„Die wahren Helden“ hat die Bild-Zeitung Krankenschwestern und Pfleger auf ihrer Titelseite in einem fett gedruckten Kommentar am Sonnabend (14. März) genannt. Eine starkes Statement, zumal der Chef persönlich, der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner, Autor des Textes ist. Nun ist die Bild-Zeitung nicht jedermanns Sache. Trotzdem ist es ergreifend, dass hier die auflagenstärkste Zeitung in Deutschland die richtigen Worte zur richtigen Zeit findet.
Mathias Döpfner: „Schwestern und Pfleger riskieren ihr Leben und das ihrer Angehörigen“
Döpfner schreibt: „Nun ist Pandemie. Alle dürfen Angst vor dem Virus haben. Nur die Schwestern und Pfleger nicht. Sie müssen da sein. Jeden Tag und jede Nacht. Der Gedanke, dass auch sie erkranken können, mit viel höherem Risiko als alle anderen, wird verdrängt. Sie riskieren ihr Leben und das ihrer Angehörigen, um die Leben anderer zu retten.“ Was selbst einem Außenstehenden wie Verlagschef Döpfner klar ist, scheint bei manchen Krankenhausträgern noch nicht angekommen zu sein: Krankenpflegekräfte haben ein erhöhtes Risiko sich anzustecken!
Wer auf Empfehlungen vertraut, hat nie mit renitenten Angehörigen diskutiert
Jobportal pflegen-online.de empfiehlt:
Warum sonst versuchen noch zu viele Krankenhäuser Angehörige und Freunde von Patienten so wachsweich formuliert vom Krankenhausbesuch abzuhalten? „Bitte reduzieren Sie Ihre Besuche in unserem Haus im Sinne der Eigenverantwortung und der Verantwortung für andere so weit wie möglich!“ heißt es auf der Website eines großen Klinikbetreibers. Glaubt derjenige, der dies geschrieben hat, tatsächlich, dass der Appell wirkt? Gerade jetzt, da seit einiger Zeit Krankenhausmitarbeiter immer häufiger über das vermessene Verhalten von Angehörigen klagen? Wer so etwas schreibt, hat nie mit einem renitenten Besucher diskutiert.
„Ein Besucher pro Patient pro Tag“ - das kann doch keine Lösung sein
Überhaupt, Diskussionen. Die sollte es jetzt nicht geben auf Station. Sie rauben Zeit und Nerven und zwingen Pflegekräfte, Menschen mit vermutlich weniger Sicherheitsdistanz gegenüberzustehen als die empfohlenen zwei Meter. Die Träger müssen dafür sorgen, dass Krankenschwestern und Pfleger nicht in Diskussionen verwickelt werden. Deshalb sind auch modifizierte Besuchsregeln nicht sinnvoll. Einige Krankenhäuser geben die Parole „ein Besucher pro Patient pro Tag“ aus. Wer bitte soll das kontrollieren? Man kann sich die Umsetzung dieser Vorgabe schon lebhaft vorstellen:
Pfleger: „Sie sind heute, glaube ich, schon der zweite Besucher von Frau Müller?“
Angehöriger: „Wie kommen Sie darauf? Wer soll denn heute schon da gewesen sein? Haben sie ihn mit eigenen Augen gesehen?“
Pfleger: „Ich komme gleich wieder, ich frage meine Kollegin aus der Frühschicht …“
Bitte nicht: Diskussionen über Erkältungssymptome
Das ist absurd. Noch absurder ist das ebenfalls kursierende Besuchsverbot für Angehörige und Freunde mit Erkältungssymptomen. Die Diskussionen, ob die belegte Stimme, das Näseln oder die dezent triefende Nase schon als Erkältungssymptom zählt, möchte man sich gar nicht erst vorstellen.
Das einzige, was hilft, ist ein generelles Verbot, flankiert von einigen Ausnahmen. Glücklicherweise gehen auch immer mehr Klinikbetreiber dazu über (mit gleichzeitiger Sicherung ihrer Eingänge).
Her mit der viel zitierten Wertschätzung!
Die übrigen Krankenhäuser sollten sofort nachziehen. Damit schaffen sie nicht nur mehr Sicherheit für Mitarbeiter und Patienten. Sie beweisen ihren Mitarbeitern auch die gern zitierte Wertschätzung: So berichtet der Sprecher eines großen Klinikverbunds, dass das Verbot von den Mitarbeitern geradezu gefeiert wurde. Klinikbetreibern, die jetzt noch warten, können sich offenbar nicht in ihre Mitarbeiter hineinversetzen. Das ist schade, da es doch selbst dem Vorstandvorsitzenden des Springer-Verlags gelingt.
Autorin: Kirsten Gaede