Meine Freundin und ich sind am 29. September nach Düsseldorf zur Kundgebung gefahren, obwohl wir schon in Rheinland-Pfalz Mitglied der Landespflegekammer sind. Aber wir leben in Nordrhein-Westfalen und finden es wichtig, dass es auch hier eine Pflegekammer gibt. Wir sehen nämlich in Rheinland-Pfalz, dass es mit der Kammer im Großen und Ganzen gut funktioniert. Nicht, dass wir dort das Paradies auf Erden hätten - nein, so eine Kammer bedeutet für jedes Mitglied etwas mehr Bürokratie, auch kann man sich nicht mit allen Anliegen und Akteuren bis ins Mark identifizieren. Aber es ist schon ganz deutlich zu spüren, dass Ansehen und Möglichkeiten des Pflegeberufs durch die Pflegkammer zugenommen haben. Ein gutes Beispiel ist unser Projekt HandinHand, in dem ich das Pflegeexperten-Center leite: Da übernehmen Pflegekräfte, die zu Pflegeexperten geschult wurden, Hausarztaufgaben und besuchen regelmäßig ältere, multimorbide Patienten in ihrem Zuhause.
FDP-Abgeordnete: „Wir haben uns überzeugen lassen“
Umso mehr freue ich mich, dass die kurz aufkommenden Unkenrufe wieder abklingen – „Der Laumann steht wegen der großen Gegenbewegung ja gar nicht mehr richtig hinter der Kammer“, hieß es da oder: „Wie soll das klappen, wenn die Pflegekammern in Schleswig-Holstein und Niedersachsen sich schon wieder in Auflösung befinden.“ Auf der Kundgebung vor dem Landtag war zu spüren, dass es voran geht. Da waren zum einen die Abgeordneten, die vor die Tür kamen und mit uns sprachen: Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann von der CDU natürlich, Abgeordnete von den Grünen, aber zum Beispiel auch drei Abgeordnete von der FDP. Besonders aus Schleswig-Holstein kennen wir die FDP als überzeugte Kammergegner, aber diese drei FDP-Abgeordneten aus dem Düsseldorfer Landtag sagten tatsächlich, sie hätten sich von den Argumenten der Befürworter überzeugen lassen. Sie finden es beeindruckend, wie Pflegekräfte über die Kammer ihre Geschicke selbst in die Hand nehmen.
[Der Rechtswissenschaftler Winfried Kluth sieht die Auflösung der Pflegekammern in Schleswig-Holstein und Niedersachsen skeptisch – lesen Sie seinen Beitrag Auflösung der Pflegekammer wenig demokratisch.]
Begreift bald auch Verdi, dass die Pflegekammer nicht ihr Feind ist?
Was mich außerdem optimistisch stimmt: Die Kammerbefürworter zeigten sich erstaunlich offen und reagierten sehr gelassen auf die Kammergegner, die ebenfalls anreisten – sie hatten offensichtlich eine Demo beantragt. Sie traten laut und aggressiv auf, brachten ihre zwei Argumente von der Zwangsmitgliedschaft und den Zwangsbeiträgen vor, aber machten keine Vorschläge, wie sich die Situation des Pflegeberufs verbessern lässt. Es wird allmählich immer deutlicher, wer den längeren Atem hat. Ich möchte nur an die Kammergegner in Schleswig-Holstein erinnern, die nach dem Aus für die Pflegekammer Ende März vor den Fernsehkameras triumphierten und sagten, nun müsse man mal sehen, auf welch andere Weise sich die politischen Interessen der Pflegekräfte vertreten lassen. Da ist nach meinem Wissen bisher nichts gekommen …
Meine Hoffnung, vielleicht auch sehr naive Hoffnung, ist, dass früher oder später auch Verdi begreifen wird, dass die Pflegekammer nicht ihr Feind ist. Wir brauchen den Dreiklang aus Kammer, Gewerkschaften und Verbänden, sagte Laumann draußen vor dem Landtag – sicherlich nicht zum ersten Mal. Aber man kann die vielen Argumente, die für die Kammer sprechen gar nicht oft genug wiederholen.
Protokoll: Kirsten Gaede
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