Nur ein beweglicher Körper ist in der Lage, in gefährlichen Situationen schnell zu reagieren. Wenn junge Menschen stolpern, können sie sich meist gut abfangen. Sie haben noch die Kraft, die Balance und das nötige Reaktionsvermögen. Alte Menschen müssen dagegen versuchen, Kraft, Balance und Reaktionsvermögen durch tägliches Training so lange wie möglich aufrecht zu erhalten. Wer also wenig beweglich ist, ist sturzgefährdeter, denn weniger Bewegung bedeutet auch weniger Muskelkraft. In einer Veröffentlichung wurde die fehlende Muskelkraft bei älteren Menschen als Hauptursache für Stürze benannt.
Phasenmodell zeigt den Weg in die vollständige Abhängigkeit auf
Angelika Zegelin, Professorin an der Universität Witten/Herdecke, beschreibt in einem Phasenmodell u. a., wie es zu Bettlägerigkeit und Immobilität kommen kann. Sie stellte fest, dass der beginnenden Unsicherheit ein Ereignis folgt. Das Ereignis heißt z. B. Sturz. Der Sturz sorgt für weitere Unsicherheit, beim Betroffenen wie auch bei den Pflegenden. In der Folge werden Mobilität und Bewegungsradius »zum Schutz« immer weiter eingeschränkt. So bewegt sich der gefährdete Mensch möglicherweise nur noch in seinem Zimmer. Dadurch wird er jedoch immer schwächer. Die nächste »Station« ist ggf. die Ortsfixierung im Stuhl oder Rollstuhl. Diese erweiterte Ortsfixierung hat aber zur Folge, dass die Kräfte weiter schwinden. Die Endstation der Ortsfixierung ist die Bettlägerigkeit.
Die Phasen (vgl. Abb. 1) zeigen, dass abnehmende Bewegung nicht nur zu größerer Abhängigkeit führt, sondern dass sich die Spirale weiter bis zur kompletten Abhängigkeit dreht und damit das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit stetig sinkt. Wer bettlägerig ist, ist abhängig. Im Kopf dreht sich das Gedankenkarussell: Wer kommt zu mir? Wie geht diese Pflegende auf meine Bedürfnisse ein? Wie lange wird diese Person bleiben?
Kann ich in Ruhe ohne Beobachtung ausscheiden oder wird mein Gesäß beim Inkontinenzwechsel zur Schau gestellt?
Welche Konsequenzen hat Bettlägerigkeit für die Pflegenden?
Ein bettlägeriger Klient wird als vermeintlich einfacher zu handhaben angesehen. Er wartet ja schließlich, bis jemand kommt. Er stellt meist weniger Ansprüche und ist vollkommen abhängig. Für viele Pflegekräfte ist das eine gute Pflegesituation. Klienten in die Abhängigkeit zu treiben bedeutet mehr Sicherheit für die Pflegenden, aber auch mehr Arbeit.
Buchtipp:[embed]https://buecher.schluetersche.de/de/100-tipps-zur-sturzprophylaxe,570201003.html[/embed]