Foto: Thomas Meyer
Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland 

Corona-Impfung

Diakonie: Wer weiß, was ab 16. März passiert?       

Politiker haben bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht wichtige Details im Nebel gelassen und unternehmen jetzt nichts, um für Pflegeheime, Kliniken & Co. mehr Klarheit zu schaffen, kritisiert Vorständin Maria Loheide    

pflegen-online: Ihr Verband kritisiert die einrichtungsbezogene Impfpflicht – wo sehen Sie die größten Probleme?

Maria Loheide: Es gibt derzeit noch zu viele Unklarheiten, wie die einrichtungsbezogene Impfpflicht umgesetzt werden soll und für welche Einrichtungen und für wen genau sie gilt. Diese Fragen müssen sehr schnell geklärt werden. Die Einrichtungen brauchen Klarheit und Zeit für ihre Planung, um sich gegebenenfalls auf Personalausfälle einzustellen. Für wen die Impflicht gilt, ist an den Schnittstellen unklar. Zum Beispiel müssen Mitarbeitende von Einrichtungen für Menschen mit Behinderung geimpft sein, Lehrpersonal aber, das die gleichen Kinder mit Behinderungen unterrichtet, nicht.

Sie sprechen von einem „bundesweiten Flickenteppich“ bei der rechtlichen Umsetzung. Den gibt es aber doch auch in anderen Punkten, warum ist er gerade bei diesem Thema so heikel?

Hier geht es um die medizinische und pflegerische Versorgung, die möglicherweise nicht sichergestellt werden kann, und um rechtliche Konsequenzen für Mitarbeitende, die sich nicht impfen lassen wollen. Deshalb ist es so entscheidend, wie die Gesundheitsämter bei der Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ab dem 15. März vorgehen werden. Dabei geht es nicht um Versorgungsengpässe materieller Art, sondern um Menschenleben.

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In den USA, in Frankreich, England, Italien, Griechenland gibt es ja schon eine einrichtungsbezogene Impfpflicht. Warum funktioniert es dort, und warum soll es hier nicht funktionieren?

Ich bin sicher, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht auch in Deutschland funktionieren wird. Wir haben das Gesetz unterstützt und bereiten uns in den Einrichtungen nun bestmöglich darauf vor. Es braucht aber die Unterstützung der Politik bei der Umsetzung. Und eine Klärung der Zuständigkeit. Die Pflegeheime, Einrichtungen der Behindertenhilfe und Krankenhäuser dürfen damit nicht allein gelassen werden.

Wie ist die Stimmung unter den Pflegefachkräften: votieren sie mehrheitlich für eine allgemeine Impfpflicht oder sehe sie diese eher skeptisch? Gibt es hierzu valide Untersuchungen?

Wir führen zu dieser Frage keine flächendeckenden Umfragen durch. Ich höre oft, dass Pflegende sich durch die einrichtungsbezogene Impfpflicht zu Unrecht im Fokus sehen. Die meisten Pflegekräfte sind geimpft und nehmen ihre Verantwortung sehr ernst. Nun wird der Eindruck erweckt, dass gerade in den Pflegeeinrichtungen eine Impflicht nötig ist. Aus den Pflegeheimen höre ich oft Unverständnis, dass zwar alle Mitarbeitende geimpft sein müssen, die Besucherinnen und Besucher aber nicht. Auch das wird als ungerecht empfunden. Eine allgemeine Impfpflicht würde diese Situation verbessern.

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Wie hoch schätzen Sie den „Aderlass“, wenn die einrichtungsbezogene Impfpflicht käme? Angeblich sind doch schon jetzt so viele Pflegekräfte vollständig geimpft und geboostert. Dann brauchen die Träger doch keine so große Sorge vor Personallücken zu haben, oder doch?

Die Impfquote ist einrichtungsspezifisch und regional unterschiedlich. Da bilden unsere Häuser und Dienste keine Ausnahme. Ich denke, dass es in den meisten Pflegeeinrichtungen nur wenige nicht geimpfte Mitarbeitende gibt, die ab März ersetzt werden müssen. Man muss aber bedenken, dass die Personaldecke ohnehin extrem dünn ist und bereits der Ausfall von ein oder zwei Fachkräften die Personalsituation enorm verschärft. Das macht mir Sorgen.

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