Susann Winkler (Foto unten) schreibt für die soziale Betreuung Geschichten und Anekdoten, die einfach Spaß machen. Wir fragten die Autorin, woher sie ihre Anregungen bezieht und was den Humor der Senioren so besonders macht.
pflegen-online: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, dieses Buch zu schreiben?
Susann Winkler: Ich arbeite seit vielen Jahren als Bereichsleitung der Sozialen Betreuung in einem Pflegeheim. Wenn ich unseren Bewohnern bei Gruppenangeboten etwas vorlesen möchte und sie frage, was sie am liebsten hören wollen, kommt als Antwort fast immer: „Etwas Lustiges, wir haben eh so wenig zum Lachen.“ Da es bis vor einigen Jahren für Senioren fast ausschließlich ernste und „besinnliche“ Vorlesebücher gab, entstand bei mir der Wunsch, humorvolle Lektüre speziell für die Seniorenarbeit zusammenzustellen.
Worin liegt der hauptsächliche Nutzwert Ihres Buches?
Viele ältere Menschen leiden unter Einsamkeit, Ängsten, Schmerzen, dem Verlust an Selbständigkeit und dem Bewusstsein, dass sie mehr oder weniger rapide auf das Ende ihres Lebens zusteuern.
Lachen ist bekanntlich eine sehr wirksame Medizin: Es löst Anspannung sowie Ängste und lenkt auf angenehme Weise von Sorgen und Grübeleien ab. Außerdem sorgt Lachen für die Ausschüttung von „Glückshormonen“ im Körper, wodurch die Stimmung auch längerfristig gehoben wird und eine positivere Sichtweise auf die eigene Situation und das Umfeld möglich ist.
Bei Gruppenaktivitäten lockert gemeinsames Lachen sehr wirksam die Atmosphäre auf, stärkt den Zusammenhalt und das Wohlbefinden der Teilnehmer.
Wird Ihr Buch auch in fünf Jahren noch lustig sein oder wird es veralten?
Ich habe beim Schreiben des Buches bewusst darauf geachtet, möglichst „zeitlose“ Themen zu wählen und befristete Trends oder Modeerscheinungen auszusparen – auch was die Sprache angeht. Ich bin daher guter Dinge, dass das Buch noch viele Jahre aktuell und lustig bleiben wird.
Hat jede Generation ihren eigenen Humor? Oder: Lachen Senioren über andere Dinge als Jüngere?
Ich denke, wenn man eine Umfrage dazu starten würde, was die Arbeit mit älteren Menschen besonders attraktiv macht, wäre mit Sicherheit eine der häufigsten Artworten: der deftige und direkte Humor vieler Senioren. Ich persönlich habe noch in keiner Arbeitsstelle so viel gelacht. Das Schöne ist, dass hochbetagte Menschen niemanden mehr beeindrucken müssen – sie sagen daher in den meisten Fällen einfach ganz ehrlich und direkt ihre Meinung.
Davon abgesehen, haben die Senioren eine lebenslange Sammlung an Sprüchen für alle Fälle parat. Das Ergebnis ist in der Regel eine geniale Mischung aus Lebensweisheit, Ehrlichkeit, Gelassenheit und Galgenhumor. Senioren nennen die Dinge unumwunden und treffsicher beim Namen, was von den meisten Kollegen als sehr erfrischend empfunden wird.
Jüngere Generationen haben dagegen oft Hemmungen, so direkt ihre Meinung zu sagen, aus Angst, etwas „Falsches“ zu sagen oder ihren Mitmenschen damit auf die Füße zu treten. Sie haben gelernt, sich diplomatischer und politisch korrekt auszudrücken, was natürlich nicht falsch ist, aber eben einen gewissen Weichspüleffekt auf den Humor hat. Zudem nehmen sich jüngere Menschen meist selbst noch zu wichtig, um wirklich ehrlich zu sein und über sich selbst und eigene Fehler lachen zu können.
Haben Sie sich die Geschichten ausgedacht? Oder beschreiben Sie Ereignisse, die wirklich passiert sind?
Die Geschichten und Gedichte stammen aus meiner Feder und sind eine Mischung aus eigenen Erfahrung, gehörten Erzählungen und Fantasie. Die Anekdoten und Witze habe ich gesammelt und für die Zielgruppe entsprechend angepasst und umgeschrieben.
Wird in deutschen Pflegeheimen zu wenig gelacht?
Ich kann nicht beurteilen, ob in deutschen Pflegeheimen generell viel oder wenig gelacht wird. In meiner Arbeitsstelle wird viel und gerne mit Bewohnern gelacht – wobei ich besonders wichtig finde, dass die Kommunikation auf Augenhöhe stattfindet. Sicherlich spielen bei dieser Frage die Arbeits- und Lebensbedingungen in den einzelnen Pflegeheimen eine große Rolle. Faktoren wie Zeitdruck, Personalmangel oder Vernachlässigung fördern gewiss keinen fröhlichen, entspannten und humorvollen Umgang untereinander.
Humor ist nicht immer am Platze. Wie können Pflegekräfte oder Kräfte in der sozialen Betreuung da ihr Fingerspitzengefühl trainieren?
Wichtig ist natürlich, dass die Senioren nie das Gefühl haben, dass über sie gelacht wird oder sie gar ausgelacht werden, sondern dass mit den betagten Menschen zusammen auf Augenhöhe kommuniziert und gelacht wird. Ansonsten orientiert man sich am besten an dem Ton, den der Bewohner vorgibt. Man spürt dann sehr schnell, ob jemand eher deftigen Humor mag oder ob er feinfühliger und empfindlicher ist.
Interview: Michael Handwerk
Die Autorin Susann Winkler
Die diplomierte Heilpädagogin hat in verschiedenen sozialtherapeutischen Einrichtungen in Großbritannien, Kroatien und Österreich gearbeitet. Seit sechs Jahren lebt sie im Berchtesgadener Land und arbeitet im Bereich soziale Betreuung in der Seniorenarbeit.