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Generationskonflikt

„Die Auszubildenden sind ja immer nur am Smartphone“

Oft klagen Praxisanleiter und Pflegekräfte in den Teams über Auszubildende. Aber sind sie wirklich so schwierig? 5 Tipps für eine harmonischere Zusammenarbeit    

Ein Gastbeitrag von Katharina Siegers, Praxisanleiterin für Pflegeberufe, und Dominik Bruch,  Krankenpfleger mit Master in Versorgungsforschung sowie Geschäftsführer der Beratungsfirma Auf- und Umbruch im Gesundheitswesen in Bonn

Über die Jüngeren wurde schon immer geklagt, auch vor 40 Jahren, als die heute Älteren die Jungen waren, über die die damals Älteren sich echauffierten. Nur die Klagen haben sich verändert. Heute steht bei Stationsleitungen, Praxisanleiterinnen und Praxisanleitern besonders dieser Satz hoch in Kurs: „Ich habe schon wieder eine schwierige Schülerin“. Aber wieso empfinden wir viele Auszubildende als schwierig? Diese Frage ist recht einfach zu beantworten: Sie sind nicht schwierig – sie sind nur anders.

Der Grund: Über die vergangenen Jahrzehnte hat sich die Einstellung zur Arbeit grundlegend geändert. Die Babyboomer-Generation – also die zwischen 1946 und 1964 Geborenen – war froh, einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu haben und verlässt diesen deshalb auch heute nicht so schnell. Diese Betriebstreue hat sich aber in der Generation Y (1980 bis 1993) und Z (ab 1994) drastisch geändert. Diese Generationen können sich aussuchen wo sie arbeiten, da aktuell geschätzt auf vier Ausbildungsplätze eine Auszubildende oder ein Auszubildender kommt.

 1. Tipp: Regeln (auch fürs Smartphone) klar kommunizieren  

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Oft haben Praxisanleiter und Teams das Gefühl, die Ausbildenden seien demotiviert und ablehnend, da sie sie vermehrt am Smartphone antreffen. Die Generation Z der Auszubildenden ist es gewohnt 24 Stunden am Tag erreichbar zu sein, während Babyboomer nur das Haustelefon als Kommunikationsmittel in jungen Jahren kannten.

Natürlich wirkt das ständige Hantieren mit dem Smartphone auf ältere Generationen unhöflich und unmotiviert – der Generation Z ist das aber oft nicht bewusst. Deshalb ist es wichtig, die Umgangsregel – man blickt nicht ständig aufs Smartphone, wie sich das Gegenüber dadurch missachtet fühlt – klar zu kommunizieren.

Manche nutzen das Smartphone auch für die fachliche Recherche

 Vergessen Sie allerdings nicht, dass das Smartphones auch große Chancen bietet, etwa den Zugang zu vielfältigen Informationen. So weiß ich aus persönlicher Erfahrung, dass Auszubildende oft ihr Smartphone benutzen, um unbeantwortete Fragen im Gespräch lieber direkt zu „googlen“ als einfach nachzufragen. Natürlich nutzen einige das Smartphone auch, um private Dinge zu regeln, denn leicht verschmelzen durch die 24-Stunden-Erreichbarkeit Privat- und Berufsleben.

Das alles ist jüngeren Generationen nicht sehr bewusst. Sie sind mit dem Smartphone groß geworden, es prägt ihr Verhalten deshalb stärker als das der älteren Generation. Das Hantieren mit dem Smartphone in Gesellschaft finden sie oft nicht als unhöflich. An diesem Punkt sind wir also gefordert deutlich zu werden, besonders, wenn sie das Smartphone in Gegenwart von Patienten, Bewohnern oder Angehörigen nutzen.

2. Tipp: Äußern Sie Kritik nach der Burger-Methode 

Doch hier setzt häufig die nächste Klage von Praxisanleitern und Stationsleitungen ein: „Die lassen sich eh nichts sagen, ich habe das Gefühl, ich rede gegen eine Wand.“ Die Klage kommt nicht von ungefähr: Facebook, Instagram & Co. und die modernen Erziehungsstile sorgen dafür, dass viele junge Frauen und Männer kaum noch negative Kritik erfahren. Viele Eltern loben ihre Kinder kontinuierlich und verzichten auf kritische Äußerungen; in den sozialen Medien gibt es als mögliche Reaktion nur ein „gefällt mir“.

