Foto: Maren Schlenker

Covid-Reha

Corona: Jede Woche infizieren sich tausende Pflegekräfte

Immer mehr fallen langfristig aus, weil sie unter Long-Covid- oder Post-Covid-Symptomen leiden. Um diesen Pflegekräften zu helfen, hat die Berufsgenossenschaft ein umfangreiches Reha-Paket geschnürt

Die aktuellen Zahlen der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) skizzieren ein dramatisches Bild der Covid-Pandemie. Im März und April sind der BGW jede Woche rund 6.000 Fälle aus der Branche Pflege (größtenteils vermutlich Pflegekräfte) gemeldet worden, die sich vermutlich bei der Arbeit mit dem Coronavirus angesteckt haben. Zum Vergleich: Vor 2020 erhielt die BGW jährlich etwa 1.000 Verdachtsmeldungen auf beruflich bedingte Infektionskrankheiten. 

Der Rückgang vollzieht sich nur langsam. Insgesamt erhielt die BGW bis Ende Mai aus der Pflegebranche 78.852 Meldungen (die BGW spricht immer vorsichtig von Verdachtsmeldungen, weil sie stets noch einmal  bestätigt werden müssen) über beruflich bedingte COVID-19-Erkrankung. 44.369 Fälle davon sind bisher als Berufskrankheit (BK) anerkannt.

Fast 1.000 Pflege-Mitarbeiter wegen Long-Covid in der Reha   

Und: die Zahlen der Pflegekräfte, die langfristig unter den Folgen der Corona-Infektion leiden, also Long-Covid und Post-Covid Symptome ausbilden, steigen. Bis zu 40 Prozent aller Covid-Erkrankten leiden an Long-Covid, bis zu 15 Prozent von ihnen gar an Post-Covid-Symptomen. Was bedeutet, dass immer mehr Pflegekräfte auch nach der überstandenen Corona-Infektion für viele weitere Monate nicht arbeitsfähig sind. Sie werden von der BGW mit vielfältigen Reha-Maßnahmen unterstützt. Bei insgesamt 981 Mitarbeitern der Pflegebranche ist in den vergangenen Wochen Post-Covid diagnostiziert worden, sie erhalten jetzt eine spezifische Reha-Behandlung.

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Was genau bedeuten Long-Covid und Post-Covid?

Zur Bestimmung hilft die aktuelle S1-Leitlinie der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften). Sie definiert vier Kriterien zur Bestimmung von Long-/Post-Covid:

  • Symptome aus der akuten COVID-19-Phase oder aus deren Behandlung bestehen weiterhin. 
  • Es gibt Symptome, die zu einer neuen gesundheitlichen Einschränkung geführt haben.
  • Patienten leiden an neuen Symptomen, welche nach Ende der akuten Phase aufgetreten sind, aber als Folge der COVID-19-Erkrankung verstanden werden.
  • Es kommt zu einer Verschlechterung einer zuvor schon bestehenden Grunderkrankung.

Sehr häufig auftretende Symptome, die auf Long-/Post-Covid zurückgeführt werden sind Fatigue Dyspnoe, Leistungs-/Aktivitätseinschränkungen, Kopfschmerzen sowie Geruchs- oder Geschmacksstörungen.

Long-Covid und Post-Covid unterscheiden sind voneinander durch die zeitliche Dauer: Bei einer akuten Covid-19-Erkrankung halten die Symptome bis zu vier Wochen an. Haben Pflegekräfte vier bis zwölf Wochen danach weiter Beschwerden, spricht man von Long-Covid. Wenn die Symptome nach  zwölf Wochen immer noch nicht abgeklungen sind, spricht man vom Post-Covid-19-Syndrom.

Wer unter Post-Covid leidet, braucht Reha

Bei Post-Covid ist eine Rehabilitation notwendig. Die BGW ist dafür die wichtigste Ansprechpartnerin. Sie bietet ein spezielles Post-Covid-Programm in allen ihren Akut- und Rehakliniken an. Es reicht von der Beratung und Diagnostik bis hin zu stationärer Rehabilitation und ambulanter Nachbetreuung.

Testweise zurück an den Arbeitsplatz

Auch bei der Wiedereingliederung in Arbeitsalltag unterstützt die BGW die Pflegekräfte. So bietet die Berufsgenossenschaft eine sogenannte Belastungserprobung an, um über eine erst mal verminderte Arbeitszeit von zum Beispiel vier Stunden am Tag die Arbeitsfähigkeit zu testen. In der Regel dauert eine Belastungserprobung vier bis sechs Wochen – in Einzelfällen auch länger. In dieser Zeit besteht weiterhin Arbeitsunfähigkeit und die BGW zahlt Verletztengeld (Krankengeld der BGW) an die Pflegekräfte.

Auch wenn bisher nach BGW-Angaben nur bei rund 1.000 Pflegekräften Post-Covid diagnostiziert wurde, die Pflegebetreiber beobachten die Situation und Entwicklung aufmerksam. Saskia Schimpf von der Johanniter-Unfall-Hilfe in Rheinland-Pfalz kann berichten, dass „wir glücklicherweise nur sehr wenige Mitarbeitende haben, die noch nicht zu 100 Prozent wieder fit und belastbar sind. Hier unterstützen die Kolleginnen und Kollegen aus dem Team.“

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BGW und Unfallkassen

Die Berufsgenossenschaft BGW übernimmt die Behandlungskosten von Arbeitsunfällen und von Berufskrankheiten. Zu den Berufskrankheiten zählen nicht nur Dermatosen, Rückenschäden etc., sondern auch Covid, sofern sich die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter am Arbeitsplatz angesteckt hat (eine Berufskrankheit ist allerdings nicht gleichbedeutend mit einer Arbeitsunfähigkeit).

Bei der BGW versichern alle privaten und freigemeinnützigen (darunter auch die konfessionellen) Träger ihre Mitarbeiter. Für die Mitarbeiter öffentlicher Krankenhäuser (und Pflegeeinrichtungen) sind die regionalen Unfallkassen zuständig. 

Hier erfahren Sie alles über die Meldung einer Berufskrankheit. 

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