Einrichtungen der Kranken- und Altenpflege beim Gehaltsgespräch an das soziale Gewissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter appellieren – zu welcher Reaktion raten Sie? Es ist ganz wichtig zu verstehen, dass man selbst versorgt sein muss, um anderen helfen zu können. Wer so schlecht bezahlt wird, dass er Sorgen hat, seine Miete zahlen zu können oder keine Zeit für seine eigene Gesundheit findet, der kann für Patienten oder Heimbewohner nicht voll da sein. Hier muss die Arbeit an der eigenen Einstellung ansetzen, indem Sie sich sagen: "Es ist okay, wenn ich etwas Gutes für andere tue und gleichzeitig angemessen bezahlt werde." Bei der Antwort empfehle ich, bei der eigenen Leistung zu bleiben und zu sagen: "Hier geht es nicht um die Kollegen, sondern um meine Mitarbeit in diesem Haus." Dann sollten Sie auf Ihre Erfolge verweisen und am Ball bleiben, wenn die Gehaltsanpassung kleiner ausfällt, als Sie sich das wünschen. Anbieten, sich in der Mitte zu treffen oder weiter versuchen, etwas auszuhandeln, was einem wirklich wichtig ist.

Welche Argumente gehören auf keinen Fall in eine Gehaltsverhandlung? Grundsätzlich gehören keine privaten Belange in eine Gehaltsverhandlung, so was wie: "Ich baue gerade ein Haus, deswegen brauche ich mehr Gehalt." Auch Drohungen gehören nicht hinein. Man muss seine Leistungen aufzeigen und wie man Mehrwert für die Einrichtung schafft. Dazu ist es wichtig zu schauen: Wie trage ich zur Entwicklung des Trägers bei, wie kann ich auf die Ziele meines Verhandlungspartners einzahlen?

[Hier geht’s zum Teil 1 unserer Mini-Serie Gehaltsverhandlung]   

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