Im Pflegeberuf ist es aber wichtig, Kritik äußern zu können: Nur so lassen sich Qualität und Patientensicherheit gewährleisten. Es geht also darum, die Auszubildenden daran zu gewöhnen, auch negative Kritik zu akzeptieren und zu verarbeiten. Das kann mit dem inzwischen recht beliebten „Feedback-Burger“ gut klappen. Das heißt, wir vermitteln das Feedback, so wie wir auch einen Hamburger bauen:

  • Zuerst kommt die untere Hälfte des Brötchens – das ist gleichzusetzen mit einer positiven Bemerkung.
  • Anschließend kommt das Beste am Burger – das Fleisch. Dies ist gleichzusetzen mit der Kritik.
  • Abschließend folgt die Oberseite des Brötchens – wir schließend mit einer positiven Anmerkung.

 

Teilweise wird diese Methode kritisiert, da es Hinweise darauf gibt, dass lediglich der erste Aspekt einer Rückmeldung aufgenommen wird. Doch bei Auszubildenden, die es nicht gewohnt sind, negatives Feedback zu empfangen, bewährt sich die Burger-Taktik häufig.

3. Tipp: Suchen Sie Kompromiss für die Smartphone-Nutzung

Wir müssen uns auf die heutige Generation einlassen und anfangen umzudenken, denn die Auszubildenden können nichts dafür, dass sie sind wie sie sind. Wichtig ist, Kompromisse einzugehen. Das beste Beispiel bleibt das Smartphone: Wir können es dem Auszubildenden nicht verbieten, das Smartphone zu benutzen, aber wir können darum bitten, das Smartphone nur im Pausenraum zu benutzen und nicht im Patienten- oder Bewohnerkontakt.

Sie können gern hinzufügen, dass der Pausenraum nicht für Fremde zugänglich ist und dort keine Diebstahlgefahr besteht (anders als in den öffentlichen Räumen). Bei diesem Argument lenken Auszubildende meistens schnell ein. Haben Sie schon Mal einen Auszubildenden erlebt, dem das Smartphone gestohlen wurde? Nein? Ich schon. Es folgte eine akute Krisensituation mit Hysterie, einem Nervenzusammenbruch, Polizei und anschließendem Krankenschein. Eine Situation, die für beide Seiten nicht angenehm ist.

Was passiert, wenn sich der Auszubildende nicht auf Kompromisse einlässt? Kann ich einen Auszubildenden kündigen oder abmahnen?

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4. Tipp: Pflegeschule kontaktieren, wenn Kritik nicht fruchtet 

Wir als Praxisanleiterinnen, Stationsleitungen und Kollegen haben die berufliche Zukunft der Auszubildenden in der Hand. Wir müssen uns bewusst machen, dass wir es mit jungen Leuten zu tun haben, die Führung brauchen und oft noch nicht den Ernst der Ausbildung erkannt haben. Also geben wird den Auszubildenden die Chance, sich zu entwickeln. Zugleich sollten wir ihnen klare Grenzen  aufzeigen und Dinge nicht laufen lassen, wenn Kritik nicht fruchtet.

Wir als Praxisanleiter sind das Bindeglied zwischen der Praxis und der Theorie. Wenn die Probleme, die wir mit dem Auszubildenden haben, nicht gelöst werden können, müssen wir die Pflegeschule informieren. Dort findet dann am besten ein gemeinsames, lösungsorientiertes Gespräch statt.

5. Tipp: Kritik rechtzeitig üben, echtes Interesse zeigen

Häufig steht auch die Frage im Raum, ob Auszubildenden nicht einfach mit der Kündigung gedroht werden kann. Zu Beginn der Ausbildung gibt es die vertraglich geregelte, allseits bekannte Probezeit. Die Regeln hier sind klar: Die Regeln hier sind klar, soweit keine Tarifverträge andere Regelungen treffen: In der Ausbildung zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann gibt es innerhalb der gesetzlichen sechs-monatigen Probezeit (§20 PflBG) keine Kündigungsfrist (§22 Pflegeberufegesetz) – eine sofortige Beendigung ist also möglich. Bei schwerwiegendem Fehlverhalten könnte eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden – zum Beispiel bei Diebstahl, Urkundenfälschung. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Anwältin, wie Sie vorgehen müssen, um dann eine rechtskräftige Kündigung aussprechen zu können.

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Aber soweit muss es meistens gar nicht kommen: Wenn Praxisanleiterin, Stationsleitung und Team früh genug konstruktiv Kritik üben und echtes Interesse an den Tag legen, sind die meisten Auszubildenden durchaus bereit, ihr Verhalten zu ändern. Wir dürfen auch nicht vergessen: Sie sind jung und deshalb oft noch wandlungsfähiger als wir selbst.

Redaktion: kig

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