Köche? 3,7 Prozent. Friseurinnen? 6,2 Prozent. Beschäftigte im Gesundheitswesen? 12,3 Prozent. Dies sind die Zahlen einer aktuellen Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), die Daten des Informationsverbunds Dermatologischer Kliniken (IVDK) von 2006 bis 2016 ausgewertet hat. Keine andere Berufsgruppe ist demnach den Gefahren einer berufsbedingten Dermatose so ausgesetzt wie Pflegekräfte in Krankenhäusern, Pflegeheimen und in der ambulanten Pflege.
Dermatosen nicht immer als Berufskrankheit anerkannt
Um den Inzidenzwert pro 100.000 Beschäftigte abzuschätzen zog die Studie Daten der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung und der Bundesagentur für Arbeit heran. So zeigte sich, dass sich von 100.000 Pflegekräften jährlich rund 12.000 wegen Ekzemen vor allem an den Händen behandeln lassen. Bis zu 30 Prozent der hauterkrankten Pflegekräfte scheiden in der Folge aus ihrem Beruf aus. Das bedeutet aber nicht immer, dass ihre Dermatose als Berufskrankheit anerkannt wird.
„Das Handekzem ist die Epidemie in der Pandemie“
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Dramatische Zahlen? Ja, sagt Professor Swen Malte John: „Wir erleben weltweit eine Epidemie in der Pandemie, nämlich die Handekzem-Epidemie.“ So zeigen aktuelle Studien, an denen der Leiter der Abteilung Dermatologie, Umweltmedizin und Gesundheitswissenschaften der Universität Osnabrück zum Teil mitgearbeitet hat, ein noch dramatischeres Bild als der BAuA-Report: Bis zu 65 Prozent des medizinischen und pflegerischen Personals leide heute unter berufsbedingten Dermatosen, so Swen Malte John. Voriges Jahr haben in einer Online-Umfrage des Bundesverbands Deutscher Dermatologen (BVDD) 84 Prozent der teilnehmenden Hautärzte eine deutliche Zunahme an Handekzemen bei ihren Patienten infolge der Corona-Hygiene-Maßnahmen bestätigt.
Tipp 1: weniger Wasser, mehr Desinfektion
Hauptsächlicher Auslöser der Hauterkrankungen bei Pflegekräften sei Wasser. Es trockne die Haut aus, schädige sie und führe fast zwangsläufig zu Handekzemen. „Wir Menschen sind keine Fische. Wir schwimmen nicht im Wasser!“, sagt Dermatologe John. Daher sei „Prävention ist das A und O beim Kampf gegen berufsbedingte Dermatosen.“ Weniger Händewaschen und mehr Desinfektion der Hände – so lautet daher sein erster Rat.
Tipp 2: Hände mindestens 4 Mal täglich eincremen
Sein zweiter Rat: „Gegen Handekzeme hilft eine einfache Regel: Viermal am Tag die Hände eincremen: vor Arbeitsbeginn, zweimal während der Arbeit und dann nach Arbeitsende.“
3. Tipp: Schon bei ersten Anzeichen zum Betriebsarzt
Sein dritter Rat: Schon beim ersten Brennen der Haut zum Betriebs- oder Hautarzt gehen, damit keine chronischen Hautschäden entstehen. „Viele Pflegekräfte nehmen die ersten Anzeichen nicht ernst“, weiß Professor John aus seinen Studien.
4. Tipp: Keine Angst vor Kosten – DGUV oder BGW zahlen im Zweifel
Und was viele Pflegekräfte nicht wissen: Die gesetzlich vorgeschriebene Unfallversicherung übernimmt alle Kosten. John: „Behandlung, notwendige Pflegemittel, Hautschutz-Seminare, auch Kuren – wenn die Krankenkasse nicht zahlt, die Unfallversicherung springt auf jeden Fall ein.“
Dass diese einfachen Ratschläge so wenig Widerhall bei Pflegekräften und Ärzten finden, liege zum Teil an der Hektik im Arbeitsalltag und den aufwendigen Hygiene-Maßnahmen, die wenige Pausen (oder gar keine Pausen) für vernünftiges Cremen lassen (mit Beachtung der Einwirkzeit).
„Präventive Hautpflege muss Teil der Ausbildung werden“
Ein weiterer Grund laut Swen Malte John: In der Kranken- und Altenpflegeausbildung sei das Thema Hygiene randständig, Hautpflege als Prävention vor berufsbedingten Dermatosen komme kaum vor. „Das muss sich ändern“, sagt Professor John. „Es muss ein Bewusstsein für Hautpflege geschaffen werden. Aufklärung und Schulung über die präventive Hautpflege muss Teil der Ausbildung werden.“
Professor John: „Besonders für Pflegekräfte sollten wir die AHA-Regeln um einen Buchstaben erweitern: C für Cremen der Hände.“
Autor: Hans-Georg Sausse